Bundesverfassungsgericht: Bemerkungen im Abiturzeugnis über die Nichtbewertung einzelner Leistungen sind grundsätzlich geboten

  • Ob die das so wollten? Keine Ahnung.

    Muss man das als Rechtsanwalt und als unterstützender Verband nicht mit einkalkulieren, dass das Ding auch nach hinten losgehen kann?



    Guck mal Ella, was die vor dem BVerfG vorgetragen haben:

    Zitat

    Das allgemeine Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil Zeugnisbemerkungen nur bei Schülerinnen und Schülern mit einer Legasthenie angebracht worden seien, nicht jedoch in allen anderen Fällen, in denen wegen anderer Behinderungen von den Leistungsanforderungen abgewichen worden sei. So sei bei spastisch gelähmten oder blinden Schülern auch dann keine Bemerkung in das Abiturzeugnis aufgenommen worden, wenn es wegen dieser Behinderungen nicht möglich gewesen sei, die Rechtschreibleistungen abzuprüfen. Dasselbe gelte für taube Schüler, denen es behinderungsbedingt verwehrt gewesen sei, ihr Hörverständnis und ihre akustische Auffassungsgabe im Fach Musik nachzuweisen. Ein rechtfertigender Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht verkannt, wenn es die Entscheidung über die Aufnahme von Zeugnisbemerkungen bei Abweichungen von den Leistungsanforderungen in das Ermessen der Schulaufsicht stelle.

  • Und die naheliegende Entscheidung wäre dann gewesen , auch Legastheniker haben Anspruch darauf, das der Nachteilsausgleich unerwähnt bleibt, und nicht er muss nun bei allen behinderten Schülern im Zeugnis stehen.

    Gegen Karlsruhe kann man nicht klagen, oder? Ist letzte Instanz, richtig? Ableistisch ohne Ende.

  • Und die naheliegende Entscheidung wäre dann gewesen , auch Legastheniker haben Anspruch darauf, das der Nachteilsausgleich unerwähnt bleibt, und nicht er muss nun bei allen behinderten Schülern im Zeugnis stehen

    Meist ist es dann so, dass man den „Vorteil“ nicht bekommt, sondern alle anderen den Nachteil.


    Gegen Karlsruhe kann man nicht klagen, oder

    Ende Gelände

  • Und die naheliegende Entscheidung wäre dann gewesen , auch Legastheniker haben Anspruch darauf, das der Nachteilsausgleich unerwähnt bleibt

    Das Bundesverfassungsgericht sagt, das wäre ungerecht gegenüber Schülern mit schwacher Rechtschreibung ohne LRS bzw. gegenüber allen Schülern, bei denen die Rechtschreibung bewertet wurde.

    Das ist ja so das Totschlagargument , Schüler ohne Behinderungen würden benachteiligt, wenn Schüler mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Das ganze ist ein Feldzug gegen Behinderte, gegen Nachteilsausgleich und gegen Inklusion.

    Warum bekommen denn schwache Rechtschreiber keine Unterstützung? Ich kenne diese ganze Argumente von den Inklusionsgegnern in und auswendig.

    Und das , wo Deutschland bei der Staatenprüfung zur BRK so arg kritisiert wurde. In der Staatenprüfung wurde auch das Urteil von Karlsruhe bezüglich der Triage von Behinderten kritisiert, das es das Problem zwar aufgreift, aber alles zu kurz gedacht und wenig zielführend sei.

  • Der Bundesverband Legasthenie begrüßt das Urteil. :?:


    https://www.bvl-legasthenie.de…eil_BVerfG-22.11.2023.pdf

    Wahrscheinlich haben die nur die Pressemitteilungen gelesen. (Scherz)


    Hier nochmal das andere Urteil aus Sicht der Monitoring Stelle ( Sorgerechtsentzug wegen Verweigerung eines Förderschulbesuches)


    https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/PDF/Sonstiges/Interview_Kindeswohl_muss_im_Lichte_des_Rechts_auf-inklusive_Bildung_verstanden_werden.pdf

  • Wie gesagt, ich finde die Seite vom Kultusministerium , wo die ganzen Sofortmaßnahmen und Nachteilsausgleiche aufgezählt waren nicht mehr. Das gab es und die Broschüre. Alles weg.

    Hast Du die noch offline oder als Datei?


    Könntest Du mir die Datei schicken oder, wenn Du nur den Ausdruck hast, mir ein Foto von der Titelseite schicken?

    Datei hatte ich gestern schon geguckt, aber nix gefunden. Die Ausdrucke liegen irgendwo in Unterlagen verbuddelt. da bin ich jetzt zu faul zum suchen. Falls mir durch Zufall was in die Hände fällt, mach ich Foto.

  • Zitat

    "Wir fordern, dass die Nichtbewertung der Rechtschreibung als Nachteilsausgleich zählt und somit nicht im Zeugnis vermerkt wird. Das ist keine Privilegierung, sondern lediglich eine Kompensation."


    Annette Höinghaus, Pressesprecherin Bundesverband für Legasthenie und Dyskalkulie

    https://amp-zdf-de.cdn.ampproject.org/v/s/amp.zdf.de/nachrichten/politik/legasthenie-rechtschreibung-abitur-zeugnis-100.html


    Interessant, so wird es für mich verständlicher.

    Es geht um den Unterschied Notenschutz und Nachteilsausgleich... Nachteilsausgleiche dürfen weiterhin nicht erwähnt werden, stimmt das?

  • Der Link funktioniert nicht bei mir.


    Ja, es geht nur um Notenschutz, aber die Grenzen sind da fließend.

  • Mir war noch garn nicht bekannt, das es da überhaupt einen Unterschied gibt

    Mir war noch gar nicht bekannt, das es da überhaupt einen Unterschied gibt.

    Beispiel hier:

    https://www.dalberg-gymnasium.de/wp-content/uploads/2017/03/Nachteilsausgleich-und-Notenschutz.pdf



    Der Nachteilsausgleich betrifft lediglich die Änderung der Prüfungsbedingungen.
    Die BaySchO [= Bayerische Schulordnung, seit 1.7.2016 in Kraft] schlägt hier zehn Maßnahmen vor:
     Eine Arbeitszeitverlängerung um bis zu ein Viertel
     Methodisch-didaktische Hilfen einschließlich Strukturierungshilfen (wie beispielsweise das Vorlesen
    von Aufgabenstellungen, Größerkopieren der Angabe)
     Einzelne mündliche durch schriftliche Leistungsfeststellungen (und umgekehrt) zu ersetzen
     Auswählen praktischer Leistungsnachweise entsprechend der Beeinträchtigung
     Zulassen spezieller Arbeitsmittel
     Abhalten der Prüfungen in gesonderten Räumen
     Gewähren zusätzlicher Pausen
     Größere Exaktheitstoleranz (beispielsweise Geometrie, Schriftbild, zeichnerische
    Aufgabenstellungen)
     Zulassen einer Schreibkraft bei besonders schwerer Beeinträchtigung
     Unterstützung durch einen Schulbegleiter
    Die konkret in Anspruch genommenen Maßnahmen zum Nachteilsausgleich werden auf der Schülerarbeit
    vermerkt, es erfolgt jedoch kein Eintrag im Zeugnis.


    Der Notenschutz betrifft dagegen den Leistungsinhalt, also Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, die von
    Schulordnung und Lehrplänen vorgegeben sind.
    Die BaySchO schlägt für die Lesestörung folgende Maßnahme vor:
     Verzicht auf die Bewertung des Vorlesens in Deutsch und den Fremdsprachen
    Die BaySchO schlägt für die Rechtschreibstörung folgende zwei Maßnahmen vor:
     Verzicht auf die Bewertung der Rechtschreibleistung
     Stärkere Gewichtung der mündlichen Leistungen in den Fremdsprachen mit Ausnahme der
    Abschlussprüfung (z.B. 1 : 1 – Bewertung)



    Also In Niedersachsen war das, was hier unter Notenschutz steht, grundsätzlich Nachteilsausgleich.

    Es ist halt auch in jedem Bundesland anders.

  • Aber bei Autismus. Nicht Legasthenie. Macht ja auch Sinn, wenn verschiedene Behinderungen verschieden berücksichtigt werden.

    Zum Beispiel kann jemand der gehörlos ist und nur gebärdet auch nicht vorlesen. Von daher muss ja als Nachteilsausgleich die höhere Bewertung von schriftlicher Leistung erfolgen, und Vorlesen geht nun auch nicht. Auch bei Sprachbehinderungen muss da Nachteilsausgleich hin. Wie gesagt, das steht/stand so auch unter den offiziellen Nachteilsausgleichen , In der Regel werden zur Vergleichbarkeit das Ersatzleistungen angeboten, da die Lernziele ja erreicht werden müssen. Vorlesen ist Lernziel in der Grundschule, aber nicht auf dem Gymnasium,