Was ist Inklusion für DICH

  • Bezug zu:

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    Hier ist einfach ein Ort, an dem jeder schreiben kann, was Inklusion für ihn bedeutet und was in seinen Augen Inklusion ist.
    Vielleicht bekommen wir dann hier ein gutes "Bild" davon, wie Inklusion sein sollte.
    (....)


    Für mich bedeutet Inklusion nicht zwangsläufig einen Nutzen für die Gesellschaft darzustellen, denn ich finde, dass ein Mensch nicht nach seiner "Nützlichkeit" gemessen werden sollte.


    Inklusion hat für mich, allen voran, mit Verständnis zu tun, Toleranz anderen Menschen gegenüber und einer erweiterten Sicht für Neues.


    Inklusion bedeutet für mich, dass ein Mensch nicht in eine Form gepresst wird, um "angepasst" zu sein (d.h. es wird in der Erziehung zumeist damit gearbeitet, die Schwächen auszumerzen, damit man genauso "gleich" ist wie andere Mitmenschen), sondern vor allem eine Förderung der eigenen Stärken, sowie eine flexible Anpassung der gängigen Richtlinien, um eine Entwicklung von neuen Fähigkeiten zu fördern.
    Das bedeutet, die bisherigen Berufe werden ausgedehnt, neue Berufe werden geschaffen.

    Es ist nicht notwendig, mehrere Jahre damit zu vergeuden, eine schriftlichen Qualifikation mit Standarts zu erfüllen, sondern direkt zu testen, was ein Mensch kann und ihn seiner Fähigkeiten und Kräfte entsprechend, mit seinem Einverständnis, einzuteilen.


    Beispiel:
    Wieso sollten Autisten mehrere Jahre in eine (weiterführende) Schule/ ein Studium mit anderen (neurotypischen) Menschen gehen, in der /dem sie ggf. gemobbt werden, wenn sie die Ausbildung auch Zuhause absolvieren könnten?
    Bei der Abschlussprüfung sollten Autisten mehr Zeit zur Verfügung gestellt bekommen, als anpassungsfähigere Menschen, die resistenter auf Druck reagieren.


    Es gibt zahlreiche Berufe außerhalb der IT-Branche, für die Autisten besonders geeignet wären.
    Auf Grund ihres (je nach Spektrumstiefe) häufigen, schulischen und beruflichen Scheiterns werden sie im aktuellen, bestehenden, wirtschaftsorientiertem System jedoch niemals die Möglichkeit erhalten, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

    »`·.¸¸.•Wir tragen nicht nur die Verantwortung für unsere Taten, sondern ebenso für das Unterlassen derselben.•.¸¸.·`»

  • Hallo zusammen


    Inklusion braucht immer zwei Seiten. Leider sehen viele Behinderte immer nur was sich bei den Nichtbehinderten ändern müsste. Das ist mir ziemlich zu wider. Wir müssen genau so ein grosser Schritt auf die Gesellschaft zu machen wie die andere Seite, und dabei auch die Realität nicht aus den Augen verlieren.


    Es bestehen bei einigen geradezu fantastische Bilder von der Inklusion, kommt auf den Boden zurück Leute. Der Traum vom dabei sein geht nicht ohne Opfer. Viele Behinderte leben unter einer Glasglocke, und möchten da raus. Sobald sie draussen sind schreien sie aber wieder nach der Sicherheit der Glasglocke, das geht nicht auf.


    Das beginnt nur schon mit der Vorstellung, dass wenn man dazu gehört, sich dann normaler fühlt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Unter Nichtbehinderten fällt einem die eigene Behinderung umso mehr auf. Glaubt mir, das kann auch die beste Inklusion nicht ändern. Die Behinderung bleibt, und man wird in gewissen Bereichen immer eine Beeinträchtigung haben.


    Viele Inklusionsversuche scheitern genau an dem Punkt. Viele Behinderte ertragen die Nichtbehinderten Welt nicht, weil es ihnen weh tut, immer wieder die eigenen Schwächen zu sehen. Aus eigener Erfahrung weiss ich aber, dass es nicht die Nichtbehinderten sind, die uns auf unsere Schwächen reduzieren, sondern wir selbst. Inklusion heisst, die Behinderung mal gut sein lassen und sich auf das andere zu konzentrieren.


    Dieser Prozess wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Über Jahr zehnte wurde über uns bestimmt. Bei vielen Behinderungen war der Lebensweg schon von Geburt an vorgegeben. Das war zwar eine Einschränkung, gab aber Sicherheit. Freiheit und Sicherheit beisst sich bekanntlich und das vergessen viele.


    Inklusion bedeutet für mich, aus der Konfortzone herauszutreten und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Zu machen statt einfach nur mitzumachen, zu ändern statt nur anzuprangern.


    Ich habe in den meisten gesellschaftlichen Bereichen die Inklusion geschafft, ausser bei der Arbeit. Das stört mich mächtig. Denn meine Behinderung ist keine Entschuldigung dafür. Ja, ich könnte wohl mein Leben lang vom Staat leben, und die meisten Leute würden mir das sogar verzeihen. Aber ich will auch was dazu beitragen. Und wenn mich niemand einstellen will, gründen wir halt selbst was :p


    Ich weiss, das war provokativ, doch ich glaube halt, das Inklusion ganz oft an den Behinderten selbst scheitert. (In meinem Falle mit der Arbeit übrigens auch)


    Gruss Raphael

  • Inklusion bedeutet für mich, aus der Konfortzone herauszutreten und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Zu machen statt einfach nur mitzumachen, zu ändern statt nur anzuprangern.


    Ich weiss, das war provokativ, doch ich glaube halt, das Inklusion ganz oft an den Behinderten selbst scheitert.


    Hallo Raphael,


    meine Tochter (29 Jahre) hat eine geistige Behinderung und hat eine schwerwiegende chronische Erkrankung.
    (Die Kombi ist u.a. auch schon sehr problematisch)


    Sie selber wird sich nicht für ihre Inklusion einsetzen können/kämpfen können.
    Wir Eltern leben nicht ewig....


    Ich wäre froh meine Tochter könnte für sich selber sprechen/kämpfen und sich für Inklusion einsetzen.....so wie Du Raphael. ;)
    Das würde uns so manche Zukunftsängste nehmen. :icon_confused


    Wie stellst Du Dir denn die Inklusion für behinderte Menschen wie meine Tochter vor :?:
    Sie hat keine fantastische Bilder von Inklusion im Kopf.
    Aber sie hat einen Hilfebedarf in vielen Bereichen der abgedeckt werden muss.


    Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

  • Liebe Monika,


    gut dass du auf diesen wichtigen Punkt hinweist!


    Inklusion ist erst dann wirklich Inklusion, wenn sie für ALLE Menschen mit Behinderung zur Verfügung steht. Inklusion bedeudet deshalb für mich, dass Menschen mit Behinderung die individuell notwendigen Hilfen mitten in unserer Gesellschaft zur Verfügung gestellt bekommen und diese eben nicht zwangsläufig gebunden an irgendwelche Sondereinrichtungen, sondern genau dort, wo sie sich entschieden haben zu leben, lernen, wohnen und arbeiten.
    Und dies unabhängig von der Schwere ihrer Behinderung bzw. von der Höhe ihres Hilfebedarfs.


    Für viele Menschen ist tragischerweise der Begriff der Selbstbestimmung eng verbunden mit der Fähigkeit zur Selbständigkeit. Im Umkehrschluss wird davon ausgegangen, wer nicht selbständig entscheiden kann, sondern anwaltschaftliche Hilfe benötigt um seine Wünsche auszudrücken, der hat weder den Wunsch noch gar das Recht auf Selbstbestimmung.


    ZB bei der aktuellen Petition gegen Zwangseinweisung können fast alle Menschen aus meinem Umfeld
    mit - solange es sich um Menschen mit körperlichen Einschränkungen handelt.
    Wenn es aber um Menschen mit psychischen Problemen geht, fällt die Zustimmung bereits deutlich
    geringer aus -
    Aber wenn wir von Menschen mit Hilfebedarf, in der Intensität, wie ich ihn von meinem Sohn kenne, sprechen .....dann unterstützen diese Selbstbestimmung nur noch wenige.
    viel öfter höre ich stattdessen das Pseudoargument - "es gibt doch ganz tolle Einrichtungskonzepte!"
    Nun so viele tolle Konzepte gibt es eben gar nicht - jedenfalls nicht wirklich verschiedene und vorallem kenne ich es keines, das Wert darauf legen würde, dass der Mensch wirklich in seinen individuellen Bedürfnissen erkannt und unterstützt werden würde... logo: Individualität kostes Zeit, Kraft und Geld...


    Vollends verständnislos reagieren fast alle Menschen, wenn es um Selbstbestimmung stark kognitiv eingeschränkter Menschen geht:. "Wer sich nicht äußern kann, wer Schule auf dem Niveau der basalen Förderung absolviert hat...wo soll denn da Selbstbestimmung sein? Und warum kann der nicht einfach in einer Förderstätte versorgt werden ?"


    Solange wir nicht als Gesellschaft dazu kommen das Recht auf Selbstbestimmung von der Fähigkeit zur Selbständigekeit getrennt anzuerkennen, werden wir statt Inklusion aller Menschen mit Behinderung im besten Fall die Integration der Leistungs- und Anpassungsfähigen erreichen. X(


    Der Hilfebedarf von Menschen verschwindet werder noch verringert er sich durch Inklusion. Mit meinem Kind habe ich jetzt erst aktuell selbst erfahren, dass all die wunderbar als inklusiv beworbenen Ausbildungs- und Arbeitsangebote, nichts anderes als "Feinsortieranlagen" darstellen.
    nach dem Motto: wir gewähren eine Unterstützung x und wer damit auskommt, der hat hier die Möglichkeit eine Arbeit außerhalb der Sondereinrichtung zu bekommen. ( für die, denen das gewährte Maß an Unterstützung nicht ausreicht haben wir unsere Einrichtung) Monika, ich nehme an, du wirst das gleiche vom Wohnbereich erzählen können ...


    Einerseits muss man vielleicht sehen,wie viel bereits auf dem Weg der Inklusion erreicht ist. Gerichtsentscheidungen wie für Gisela Maubachs Sohn wären vor 30 oder 40 Jahren sicher undenkbar gewesen. Aber anderseits wenn wir sehen wie die Stimmungsmache zur Zeit gegen Inklusion schwappt und wenn man Kommentare liest in denen es von Aussagen wie " falsch verstandenes Gutmenschentum" und " die Behinderten wollen doch auch lieber unter sich sein" nur so wimmelt, dann bekomme zumindest ich Angst davor, dass die Entwicklung in eine ganz falsche Richtung läuft.

    Schöne Grüße von Birgit, Mama vom

    • "Zwerg", geboren 2000 mit Tris21 und 'ner Reihe von Zusatzdiagnosen, gsd trotzdem topfit und zuckersüß
    • "Großen" ,gsd genauso topfit und zuckersüß (lässt sich aber leider seit längerem nur noch von wesentlich jüngeren Frauen knuddeln)

    4 Mal editiert, zuletzt von Birgit A ()

  • Monika und Birgit, vielen Dank für eure sehr wertvollen Beiträge. Ihr sprecht mir aus vollstem Herzen und aus jeder Faser meines Körpers.


    Raphael, es gibt behinderte Menschen, die keinerlei Anpassungsleistung erbringen können. Der Grad der Anpassungsleistung darf auf gar keinen Fall bestimmen, wer an Inklusion teihaben darf.
    Das, was du meinst ist Integration, die nur bestimmte Menschen mitnimmt.
    Ich glaube, vielen Menschen ist der Unterschied zwischen Inklusion und Integration noch nicht ganz klar.


    Erklärung:
    Worin besteht der Unterschied zwischen Inklusion und Integration?
    Zitat: "Die Inklusions-Expertin Lisa Reimann erklärt den Unterschied zwischen den beiden Begriffen wie folgt: „Während es bei der Integration viel um das ,Dazuholen’ ging, wird bei der Inklusion Vielfalt zum Normalfall und die Teilhabe aller selbstverständlich. Es geht nicht mehr darum, jemanden einzugliedern, wenn von Anfang an sowieso alle dabei sind. Das Grundverständnis ist nicht ,Pass dich an, dann gehörst du dazu’ sondern: Wir schaffen Bedingungen, damit alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können – unabhängig von Behinderung, Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Herkunft, Religion/Weltanschauung usw.“
    https://www.betreut.de/magazin/kinder/was-ist-inklusion-2/



  • Moin , Raphael , ich verstehe grade nicht so recht , was Deine Ausführungen mit Inklusion zu tun haben . Es geht doch gar nicht darum , das irgendwer sich zu ändern hat , sondern das nicht mehr ausschließlich in den Sonderwelten Unterstützung eingekauft werden kann :icon_rolleyes , bzw. angeboten wird . Was für Opfer meinst Du denn , die zu bringen wären ? Könntest Du da mal konkreter werden ? Warum sollte sich denn jemand normaler fühlen wollen ? Es geht doch eigentlich um das Individuum , das so wertgeschätzt wird, wie es ist .
    Gut , kann sein , das sich einige "normale" Menschen erst mal eine wertschätzende Haltung erarbeiten müssen , das halte ich jedoch in etwa für genauso notwendig gegenüber Behinderten , wie gegenüber Menschen aus verschiedenen Kulturen oder Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen. Es geht schlicht darum , Menschenrechte zu verwirklichen .

  • Der Hilfebedarf von Menschen verschwindet werder noch verringert er sich durch Inklusion. Mit meinem Kind habe ich jetzt erst aktuell selbst erfahren, dass all die wunderbar als inklusiv beworbenen Ausbildungs- und Arbeitsangebote, nichts anderes als "Feinsortieranlagen" darstellen.
    nach dem Motto: wir gewähren eine Unterstützung x und wer damit auskommt, der hat hier die Möglichkeit eine Arbeit außerhalb der Sondereinrichtung zu bekommen. ( für die, denen das gewährte Maß an Unterstützung nicht ausreicht haben wir unsere Einrichtung) Monika, ich nehme an, du wirst das gleiche vom Wohnbereich erzählen können ...


    Ja, genau so war es auch bei uns im "Ambulant Betreuten Wohnen".
    Hier in dem von mir verlinkten Thread "Gefahren auf dem Weg zur Selbstbestimmung" habe ich davon berichtet:
    Recht auf Verwahrlosung im Rahmen der Selbstbestimmung?


    Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

    Einmal editiert, zuletzt von Monika ()

  • Hallo Raphael.
    Du hast in einigen Punkten sicher nicht ganz unrecht. Aber ein paar Aussagen stoßen mir auch etwas bitter auf.

    Leider sehen viele Behinderte immer nur was sich bei den Nichtbehinderten ändern müsste.


    Wie bitte? ?( Es gibt sicher Behinderte, die diese Haltung haben, aber hast Du mal überlegt, wie es dazu kommt? Ich z.B. war von frühester Kindheit an das Wesen, das sich ändern sollte, das geändert werden sollte. Körperlich, aber - und das ist besonders hart gewesen - auch seelisch, psychisch, geistig (wie auch immer man das jetzt nennen mag). Eines Tages hatte ich mich kaputtgeändert. Die Kraft, meine eigentlichen Talente zu nutzen, hatte ich nicht mehr. Körperlich und psychisch. Darauf hin war es endgültig vorbei mit der Unterstützung, denn die Menschen, an die ich mich wand oder wenden musste (ohne Geld geht es halt nicht), waren plötzlich der Ansicht, es wäre besser für mich, aus der Gesellschaft ausgegliedert zu werden, denn offenbar sei ich zu krank, würde nicht gesellschaftskonform funktionieren blablabla. Ich bin aufgewachsen und erzogen unter der Prämisse: alles geht, wenn man nur will, streng dich an. Ich war aber körperlich und Geistig nicht dazu in der Lage. Daran bin ich kaputt gegangen und es war NICHT meine Schuld. Ich hatte keine Hilfe, ich wurde medizinisch fehlbehandelt oder gar nicht behandelt, und als ich kaputt war, hat man mich weggeschmissen. Da soll ich nicht wütend sein und sagen dürfen: nun ist der Moment gekommen, wo ICH Ansprüche stellen darf?


    Wir müssen genau so ein grosser Schritt auf die Gesellschaft zu machen wie die andere Seite


    :icon_lol Klar, jeden Tag sehe ich die großen Schritte, die Nichtbehinderte auf Behinderte zugehen (Ironie). Ausserdem: was ist das für ein Denken "die eine Seite/die andere Seite". So was lehne ich ab und ich erwarte, dass auch die (noch, oder vermeintlich) nicht Behinderten so denken.

    Viele Behinderte leben unter einer Glasglocke


    Viele leben aber nicht freiwillig unter einer Glasglocke. Wenn z.B. ein Luchs im Zoo geboren wird und nicht in Freiheit, dann hat er sich das nicht ausgesucht. Du kannst einen in einem Zoo geborenen Luchs nicht im Harz aussetzen und dann sagen: "huch, der kommt ja gar nicht klar, also können Luchse nicht im Harz leben, sondern nur im Zoo".


    Unter Nichtbehinderten fällt einem die eigene Behinderung umso mehr auf


    Ja, aber deswegen soll ich jetzt in ein Behindertenghetto ziehen? Die Gesellschaft und mich schützen? Hatten wir alles schon. So ändert sich nie etwas.


    Viele Behinderte ertragen die Nichtbehinderten Welt nicht, weil es ihnen weh tut, immer wieder die eigenen Schwächen zu sehen


    Ja, da hast du recht. Aber die Gesellschaft hält schwächeren Menschen auch gnadenlos vor, dass sie selbst an ihrer Schwäche schuld seien. Das nennt sich dann "Selbstbestimmung": "mach was du willst, aber mach es allein. Alle anderen schaffen es doch auch...."

    Aus eigener Erfahrung weiss ich aber, dass es nicht die Nichtbehinderten sind, die uns auf unsere Schwächen reduzieren, sondern wir selbst


    Aha, ja dann ist doch alles gut, wir müssen bloß aufstehen, und was tun, was soll dann dieses ganze Geschwafel von wegen Inklusion, völlig überflüssig :icon_rolleyes

    Inklusion bedeutet für mich, aus der Konfortzone herauszutreten und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Zu machen statt einfach nur mitzumachen, zu ändern statt nur anzuprangern.


    Ja, da hast Du recht. Das müssen wir alle tun, ob behindert oder nicht behindert.

    Und wenn mich niemand einstellen will, gründen wir halt selbst was :p

    Klar, sag das mal der Tochter von Monika, dem Sohn von Birgit....Potz Blitz, da werden die gleich los laufen: hey, gründen wir was.


    Lynkas grüßt.

  • Hallo zusammen


    Natürlich wusste ich, dass mir hier heftiger Gegenwind entgegenblasen wird. Aber es ist halt meine Erfahrung dass das Gemeinsame oft besser funktioniert als man glaubt. Klar, man kann hinter jeder Ecke ein Problem finden, wenn man will. Aber viele Sachen sind gar keine Probleme, und andere lassen sich mit etwas Phantasie dann leicht umschiffen. Das ist halt meine Erfahrung, Ich weiss das einige andere Erfahrungen haben.


    Es spielt ja auch keine Rolle, ob sich Eure und meine Ansichten hier decken. Ich habe mir lange überlegt, ob ich auf die einzelnen Kritikpunkte eingehen soll, aber das meiste ist mir zu wenig praxis nah. Wenn Leute Beispiele aus der Praxis haben, bin ich gerne bereit die zu diskutieren, und Lösungsansätze zu finden.


    Ich bin aktuell nur gerade ziemlich ausgelastet, deshalb erst jetzt die kurze Antwort.


    Gruss Raphael

  • aber das meiste ist mir zu wenig praxis nah. Wenn Leute Beispiele aus der Praxis haben, bin ich gerne bereit die zu diskutieren, und Lösungsansätze zu finden.


    Raphael, unsere Kinder sind die Praxis. Unsere Erfahrungen sind also sehr praxisnah. Und meine Erfahrung ist nun einmal, dass mein Sohn mit seiner Behinderung kaum oder keine Anpassungsleistung erbringen kann. Sollen ihm deshalb Inklusion und Teilhabe verwehrt werden?
    Mir ist schon klar, dass es behinderte Menschen gibt, die diese Anpassungsleistung erbringen können und wollen, aber willst du nur diesen Menschen Inklusion ermöglichen?


    Du gehörst zu den fitteren Menschen mit einer Behinderung und ich würde mir von euch, die fitter sind, Solidarität wünschen und dass ihr meinen Sohn und die anderen Menschen, die nicht so fit sind, auf dem Weg zur Inklusion mitnehmt, anstatt sie weiter auszusortieren, weil sie sich nicht anpassen können.
    Ganz ehrlich, mir tut es fast noch mehr weh, wenn die Fitten für sich selbst die Inklusion in Anspruch nehmen, sie meinem Sohn aber verweigern wollen.
    Diese Diskussion gab es leider schon einmal woanders.


    Aber es ist halt meine Erfahrung dass das Gemeinsame oft besser funktioniert als man glaubt.


    Aber viele Sachen sind gar keine Probleme, und andere lassen sich mit etwas Phantasie dann leicht umschiffen.


    Genau das ist Inklusion!

  • Ah, der Experte spricht mitten aus dem Leben :lol . Schön, wenn Du ausgelastet bist, wir sitzen solange fröhlich daheim und langweilen uns in unserem Elfenbeinturm, wo wir theoretische Konstrukte zusammenstricken :rolleyes: . Weist Du, wenn Dir eine Diskussion zu anstrengend ist, dann pfeife ich drauf, dass Du dich "herablässt" mit mir zu diskutieren. Es spielt keine Rolle, welche Ansicht DU hast, genau. Wenn meine/unsere Probleme sich so leicht lösen lassen: dann mal her mit den Lösungen. Du kennst sie? Oder doch nicht? Tja, da wir hier offenbar noch nicht "reif genug" oder "geerdet genug" für Deine holde Meinung sind und Du ja ach so viel zu tun hast, werden wir die Lösungen wohl nie erfahren. Ich wünsche Dir frohes Schaffen in Deinem ausgelasteten Leben, das ich ebenso wenig aus der Praxis kennen kann wie Du meins.
    Lynkas grüßt.

  • Hallo zusammen


    Ella Mein Problem ist halt dass ich mit "kaum oder keine Anpassungsleistung" wenig anfangen kann. Das ist eine so weitläufige Definition, da fällt es mir schwer, mir was vorzustellen. Wenn konkretere Beispiele da sind, dann lese ich mir das gerne durch, und schreibe wie ich das angehen würde. Auch hab ich schon anderen Behinderten eine Hand gereicht. Aber dafür braucht es dann meist den persönlichen Kontakt. (was natürlich auf meinen Radius beschränkt ist)


    Was mir auffällt, und stutzig macht, wo sind all die CP's? Für die währe ich eigentlich hier, denn da kann ich am besten mitreden. Aber bis jetzt habe ich immer nur Mütter angetroffen, Selbstbetroffene sind höchst selten.


    Lynkas Es war nicht meine Absicht dich zu beleidigen. Viele Diskussionen hier im Inklusionsbereich sind sehr allgemein gehalten. Ich finde, dass dese uns nicht wirklich weiter bringen. Man kann stundenlang diskutieren wie perfekte Inklusion aussehen soll, doch damit ist noch rein gar nichts geschehen. Man kann die Uno Konvention rauf und runter diskutieren, geändert hat sich damit nichts. Auch bringt es meiner Ansicht nach nichts, irgendwelchen Idealvorstellungen nachzuträumen. Denn die Realität ist anders. Ich finde man muss mal mit dem Arbeiten was man hat. Wenn man auf Idealbedingungen wartet, wartet man ein Leben lang. Und einfach ist es nicht das weiss ich auch aus eigener Erfahrung.


    Gruss Raphael

  • doch ich glaube halt, das Inklusion ganz oft an den Behinderten selbst scheitert


    Wie sollte meine geistig behinderte Tochter das wohl in der Praxis umsetzen :?:





    Ich habe oben unsere Lebenssituation beschrieben und weiß nicht was Du mit ..."mir zu wenig praxis nah"....meinst.


    Es muss Dir doch auch klar sein das Menschen wie meine Tochter Inklusion nicht selbstständig umsetzen können. ?(
    Ich bin entsetzt das Du anscheinend behinderte Menschen wie z.B. meine Tochter
    bei der Inklusion garnicht auf dem Schirm hast :icon_confused Ansonsten hättest Du ja sicher eine
    Antwort oder eine Idee auf meine Frage gehabt :icon_sad





    Natürlich wusste ich, dass mir hier heftiger Gegenwind entgegenblasen wird. Aber es ist halt meine Erfahrung dass das Gemeinsame oft besser funktioniert als man glaubt. Klar, man kann hinter jeder Ecke ein Problem finden, wenn man will. Aber viele Sachen sind gar keine Probleme, und andere lassen sich mit etwas Phantasie dann leicht umschiffen. Das ist halt meine Erfahrung


    Wenn der Hilfebedarf für meine geistigbehinderte Tochter abgedeckt wird....der Kostenträger also den erforderlichen Hilfebedarf anerkennt und die Kosten dafür trägt....hätten wir keine Probleme und könnten inklusiv glücklich leben.
    Meine Tochter kann diese Probleme nicht umschiffen sondern sie braucht tatkräftige Unterstützung dafür.


    Ansonsten würde sie (mit ihren 29 Jahren) hier sicher selber mit Dir über Inklusion schreiben und diskutieren..... ;)


    Ich würde die Frage.....
    "Wie stellst Du Dir denn die Inklusion für behinderte Menschen wie meine Tochter vor :?: "
    ....nicht als "heftigen Gegenwind" bezeichnen, sondern als wirkliches Interesse wie Du Dir als Selbstbetroffener die Inklusion solcher Menschen vorstellst :?::!:





    Es spielt ja auch keine Rolle, ob sich Eure und meine Ansichten hier decken.


    Ich finde es sehr schade das Deine Ansichten sich nicht auf alle behinderte Menschen beziehen sondern nur auf behinderte Menschen die für sich selber sprechen und kämpfen können.
    Mit Inklusion hat das aber leider nichts zu tun oder was meinst Du dazu :?:




    Ich bin aktuell nur gerade ziemlich ausgelastet, .


    Das bin ich nach 29 Jahren Betreuung und Pflege meiner behinderten Tochter mehr als auch.....leider ohne Aussicht auf eine Zukunftsperspektive :thumbdown:
    Und bei Dir hört sich das dann auch noch so an als wenn wir selber Schuld daran wären. :icon_confused


    Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

    Einmal editiert, zuletzt von Monika ()

  • Raphael ich verstehe natürlich das man manchmal nur sehr wenig Zeit hat und es dann schwierig wird in einer Diskussion zu bleiben.
    Aber mal ehrlich: Was für ein Praxisbeispiel genau erwartest du denn? Es geht hier schließlich nicht um Fallbeispiele, weil die alle viel zu individuell sind.


    Lynkas z.B. hat große Schwierigkeiten die nicht daran liegen, dass sie nicht will oder sich nicht bemüht.
    Ich selber falle sowohl aus dem System "behindert" raus, noch bin ich gesund. Passe ich mich an die Gesellschaft an, geht das nur sehr begrenzt und keinesfalls auf Dauer. Und das fängt dann schon bei der Kleinigkeit an, das ich immer ein Klo in der Nähe brauche. Soll ich jetzt also von allen Menschen in irgendeiner Gruppe verlangen, dass nur Dinge gemacht werden, die in Klo nähe statt finden? Oder soll ich mich anpassen und darauf verzichten mit dem Ergebnis, dass ich heftige Krämpfe bekomme, weil ich nicht aufs Klo gehen kann und es nicht so einfach ist den Kopf auszuschalten und in die Hose zu machen?
    Wie gesagt und das ist nur eins meiner kleineren Probleme.


    Ich würde jetzt sogar noch behaupten, dass ich zu den nicht ganz so heftig betroffenen gehöre. Immerhin gibt es auch Menschen die körperlich schwer behindert und gleichzeitig geistig schwer behindert sind.

  • Hallo,


    ich möchte mal von einer anderen Seite kommen, denn an Raphaels Kritik ist schon auch etwas dran, aber das ganze ist tatsächlich viel komplexer.
    Fachleute sprechen bei dem, was zB Hans die letzten 10 Jahre macht (HPK, Förderschule) von einer Biographie, die durch Separierung geprägt wurde. Das ist einerseits klar, ich war war ja dabei all die Jahre. Nicht so klar war mir früher, wie sehr das ein Kind prägt. Die Fokussierung auf die Defizite, die Abwesenheit nichtbehinderter Kinder in weiten Teilen des Alltags. Die permanente Fremdbestimmung (geh mal wieder zum Frisör, probier wenigstens mal, sitz gerade, schau mich an, ...)
    das ganze ist ein wechselseitiger Prozess: Der einzelne und seine Umgebung. Und wer jahrelang in der "Mühle" war, wie zB viele Autisten mit sehr problematischen Schulbiographien (Mobbing, Ausgrenzung, permanente Überforderung in Wahrnehming und Sozialem, gleichzeitig teils intellektuelle Unterforderung) - der zieht sich nicht am Ende am Schopf aus dem Sumpf, weil er gar keine Strategien gelernt hat.


    Für Menschen mit Körperbehinderungist Raphael als einer der "sich durchbeißt", vielleicht gar nicht so untypisch, ich kenne auch einen Teenager mit CP, der so "zäh" ist, viel von sich verlangt, dafür auch Anerkennung bekommt.


    was wir gemeinsam entwickeln müssen, als inklusives Denken, ist aus meiner Sicht erstmal eine Haltung, nicht zu schnell die eigene Brille über nur scheinbar veVgleichbares zu ziehen. sondern offen zu bleiben und erstmal zu gucken, was steckt dahinter. Mit Schuldzuweisungen kommen wir nicht weiter.


    Ich denke schon, daß JEDER eine Anpassungleistung bringt, denn JEDER ist ein soziales Wesen. Allerdings kann es nicht sein, dass andere, die keine Ahnung haben, dafür aber eigene Motive (Geld sparen) das Ausmaß dieser Anpassung definieren dürfen.


    Boah, ich muss hier blind schrieben, sorry für das Chaos. (Das Problem besteht immer noch zeitweise)

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    10 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Hallo Enscha


    Wie recht hast du mit deinem Beitrag. Ich war ja selbst eine Zeit lang zumindest teilweise diesen Mühlen ausgeliefert. Ich konnte mir zum Glück noch Freiräume ausserhalb der Schule schaffen. Ich habe mehr Diskriminierung von sog. Fachpersonen erlebt als in der freien Wildbahn. Raphael, sei mal realistisch, du bist behindert... usw. Ich dachte jedes mal, und Euch zeig ich mal noch was ich kann! Sicher, ich war ein schwieriger Schüler, aber ich hatte gar keine andere Wahl.


    Dann entlässt man so eine Person nach der Ausbildung in die freie Wildbahn, und wundert sich warum es scheitert.


    Gruss Raphael

  • In einem Punkt kann ich Raphael schon verstehen: Der Begriff "Inklusion" ist für mich bis heute auch etwas sehr Abstraktes. Es fällt mir schwer, diesen Begriff mit konkreten Inhalten zu füllen. "Inklusion" klingt für mich in erster Linie nach einer utopische Idee, nach einem politische Programm oder einer Art Lebensphilosophie. Ich will das nicht verurteilen oder bewerten, aber ich selbst habe gelernt, mein eigenes Leben eher pragmatisch zu bewerten, indem ich mich frage:


    - Was brauche ich konkret?
    - Was will ich konkret erreichen und was was kann ich konkret dazu beitragen?
    - Was wünsche ich mir konkret von Anderen und was kann ich konkret einfordern?


    Genauso würde ich es auch machen, wenn es um andee Menschen geht:


    - Was braucht er oder sie ganz konkret?
    - Wie kann man diesem Menschen konkret helfen?
    - Was braucht er und was würde ihm in seiner ganz konkreten, individuellen Situation gut tun?


    Ich glaube, dass Inklusion immer nur indivudell gedacht werden kann, in Form ganz konkreter, pragmatischer und alltagsbezogener Hilfen. Ich bin jedenfalls nicht der Typ, der sich hinstellt und laut ruft: "Ich fordere Inklusion!", weil mir das viel zu zu nebulös ist; weil ich selbst nicht wüsste, was ich mir unter so einer allgemein gehalten Forderung überhaupt vorstellen könnte. Isofern kann ich Raphael verstehen. Ich brauche auch immer erst einen konkreten "Fall" und ein konkretes Problem, um mir Inklusion überhaupt vorstellen zu können. Für mich ist das ähnlich, als wenn man z.B. sagt:


    "Ich fordere Freiheit!" oder "Ich fordere Gerechtigkeit!"


    Das wird sicher jeder gerne unterschreiben, aber auch Freiheit oder Gerechtigkeit sind zunächst nur abstrakte Begriffe, die man mit Inhalten und konkreten Forderungen füllen muss, bevor sie Sinn ergeben. Mit der Inklusion ist es für mich genauso.

  • ....tja nun ich weiß nicht ob solche onlineforen Diskusionen überhaupt Sinnmachen. Die Erfahrungswelten sind da vielleicht einfach zu unterschiedlich, als dass man ohne echten Austausch in der Realworld wirklich ins Gespräch kommen kann? Fluch der digitalen kommunikation? Trotzdem auch 1 Kommentar von mir dazu:


    - würdest du z.B. selber hinter Gittern sitzen, empfändest du

    Zitat

    "Ich fordere Freiheit!"

    sicherlich genau wie ich ( und ich vermute auch Monika) den Ausspruch

    Zitat

    Ich fordere Inklusion auch für mein Kind!

    als ganz pragmatischen und alltagsbezogene konkreten Wunsch !


    Ich wünsche allen einen lauen, entspannten Sommerabend!


    P.S. Trixi, übrigens falls du mitliest : auch ich schreibe hier noch immer ab jedem 3 Satz hier komplett blind. Das Problem besteht nach wie vor . (Deswegen auch immer die 1000 Bearbeitungen, dies nur den anderren zur Erklärung)

    Schöne Grüße von Birgit, Mama vom

    • "Zwerg", geboren 2000 mit Tris21 und 'ner Reihe von Zusatzdiagnosen, gsd trotzdem topfit und zuckersüß
    • "Großen" ,gsd genauso topfit und zuckersüß (lässt sich aber leider seit längerem nur noch von wesentlich jüngeren Frauen knuddeln)

    4 Mal editiert, zuletzt von Birgit A ()