Warum wird die Inklusion oft abgelehnt oder skeptisch betrachtet?


  • Kein Geld.
    Voll Erwerbsgemindert (daher auch alle Fördermöglichkeiten verschlossen)
    Ausbildungen kann man nur Vollzeit machen (alles schon endlos durchdiskutiert), und ganz sicher kann man keine Ausbildung machen, wenn man als Erwerbsgemindert eingestuft wurde.



    Außerdem: ich möchte einfach nur leben und arbeiten! .


    Hallo Lynkas ,


    das liest sich alle vertrackt. Für mich wäre Inklusion, wenn durch die Erwerbsminderung die Möglichkeiten nicht verbaut wären. Ich finde , das Du Sachen sehr gut analysieren und auf den Punkt bringen kannst , außerdem bringst Du sehr viel Selbstreflexionspotential mit . Was "Pädagogisches " würde da ( meiner Ansicht nach) gut passen.Schade.

  • Dagmar, die Situation kenne ich so auch.


    Okay, bei mir gibt es kein aktuelles Attest / Gutachten darüber, in wie weit ich eine Erwerbsminderung oder eine Erwerbsunfähigkeit habe. Aber das liegt nur daran, das es niemanden mehr interessiert. Ich bin bei keinem Amt / keiner Behörde.


    Mir ist nach wie vor allerdings unbegreiflich, warum nicht endlich Möglichkeiten geschaffen werden. Ich gehe stark davon aus, das es ja nicht nur Lynkas und mir so geht.
    Ich hab bei einigen Stellen nachgefragt. Aber alle sind nicht zuständig, weil ich nicht so und so viele Stunden arbeiten kann. Inzwischen habe ich es aufgegeben mir von offiziellen Stellen helfen zu lassen. Ich versuche unter dem Radar einfach irgendwie eine individuelle Lösung für mich zu finden. Das ist nicht gerade einfach und auch nicht sonderlich befriedigend.


    Das schlimmste an diesen Systemen finde ich, das immer verlangt wird, dass man sich selber dem System anpasst. Eine Anpassung an individuelle Bedürfnisse ist einfach nicht vorgesehen.

  • Das schlimmste an diesen Systemen finde ich, das immer verlangt wird, dass man sich selber dem System anpasst. Eine Anpassung an individuelle Bedürfnisse ist einfach nicht vorgesehen.


    Das geht natürlich völlig an der Inklusion vorbei. Es wird ja immer noch gerne von Extrawürsten gesprochen. :icon_rolleyes
    Wer kann denn unserer Regierung, den Kostenträgern und Leistungserbringern mal den Sinn und Zweck von Inklusion erklären?
    Ich glaube, wenn man Politiker verschiedener Parteien und Mitarbeiter der Behörden und Leistungserbringer auffordert, die Inhalte der Inklusion und deren Umsetzung zu erklären, wird man wohl erstaunt sein, was so manch einer unter Inklusion versteht.
    Gerne würde ich z.B. mal Frau Andrea Nahles interviewen. Auf ihre Meinung wäre ich besonders gespannt.

  • Hi,
    ich kann nicht wirklich neues beitragen, wollte aber ein paar Sachen anmerken:
    1.) Lynkas: ich schäme mich schon wieder für meinen Berufsstand, wie so häufig...
    2.) @Dario: dieses Abmildern, abschwächen und den Biss verlieren, das bequemer werden heißt ALTER!!! Traurig aber war, wir werden einfach alt und bequemer (der Rest stimmt natürlich auch, aber das merk ich an mir), wir müssen mit unseren Ressourcen besser haushalten
    3.) Ich versuche in meinem Alltag so inklusiv wie möglich zu sein, ich sehe da durchaus Chancen, das Denken des einen oder anderen zu verändern und dann auch das Handeln, für mich ist das der Weg, der für mich am meisten verändert (für aktivistisches hab ich leider keine Kraft mehr)...Dazu gehört auch, immer wieder "Nicht-Betroffene" darauf hinzuweisen, dass es nur eine Nuance ist zwischen Betroffen und Nichtbetroffen...


    LG, Finnja

  • ich schäme mich schon wieder für meinen Berufsstand, wie so häufig


    Ach nein, Finnja, Du musst Dich nicht fremdschämen. Schämen sollte sich eher die konkrete Sozialpädagogin die mir heute sagte, sie würde verstehen, wenn die Mitarbeiter in einem Kindergarten Angst vor dem potentiellen Gewaltpotential einer Frau mit Autismus hätten :( , denn zu ihr sei ich ja auch so unterschwellig aggressiv ?(:( . Ich hätte am liebsten geweint. Ich kann aber nur selten weinen. Bin eher verstockt, wie mit Eis gefüllt. Musste dann erstmal bisschen spazierengehen. Ich muss das jetzt ganz schnell vergessen, einfach weiter machen. Weiß gerade nicht, ob ich wirklich mit dieser Frau zusammen"arbeiten" will, aber ich habe keine Alternative.

  • Hallo Lynkas,


    ich finde das ganz schlimm, was Dir da im Real Life als "Anti-Hilfe" entgegengebracht wird. Es wird noch ein weiter Weg, bis die NT-dominante Gesellschaft lernt, welche Art von Stütze und/oder zu schaffenden Freiraum man für Autisten zur Verfügung stellen muss, bzw welche Barrieren man wegräumen muss, ob nun im Arbeitsleben oder anderswo.


    Wir brauchen einfach mehr so Projekte wie Autworker, bzw eine Ausweitung solcher Projekte wie Auticon auch auf IT-ferne Bereiche ...


    Es ist sicherlich ein schlechter Trost, aber Du bist mit Deinen Texten, ob hier oder auf Deiner HP, oder anderswo, eine Vorkämpferin. Bitte mehr davon. :)


    Gibt es vielleicht eine Möglichkeit für Dich, frei(beruflich) zu arbeiten, eben zb mit Texten, publizistisch, oder dergleichen ??


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    Einmal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Lynkas, wenn ich das so lese, wird mir echt schlecht. Ich kann irgendwie nicht nachvollziehen, warum du unterschwellig aggressiv sein sollst. Ich glaube persönlich das es eher eine Fehleinschätzung ist, weil du vielleicht manche Emotionen nicht in dem Ausmaß zeigst wie ein NT-Mensch.


    Ich bin ehrlich geschockt, dass so etwas zu dir gesagt wird. Auf mich hast du persönlich noch nie aggressiv oder dergleichen gewirkt.


    Kannst du vielleicht mal nachfragen, wie diese Frau darauf kommt? Ich wünsche dir einfach von Herzen das du endlich Menschen findest, die dich verstehen oder zumindest bereit sind sich mit dir und deinen Bedürfnissen auseinander zu setzen. Solche Behauptungen in den Raum zu stellen finde ich nicht gerade professionell.


    Hmm... Hast du mal überlegt einen Brief an diese Frau zu schreiben? Mir persönlich fällt es manchmal einfach leichter in einem Brief zu schreiben was eine Aussage mit mir macht, was ich denke, fühle etc. Dadurch habe ich für mich mehr Distanz, mehr Ruhe und Zeit und kann mich besser öffnen.

  • Ich hatte früher viele Berührungsängste gegenüber erwachsenen Autisten, und auch gegenüber Hochbegabten. Das merke ich auch zB, wenn ich uralte Forenbeiträge von mir anschaue. Das hat sich gelegt nach und nach im Austausch übers Netz, und später auch Offline, Face-to-Face. Es gibt ein paar Aspergerinnen, die ich sehr ins Herz geschlossen habe, und auch sonst ist da Normalität eingekehrt. Das macht vieles leicht, normal eben.
    Ich glaube, das ist ein Teil des Problems: Ganz viele Menschen, auch Profis, haben keine Vorstellung, haben Berührungsängste, wissen nicht wie sie sich benehmen sollen. Wie mit einer fremden Kultur quasi.
    Wenn man dann mal eingetaucht ist ins neurodiverse Miteinander, dann geht diese Wand aus Klischees, Fehlinformationen, Nichtwissen und Ängsten weg. :)


    das soll jetzt diese Sozialarbeiter in keiner Weise entschuldigen - denn es wäre Teil ihrer Aufgabe, sich da zu öffnen.
    Da muss einfach noch viel passieren.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Hallo,
    Ihr seid nett, wie Ihr schreibt, danke :)


    Hast du mal überlegt einen Brief an diese Frau zu schreiben?


    Tja, sie mag nicht so gerne etwas lesen. Sie sagt, sie mache sich ungern ein "Bild" von mir aus "Geschriebenem". Sie mache sich gerne "ihr eigenes Urteil" sagt sie. Man nennt's wohl "postfaktisch" oder "Pipi-Langstrumpf Prinzip" (ja, das war jetzt böse, ich böser Mensch) :evil:
    Lynkas grüßt.

  • Hmmm... Lynkas, die Frau ist ja doof. *grml*
    Vielleicht hilft es dir aber trotzdem, einen Brief zu schreiben? Dann kannst du für dich zumindest die Sache sortieren, reflektieren und deine Meinung los werden.
    Ich hab das auch schon gemacht. Briefe geschrieben obwohl ich wusste, das ich sie nicht abschicken werde....


    Aber gut, das ich jetzt weiß, was das Pipi-Langstrumpf-Prinzip ist... Kannte ich bisher noch gar nicht.

  • Hallo,

    Vielleicht hilft es dir aber trotzdem, einen Brief zu schreiben? Dann kannst du für dich zumindest die Sache sortieren, reflektieren und deine Meinung los werden.


    Ja, das ist eine gute Methode. Das tue ich, seit ich denken kann: erst im Kopf, sobald ich schreiben konnte wirklich schriftlich. Ich hätte all die Jahre gar nicht emotional überlebt, wenn ich nicht immer und immer fast alles aufgeschrieben hätte, denn mit dem Sprechen mit anderen Menschen war es (und ist es oft immer noch) ganz schlecht. Dadurch habe ich natürlich oft Dinge schon stark reflektiert, die anderen noch gar nicht bewusst geworden sind. Und meine Schreibkompetenz spiegelt absolut nicht meine verbale Kommunikationskompetenz wieder.
    Leider ist diese Frau nicht irgendeine Sachbearbeiterin sondern meine Arbeitsassistenz bzw. Integrationsberaterin. Sie soll mit mir zur Arbeit gehen, für mich "Networking" machen. Tja, bei den Voraussetzungen eher suboptimal.
    Lynkas grüßt.

  • Hat diese Frau nicht einen Vorgesetzten?


    Sorry, aber so kann das ja gar nicht funktionieren. Es ist unheimlich wichtig, dass sie sich auf eine gute Kommunikation mit dir einlässt und wenn das eben schriftlich besser geht als verbal, dann muss sie das so akzeptieren.


    *seufz* Ich verstehe wirklich nicht, warum es immer wieder Menschen gibt die einen so dumme Steine in den Weg legen die nun wirklich nicht sein müssten.

  • Lynkas, vielleicht hilft das ein bisschen weiter:
    Bundessozialgericht stärkt die Rechte von Menschen mit Autismus, aber auch von anderen Menschen mit Behinderung.
    http://rollingplanet.net/klaeg…e-begutachtung-verlangen/


    In diesem Fall geht es zwar um das Recht auf eine barrierefreie Begutachtung, aber es wird deutlich, dass Autisten eine barrierefreie Kommunikation benötigen und auch ein Recht darauf haben. Vielleicht solltest du das den sogenannten "Fachleuten", mit denen du zu tun hast, zukommen lassen.

  • Hat diese Frau nicht einen Vorgesetzten?


    Sie hat eine Vorgesetzte. Ich bin mir aber nicht sicher, ob diese Vorgesetzte mich eben gerade nicht in ihrem Projekt haben will.
    Die Unterstützte Beschäftigung, die ich vorher gemacht habe, ist auch dort versucht worden, und damals klang das immer so, als würde diese Chefin mich als ungeeignet ansehen.
    Mir wurde von meiner damaligen Integrationsberaterin berichtet, dass die Chefin Ansichten hatte, die sich anhörten, als müsse man mich nach der ABA Methode "behandeln" - was natürlich so lächerlich ist wie nur was.
    Ein weiteres Problem ist, dass ich ja nicht arbeiten "muß". Es ist sogar sehr teuer, dass ich eine Arbeitsassistenz möchte/brauche.
    Ich sollte eigentlich zuhause bleiben, Grundsicherung bekommen - denn es ist beruflich nie gelaufen bei mir, daher auch die Einstufung als "voll erwerbsgemindert".
    Ich kann nicht einfach mal "irgendwas Ehrenamtliches" oder "irgendeinen Mini-Job" machen. Nur mit Unterstützung, Assistenz. Aber es konnte mir niemand einen anderen Anbieter für unterstützte Arbeit nennen - klar, warum auch. Kostet ja alles was. Besser, ich weiß von nichts.
    Für Kinder besteht Schulpflicht, da ist es notwendig, dass Eingliederung läuft (mit allen Schwierigkeiten, die dann auch wieder auftreten).
    Aber ich bin ein nerviger Kostenfaktor. Mit Grundsicherung kommt man bei mir sehr billig weg, da ist es ausgesprochen störend, wenn ich mehr will.
    Wer hat davon, mich zu "inkludieren"? Niemand. Insbesondere dann nicht, wenn ich nicht wieder nur den Putzwagen durch die Flure schieben will.
    Und wenn ich einfach nur noch || bin durch diese endlosen Rechtfertigungen und Anstrengungen, dann sagt man mir:
    siesde, würde ja eh nicht gehen, mit der Arbeit, bleib mal lieber zuhause, ist doch schön, dann kannst du machen was du willst den ganzen Tag :(