Distanzlosigkeit

  • Wie im Thread über die maßgeschneideren Bücher/Social Stories angestoßen wurde, haben einige Menschen mit autistischer Wahrnehmung ein anderes und für NT häufig ungewöhntliches Verständnis von Nähe/Distanz gegenüber anderen Personen.


    Der kleine Prinz hat da eine sehr feine Nase und Leute, die ihm sympathisch sind, werden sofort mit Interaktionsversuchen beglückt. Bei meinen Freundinnen hat er in letzter Zeit so eine Anwandlung, dass er ihnen das T-Shirt hochzieht und "nackter Bauch" sagt, unlängst meinte er bei einer sogar "Busen", super-peinlich, auch wenn es meine Freundinnen einstweilen noch lustig/niedlich finden.


    Andere Leute, die er sozusagen auf Anhieb mag, erhalten von ihm gleich ein eigenes Quatschwort, das heißt er sagt irgendwas, z. B. "Chip-Chap" und erwartet, dass es sein Gegenüber wiederholt. Wenn sich da jemand drauf einlässt, quillt er fast über vor Glück. Er merkt sich auch bis in alle Ewigkeiten, welches Quatschwort er für wen genommen hat.


    Ich bin auf euren Input zum Thema gespannt ;)


    LG

  • Danke Michie!


    Das ist genau mein Thema! Bei uns ist es so: Junior hat NIE gefremdelt und ist schon immer bereitwillig zu jedem und mit jedem mitgegangen.
    Eine Zeitlang war es besser, dann war es aber auch mal in der zweiten Klasse ein Thema, dass er jedes Kind, das er mochte, geküsst und gedrückt hat.


    Nun ist es so, dass er bei Bekannten oder Freunden von mir, die er aber selten sieht, oder gar bei ganz fremden Männern, die vielleicht zufällig bei Freunden von mir sind, oder bei Vätern von Klassenkameraden "sehr zutraulich" ist. Also, sobald er merkt, dass ich die Person kenne/gerne mag oder wenn sich die Person ihm freundlich zuwendet, dann wird da auf dem Schoß gehockt, gekuschelt, gekitzelt, als wären das nahe Verwandte.


    Während ich das schreibe, fällt mir auf, es ist fast immer bei Männern, dass er sich so benimmt :icon_eek


    Weil ich von seinem Vater getrennt bin? Als Kleinkind war er aber auch ggü. Frauen so! ???
    Ich habe zu Distanzlosigkeit bei Kindern schon gegoogelt, das hätte ich mal besser gelassen, das wollte ich nicht wirklich lesen :icon_rolleyes


    Er wirkt ja noch sehr kindlich, viele Bekannte von mir sagen auch immer, das wäre ja nicht schlimm, er wär ja noch klein... ich finde aber mit bald neun ist das nicht mehr angemessen.
    Und Distanzlos finde ich das sehr wohl, auch wenn Einige sagen, ich sehe das zu eng. Finde ich nicht!


    Erklärt habe ich ihm bisher, dass so eine Armlänge Abstand ganz gut ist, dass man das bei Familienmitgliedern machen kann, aber nicht bei Fremden...
    Irgendwie ein Filmchen zu dem Thema oder animierte Bilder fände ich gut, so was dringt eher durch bei ihm, als nur zu erklären.
    Theoretisch weiß er das und kann solche "Benimmregeln" (weiß grad nicht, wie ich das besser ausdrücken soll) auch runterbeten-anwenden kann er sie aber nicht.


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    Liebe Grüße von Phila


    Sohn *2008 HFA / ADHS
    Mama *1972 operierte Skoliose
    Sternchen im Herz 2008


    Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen!

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  • Hans ist eher verbal anhänglich, solche Quatsch-Worte erfindet er auch, die können ellenlang und megakompliziert werden (und er merkt sie sich trotzdem exakt), und so kann er quasi mit jemanden einen "Dialog" haben, dessen einzelne Wörter keine Bedeutung haben. Das ist eine schlaue Strategie, finde ich, denn so kappt er eine Bedeutungsebene - bleiben ja noch genügend über ... Das ganze dann als Frage- bzw Wederholungsspielchen, damit ist eine weitere Bedeutungsebene unter Kontrolle. Was er bei dem ganzen leider übersieht: dass das den anderen früher oder später langweilig wird.


    hinter dem Ganzen steckt der innige Wunsch nach Kontakt und Austausch mit anderen Menschen, und ich denke, er wird diese Form des Kontaktes erst lassen können, wenn wir einen guten Schritt weiter sind in Richtung Freunde finden / Freundschaft aufbauen.


    Ich denke mal, das spielt bei Euren Buben und ihrer Form der Distanzlosigkeit auch eine Rolle.


    Beim kleinen Prinzen würde ich wahrscheinlich die Freundinnen bitten, klar zu reagieren, und so ein Verhalten abzuwehren. Mit klarer Mimik, klar und knapp formuliert ("Stopp!"). Wenn Du ihnen erklärst, dass es für den Kleinen sonst viel schwieriger ist, zu verstehen, dass das kein richtiges Verhalten ist, dann machen sie das bestimmt. Und Du hast ihm ja bestimmt schon gesagt, dass das nicht geht.


    Ich hatte eine Freundin, die es nicht fertig brachte, bei irgendetwas Hans seine Grenzen zu zeigen (hätte man ja auch nett sagen können), da kann ich natürlich lange sagen "darfst du nicht", wenn sie dann freundlich lächelt dabei und sagt "mach nur".. Übel genommen hat sie es ihm trotzdem, und von mir dann irgendwann ungeduldig erwartet, dass ich das abstelle :evil:


    Phila, ich glaube, ich würde das in Deinem Fall auch so angehen. Die Männer bitten, freundlich, aber klar Distanz zu halten. Erklären alleine fruchtet glaube ich, nicht, wenn von den betreffenden Personen keine klaren Signale kommen.


    Ich kenne übrigens ein Mädel, das auch distanzlos bei mir auf den Schoß kletterte, im Grundschulalter . Hat sich mit aufkommender Pubertät von selber gegeben. Sehr beruhigend, denn da wird es sonst echt riskant für die Kinder ...

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    17 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Distanzlosigkeit ist auch hier ein Thema.
    Mein Sohn ist ja nun schon erwachsen und die Distanzlosigkeit hat sich verändert. Als Kind ist er jedem auf dem Schoß geklettert. Er wäre auch mit jedem Fremden mitgegangen. Das hat sich glücklicherweise irgendwann gelegt, er war ca. 9 Jahre alt als dieses Verhalten aufhörte.
    Allerdings quatscht er bis heute jeden, der sich darauf einlässt, mit seinen Spezialthemen zu. Die meisten lassen sich darauf erst einmal ein, weil sie es am Anfang noch nicht durchblicken, dass mein Sohn sie in die "Verbalfalle" gelockt hat. :D
    Er ist also wie Enschas Hans "nur" noch verbal anhänglich.

    Das ganze dann als Frage- bzw Wederholungsspielchen,


    Genau so läuft es auch bei meinem Sohn ab.


    Ich hatte eine Freundin, die es nicht fertig brachte, bei irgendetwas Hans seine Grenzen zu zeigen (hätte man ja auch nett sagen können), da kann ich natürlich lange sagen "darfst du nicht", wenn sie dann freundlich lächelt dabei und sagt "mach nur".. Übel genommen hat sie es ihm trotzdem, und von mir dann irgendwann ungeduldig erwartet, dass ich das abstelle


    Das kenne ich nur zu gut. Von mir wird erwartet, dass ich das Verhalten meines Sohnes abstelle. Das setzt mich immer sehr unter Druck, weil ich ständig darauf achten muss, wann die Grenze der Leute erreicht ist. Stoppe ich meinen Sohn zu früh, dann kommt nämlich: "Ach lass´ihn mal!" Das empfindet mein Sohn dann als völligen Freifahrtsschein für endloses Quatschen und dann lässt er gar nicht mehr locker.
    Ich würde mir ebenfalls sehr wünschen, dass die Leute selbst für sich sorgen und meinem Sohn freundlich sagen, dass jetzt aber Schluss ist, denn das würde er auch viel eher annehmen als von mir.

  • Na, da sitzen wir ja mal wieder im gleichen Boot, Ella. ja, ich muss sagen, dass ich das von FREUNDEN, die unsere Situation ja kennen, und wissen, wie sehr wir rödeln, damit Hans so essentielles Miteinander lernt, auch ERWARTE: Ehrlichkeit, auch gegenüber Hans.
    Bei Nachbarn und Bekannten ist das schwieriger, denn von denen ist das natürlich oft Zuviel verlangt, aber da klappt es eben auch nur, wenn ich dabei bin und klare Ansagen mache (heißt: wir gehen, wenn er sich nicht an die Regeln hält).
    Ich gehe derzeit bei beratungsresistenten Leuten mehr und mehr dazu über, den Sozialübersetzer zu geben, ich sage also IN der Situation zB "Die XY sagt jetzt aus Höflichkeit, dass das okay ist, sie möchte aber eigentlich lieber, dass Du aufhörst." Und ich sag dann auch zu XY "Überleg Dir jetzt gut, ob Du nicht doch lieber geradeaus Klartext redest, denn ICH bin sonst nicht mehr zuständig :D
    Die männlichen Betreuer vom Hans, die zufällig (?) alle drei soziale Berufe machen, machen das übrigens recht charmant und selbstverständlich: es wird getobt, geblödelt, gerangelt, aber sie legen alle großen Wert drauf, dass die richtige Distanz gewahrt wird (als Profis wissen sie das eh).
    Betreuer sind bei solchen Dingen eh Gold wert, sie ersetzen fürs erste die Freunde, von denen Kinder sonst lernen.


    Ganz viel von Hans Kuschelbedürfnis landet übrigens beim Hund. Vielleicht auch ein Aspekt, Phila - hat er Bezug und Zugang zu einem Tier, ginge eine Katze, ein Kaninchen, ein Hund? (Unser Hund, ca 35 kg, ist ziemlich stabil, das ist natürlich ideal)



    Es gibt sicher Aspekte davon, die man in einer Social Story bearbeiten kann, aber das Thema als solches ist eher was, was vor allem direkt eingeübt werden muss, würde ich sagen.

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  • "Die Anderen" sind auch in meinen Augen das Problem, weil sie eben NICHT sagen, Junior soll sich mehr zurückhalten. Sie sehen es aber als auch nicht so schlimm an "lass ihn doch, er ist doch noch ein Kind, ist doch nicht schlimm" Junior sieht leider auch eher aus wie fünf, als wie bald neun.


    Er wäre früher auch mit jedem mitgegangen, das ist schon besser, aber er muss es doch lernen!


    Tier ist schwierig-vor Hunden hat er zwar keine panische Angst mehr, aber es kommt sehr auf den Hund an.
    Generell gehen wir aber auch um 7:30Uhr aus dem Haus und sind erst gegen halb fünf wieder daheim-wenn nicht gerade ein Termin ansteht, oder sonstwas zu erledigen ist. Finde ich dann auch zu lang für nen Hund oder auch eine Katze. Reine Hauskatze will ich nicht (mehr), Freigängerkatze fände ich toll, aber schlecht im Mehrfamilienhaus an der Hauptstraße. Kaninchen und Co. mag ich nicht im Wohnzimmer im Käfig halten. ...
    Tiere finde ich toll für ein Kind, aber für mich müssen die Rahmenbedingungen passen-vor allem AUCH! für das Tier.


    Ich denke, sähe Junior altersentsprechend aus, fänden das noch mehr Leute befremdlich. So hat er einfach noch zu viel "Welpenschutz" :icon_confused


    Verbal distanzlos ist Junior auch, er redet auch permanent rein und textet jeden mit seinen Themen zu.


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  • Hallo Phila,


    also, wenn es diejenigen, die es betrifft, wirklich nicht stört, dann würde ich einfach noch ein bisschen zuwarten, ob sich das nicht tatsächlich von selber verwächst - 8)
    Ich kenne über Tochter ein paar Grundschulkinder, bei denen das so war. Eine gewisse naive "Zutraulichkeit", die natürlich leicht ausgenutzt werden kann, bleibt da wohl ... das muss man dann sicherlich versuchen zu bearbeiten. Aber derzeit bist Du ja immer dabei, da kann ja nix Übles passieren. Und ansonsten, wenn's noch keinen stört ...


    Ich habe auch schon mal mit Hans versucht zu klären, was sind Freunde, was sind Bekannte, was Fremde - gar nicht so einfach, das so zu erklären, dass das Wesentliche hängenbleibt und keine falschen Schlüsse gezogen werden (Bsp: wenn ich Hans erkläre, dass Fremde Leute sind, deren Namen wir nicht kennen, könnte er drauf kommen, Fremde einfach nach ihrem Namen zu fragen ...)
    Und wie eng man mit jemandem ist, kommt eben genau darauf an, ... Ist ja nicht grundsätzlich verkehrt, auf jemandes Schoß zu sitzen, zB beim Opa, Papa, Mama, ...


    Dass Du mit den Tieren so verantwortungsvoll denkst, finde ich sehr sympathisch :)



    Diese distanzlose Haltung allgemein entspringt ja dem fehlendem Petspektivwechsel. Hans mag Kontakt zu Menschen, aber dass die eigene Sichtweisen, Wünsche, Bedürfnisse haben, geht nicht recht in seinen Kopf. Hans ist ja mir gegenüber, so gesehen, auch distanzlos: Er erwartet, dass ich alles für ihn stehen und liegen lasse, er will getröstet werden, wenn er mich grade auf 180 gebracht hat, ... Das ist ein Langzeitprojekt, ihn da vorwärts zu bringen ... Hoffe, das Zehnerl fällt irgendwann

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  • Zitat

    Er erwartet, dass ich alles für ihn stehen und liegen lasse, er will getröstet werden, wenn er mich grade auf 180 gebracht hat


    So ist mein 16jähriger heute noch. Er kann nicht verstehen, dass ich nicht ständig alles liegen und stehen lassen kann, " nur" weil er gerade z.B. etwas interessantes auf Youtube entdeckt hat und ich das genauso toll finden muss und mit ihm den Nachmittag mit seinen Themen verbringen muss ( wenn er sich einmal in eins seiner Themen reingeredet hat, kriegt man kein Wort mehr dazwischen und schafft es kaum zu flüchten ... ) .


    Er bezeichnet jeden als Freund, der freundlich zu ihm ist, aber ständig wird er von anderen vera*scht, weil er nicht merkt, dass die nur so tun und sich nen Spaß mit ihm erlauben. Er durchschaut auch nicht, wenn andere ihn anlügen, weil er selber nicht lügt oder trickst. Wenn andere Sarkasmus oder Ironie anwenden meint er, das würden die extra machen um ihn zu ärgern, weil er das nicht versteht, für ihn fühlt sich das an, als würde er Freunde verlieren sagt er.


    Er nimmt es übel, wenn man nicht sofort antwortet und fühlt sich ignoriert, wobei man manchmal gar nicht so schnell antworten kann wie er das erwartet, er spricht dann stundenlang nicht mehr mit demjenigen und verzieht sich in seine Welt.


    Was anderen peinlich ist, kommt ihm oft nicht peinlich vor und andersrum. Früher hat er Leute angequatscht mit Fragen, die wirklich peinlich waren, heute würde er das nicht mehr tun, zumindest nicht mehr so extrem. Wobei er nicht darüber nachdenkt, ob er jemanden verletzen könnte oder ob jemand ihn nach der Frage als frech oder rücksichtslos bezeichnen könnte ( so wirkt es auf andere auch, aber er versteht das nicht, er hat diese Frage und empfindet sie nicht als negativ sondern ist an der Antwort interessiert und nicht, wie sich derjenige bei der Frage fühlt ) .

  • Hallo,


    bei dem Thema bin ich auch mit im Boot. L kann auch nicht einschätzen wenn es anderen zu viel wird.


    Für Küssen und kuscheln haben wir die Regel nur in der Familie. Das wurde ihr in der 1. Klasse von der Hortnerin mal gesagt und wir haben es übernommen. Ob es für die Pupertät dann noch so gelten kann mal sehen ...


    Wir sind dran, dass sie lernt ihre eigenen Gefühle zu benennen und die von anderen zu erkennen und da auch ob das was mit ihr zu tun hat.
    Wenn ich weine und traurig bin z.B. wegen der Oma oder weil ich hingefallen bin und Schmerzen habe, dann entschuldigt sich L bei mir - weil sie denkt alle meinen Emotionen haben mit ihr zu tun.
    Aber wie bei allen Lernprozessen ist das ein unendlich langer Weg .


    Lg Sigrid

  • Ich glaube, bei uns habe ich einen Zusammenhang zu der "neuen" Distanzlosigkeit gefunden. Der kleine Prinz war ja so gut wie nie krank, dafür dieses Jahr schon wiederholt und ganz schön heftig, weshalb wir oft zum Arzt mussten. In den letzten Tagen hat er immer wieder mal gesagt "das T-Shirt hoch" und "der Doktor", und "streck die Zunge raus", und "Ohren untersuchen" ... Ich glaube echt, dass das irgendwie von daher rührt, dass er das mit meinen Freundinnen immer machen wollte. Auf jeden Fall bringt der Osterhase einen Arztkoffer. Heute wollte er wieder bei einer meiner Freundinnen das T-Shirt hochschieben, und ich habe ihm erklärt, dass das nur ein Arzt machen darf und er ja keiner sei, und dass das andere Leute auf jeden Fall stört, weil es viel zu intim, viel zu persönlich ist. Er hat es dann sein lassen und hätte es kurz darauf noch einmal versucht, jedoch mit einem fragenden Blick auf mich gerichtet und eigentlich hat er nur die Hand ausgestreckt. Er hat also drauf gewartet, dass ich ihm dasselbe noch einmal erkläre. Kann es sein, dass er da auch einfach Regeln überprüft? Wahrscheinlich, oder?

  • michie, ja ich glaube da hat der die Regel nochmal überprüft. War ja eine neue Regel und da muss schließlich geschaut werden, ob die Regel bleibt. Vor allem wenn er das vorher einfach machen durfte.


    Das er jetzt einen Arztkoffer zu Ostern bekommt finde ich gut. Allerdings könnte ich mir vorstellen das er dann vielleicht auf die Idee kommt, das er mit dem Arztkoffer jetzt ein Arzt ist, es also automatisch darf. Ich denke da solltet ihr vielleicht am Anfang gleich klären das er eben Arzt spielen darf, aber immer fragen muss, ob der andere auch mitspielen möchte.

  • Hallo zusammen,


    leider komme ich jetzt erst zum Lesen.
    Sehr interessant, was ihr alle zum Thema zu berichten habt!
    Wenn ich das so lese ist Junior bei mir auch sehr distanzlos - man merkt das gar nicht mehr, weil man es so gewohnt ist!
    Er will auch immer ALLES sofort, meint auch, mich müsse ALLES interessieren, was ihn interessiert. :icon_rolleyes


    "Küssen und kuscheln nur in der Familie" - prima! :) Das muss ich ihm mal so erklären.
    Was ich halt auch immer so befremdlich finde ist z.B., dass er beim Spielen-nehmen wir an mit einem Auto oder Flugzeug-sein Gegenüber gerne als Fahrbahn nimmt, aber nur immer ganz kurze Momente und blitzschnell lässt er dann das Auto über Arm oder Bein des Anderen fahren-beim Mann meiner Freundin auch mal über den Schritt... der lachte zwar, war aber denke ich, auch überrumpelt in dem Moment. So was meine ich halt, er kennt da eben keine Grenzen :icon_confused


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    Liebe Grüße von Phila


    Sohn *2008 HFA / ADHS
    Mama *1972 operierte Skoliose
    Sternchen im Herz 2008


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  • Küssen und kuscheln nur in der Familie


    Das muss man aber auch wieder differenzieren.
    Mein Sohn ist der Meinung, dass z.B. die Cousinen, Cousins, Tanten und Onkel, die er extrem selten sieht, uns sehr nahestehen, nur weil sie zur Familie gehören. Dabei sind sie eigentlich Fremde.
    Früher waren auch alles seine Freunde, sobald er ein Wort mit irgendwelchen Kindern oder Jugendlichen gewechselt hat, oder wenn jemand mal ein bisschen netter zu ihm war.


    Was mir gerade noch einfällt: Mein Sohn hatte auch eine Phase, bei der er bei Leuten, die er mochte, oder mit denen er gerne Kontakt gehabt hätte, ständig vor der Tür stand. Mein Sohn ist ja sehr mobil und selbstständig unterwegs, sodass ich das oft nicht verhindern konnte, dass er bei denen klingelte. Das war eine extrem anstrengende Phase.

  • Mir fällt da gerade so ein Bild ein.
    Vor allem als ich das mit dem Auto und dem Mann gelesen habe.


    Das Bild selber weiß ich nicht mehr, wo ich das mal gesehen hatte. Letztendlich war es ein Körperschatten mit unterschiedlichen Farbschattierungen. Es gab Grün, Rosa und Rot.
    Grün = da darf man andere Menschen, auch Fremde anfassen (z.B. Hand)
    rosa = da darf man nur Freunde, Verwandte anfassen
    rot = da darf man niemand anfassen außer den Partner (also z.B. die Geschlechtsorgane)


    Vielleicht wäre so ein Bild zur Visualisierung ganz hilfreich ?

  • Trixi, die Idee mit dem Bild finde ich ganz wunderbar!


    Ella, mit den entfernten Verwandten hast Du natürlich recht-die haben wir ja auch, da muss man wirklich aufpassen!
    Mein Sohn differenziert Freundschaft genauso! Jedes Kind, mit dem er spricht und was im seinen Augen nett ist, ist sein Freund :icon_rolleyes


    Noch geht meiner ja nicht allein raus, aber wenn, dann könnte ich mir auch vorstellen, dass er überall klingelt....


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  • Zitat

    Noch geht meiner ja nicht allein raus, aber wenn, dann könnte ich mir auch vorstellen, dass er überall klingelt

    DasThema hatten wir schon,mit unserem kleinen Flitzer. Wir (auch er) haben es mit Klarheit und Konsequenz hingekriegt. Aber es hat mir - neben einigem anderen - auch gezeigt, dass da eine tiefe Sehnsucht ist nach selbstbestimmtem Sozialkontakt.
    insofern ist die "Bearbeitung" dieses ganzen Themenklumpens Distanzlosigkeit - Selbst-/Andere-Differenzierung - Perspektivübernahme - Regelverständnis schon seeehr wichtig ... Weil es halt eine Grundlage ist für funktionierende Bekanntschaften und Freundschaften.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Enscha,
    das hast Du mal wieder sehr schön auf den Punkt gebracht!
    :):nummer1


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    Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um so zu sein, wie andere mich haben wollen!

  • Aber es hat mir - neben einigem anderen - auch gezeigt, dass da eine tiefe Sehnsucht ist nach selbstbestimmtem Sozialkontakt.


    Das trifft zu 100% auf meinen Sohn zu.
    Hinzu kommt, dass mein Sohn von den meisten Leuten keine aussagekräftige Aussage erhält. Die Leute eiern um den heißen Brei herum, weil sie es gewohnt sind, Höflichkeitsfloskeln zu benutzen, die sie nicht ernst meinen.
    Beispiel: Stand mein Sohn bei den Leuten vor der Tür, haben die zu ihm gesagt: Heute nicht, aber vielleicht morgen." Das war eine reine HöflIchlichkeitsfloskel, denn am nächsten Tag wollte ihn auch keiner haben, aber er stand trotzdem immer wieder vor deren Tür, weil mein Sohn ein "vielleicht" als "ja" deutet. Für ihn gibt es nur ein ja oder ein nein. Ein "Vielleicht" ist IMMER und ausnahmslos ein "Ja" für ihn.
    Das kapieren die Leute aber einfach nicht, aber mein Sohn soll die Menschheit und ihre Zwischentöne kapieren. Das kann er aber nicht und das führt immer wieder zu Frust.

  • Das ist genau der Hauptgrund, warum wir solche Anstregungen in (Unterstützter) Kommunikation unternehmen. Ich denke, Hans kann mit viel Hilfe langfristig lernen, Gespräche zu führen, die für beide Seiten angenehm sind. Sicherlich nicht mit jedermann, aber es gibt ja viele, die eigentlich offen für ein bisschen schräge Kommunikation sind. ;)

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