Kindergarten-Alter

  • Hallo,


    Zitat von Mina

    Zu Hause hat sie immer ganz normal bzw. auch viel gesprochen. Was dann aber aufgefallen ist, sie hat hauptsächlich über das gesprochen was sie interessiert hat, normale Dialoge waren oft nur mühsam notwendig. Auf Fragen kamen keine Antworten. Sie hat einfach mehr oder weniger ihren Text hinuntergesprochen.

    Das ist bei Hans auch so. Nur das Sprachniveau ist bei Minas Tochter (HB) und Hans (gB) natürlich sehr unterschiedlich, und die Durchdringung der Spezialinteressen sicherlich auch.


    Zitat von Mina

    Früher gab es halt auch viele Mißverständnisse, weil sie oft davon ausging, dass andere wissen, was sie möchte ohne etwas zu sagen

    Auch das ist bei uns genauso gewesen, erst langsam dämmert ihm, dass es anders sein könnte.


    Perfektionistisch ist Hans leider auch, das ist in Kombi mit Dyspraxie und gB eine seeeehr große Bremse (weil er einfach nichts mehr angefangen hat, bzw nach einem ersten Versuch für immer aufgesteckt). Erst die letzten Jahre wird das langsam besser.
    Da Intelligenz sich ja dynamisch und in Wechselwirkung mit der Umwelt beim kleinen Kind entwickelt, dürfte vermutlich auch ein Teil der kognitiven Probleme aus dieser ungünstigen Kombi Perfektionismus plus Dyspraxie stammen ... Wer nicht spielt, kein exploratives Verhalten hat, der lernt halt auch viel viel weniger, der verbindet viel viel weniger Synapsen, wie soll sich da der Grips entwickeln? Vielleicht war er damals auch so völlig absorbiert von der überfordernden Wahrnehmung, im Nebel quasi ...



    Zitat von michie"

    Es ist spannend, dass sich so viele Dinge bei den Kindern decken oder ähneln.

    Das finde ich auch, sehr sogar. Das lässt sich tatsächlich nur in so "komprimiertem" Austausch im Netz feststellen. Wenn man die Kinder, die soviel gemeinsam haben, dann im echten Leben in einem Raum sieht, sind sie doch völlig verschieden, und wirken oft, als hätten sie rein nichts gemeinsam - das ist jedenfalls meine Erfahrung.
    Entsprechend habe ich sehr sehr vieles an Hans erst verstanden durch den Austausch mit erwachsenen Autisten bzw mit Müttern autistischer Kinder.
    Ich will lieber gar nicht wissen, wo wir ohne das heute stünden ...

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    6 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Sie hat ihm wohl am Freitag verboten, dass er auf die Bank klettert und von dort hinunterspringt (Problem: zu Hause darf er das nämlich, das musste ich ihm am Wochenende erklären, dass das im KiGa nicht geht). Was tut er? Schnappt sie bei der Hand und sagt zu ihr "Gehen wir turnen". Sie geht mit. Er schiebt sie in den Turnsaal, macht die Tür zu, von außen, und geht zurück in den Gruppenraum, um zu klettern.


    Also ehrlich gesagt finde ich, dass dein kleiner Prinz in gewisser Hinsicht alles richtig gemacht hat.
    Er hat erkannt, WAS das Problem ist (nämlich die I-Kraft die es verbietet, weil es die Regel ist) und hat dann auch noch eine tolle Lösung gefunden (die I-Kraft geht turnen, ist weg von mir und ich kann wieder klettern und springen). Ich finde das ist eine tolle Leistung für ein Kind, vor allem aber für ein Kind das eben viele Einschränkungen durch eine Behinderung hat.

  • Wer nicht spielt, kein exploratives Verhalten hat, der lernt halt auch viel viel weniger, der verbindet viel viel weniger Synapsen, wie soll sich da der Grips entwickeln? Vielleicht war er damals auch so völlig absorbiert von der überfordernden Wahrnehmung, im Nebel quasi ...


    Das finde ich spannend und ich frage mich sehr oft, ob autistische Kinder mit einer geistigen Behinderung mit durchschnittlichem IQ auf die Welt gekommen sind und erst durch das fehlende Spiel, durch die geringe Motivation und schwach ausgeprägtem Ehrgeiz erst in den Bereich der geistigen Behinderung hineinrutschten, weil sich das Gehirn ja gar nicht so entwickeln konnte, wie bei nichtautistischen Kindern.
    Versteht ihr was ich meine?


    Ich habe immer früher zu den Therapeuten, Psychologen und Lehrern gesagt, dass mein Sohn keine geistige Behinderung hat und dass da etwas anderes sein muss. Beschreiben konnte ich das nicht. Ich wurde immer nur belächelt und gar nicht ernst genommen.

  • Ich will lieber gar nicht wissen, wo wir ohne das heute stünden


    Ich kann dir gar nicht sagen, wie überglücklich ich bin, dass ich euch alle im Netz gefunden habe, und so rasch noch dazu, praktisch noch vor der definitiven Diagnose. Ganz ohne Beschönigungen: keine Ahnung, wo ich psychisch heute wäre, ohne die Tipps und Ratschläge von euch erfahrenen Autistenmamas.


    Ich finde das ist eine tolle Leistung für ein Kind, vor allem aber für ein Kind das eben viele Einschränkungen durch eine Behinderung hat


    Ja, Trixi, das finde ich auch. Ich freue mich immer sehr, wenn ich höre oder selbst sehe, dass er sich doch zu behaupten und seine Wünsche durchzusetzen versucht, bzw. Flexibilität zeigt. Vielleicht schafft er es ja dann auch, einmal ein selbstbestimmtes Leben zu haben. Gestern beim Herbstspaziergang hat er das erste Mal im Freien Pipi gemacht. Früher hätte er sich eher in die Hosen gemacht, als im Stehen zu pinkeln. Ich hab mich so gefreut! Wenn er in absehbarer Zeit auch noch lernt, mit einem Strohhalm zu trinken und sich zu schnäuzen, dann tanze ich.


    und erst durch das fehlende Spiel, durch die geringe Motivation und schwach ausgeprägtem Ehrgeiz erst in den Bereich der geistigen Behinderung hineinrutschten, weil sich das Gehirn ja gar nicht so entwickeln konnte, wie bei nichtautistischen Kindern


    Ella, das ist genau die Sache, die mich am allermeisten beschäftigt und verängstigt. Kann man denn - unter Achtung der Menschenwürde, und nicht nach ABA-Manier - Lerninhalte in die kleinen Köpfe importieren, ohne den Kindern die Kindheit zu versauen? Muss man es einfach hinnehmen, dass sich das Gehirn des eigenen Kindes möglicherweise nicht so gut entfalten wird? Oder würde es das Kind glücklicher machen, wenn man sich da jetzt als Mama mehr reinhängt und übt und übt, damit es auch so viele Dinge lernen kann wie andere?

  • Ich freue mich immer sehr, wenn ich höre oder selbst sehe, dass er sich doch zu behaupten und seine Wünsche durchzusetzen versucht, bzw. Flexibilität zeigt. Vielleicht schafft er es ja dann auch, einmal ein selbstbestimmtes Leben zu haben. Gestern beim Herbstspaziergang hat er das erste Mal im Freien Pipi gemacht. Früher hätte er sich eher in die Hosen gemacht, als im Stehen zu pinkeln. Ich hab mich so gefreut!

    Hinweis: das wäre ein toller Beitrag in dem Threat "Ergolge" !!! cooool!!! und meinen Glückwunsch!


    J
    onna
    ~~~~~~~~~~
    mit Jesper und Felix *2006 (Down Syndrom PLUS, gehörlos und weitere Baustellchen...)




    Einmal editiert, zuletzt von Jonna ()

  • Ein kurzes Update: der kleine Prinz macht sich nach wie vor prima im Kindergarten. Er hat beim Laternenfest mitgemacht (ich bin mit ihm an der Hand gelaufen), er hat an seinem Geburstag trotz kurzer Nacht (Aufregung?) seine Geburtstagskind-Rolle genossen und sogar mitgesungen (worüber sich offenbar auch die anderen Kinder total gefreut haben), er hat sich über meine selbstgemachte Torte gefreut, hat die Geschenke als seine erkannt und angenommen und hat immer wieder das Wort "feliz" gesagt (glücklich) - ich hoffe, er meinte sich selbst. Er tanzt jetzt auch immer öfter beim Musikhören, das gefällt mir, weil es mir vorkommt, als würde er expressiver werden.


    Als ich ihn heute in den KiGa brachte, meinte die Leitung, dass wir es ab morgen um eine halbe Stunde länger versuchen werden. Er wurde auch schon einmal von seinem Papa hingebracht und abgeholt - auch ganz ohne Probleme. Ich bereite ihn einfach auf alles vor, erkläre ihm viel, visualisiere ihm viel - und damit geht es ihm wirklich gut. Wie ich mich freue! Auch kann ich ihn nun schon besser lesen und weiß, wenn er einfach seine Ruhe braucht. An seinem Geburtstag war die ganze Familie da, und er war wirklich viel alleine in seinem Zimmer. ;)

  • Ein kurzes Update: der kleine Prinz macht sich nach wie vor prima im Kindergarten. Er hat beim Laternenfest mitgemacht (ich bin mit ihm an der Hand gelaufen), er hat an seinem Geburstag trotz kurzer Nacht (Aufregung?) seine Geburtstagskind-Rolle genossen und sogar mitgesungen (worüber sich offenbar auch die anderen Kinder total gefreut haben), er hat sich über meine selbstgemachte Torte gefreut, hat die Geschenke als seine erkannt und angenommen und hat immer wieder das Wort "feliz" gesagt (glücklich) - ich hoffe, er meinte sich selbst. Er tanzt jetzt auch immer öfter beim Musikhören, das gefällt mir, weil es mir vorkommt, als würde er expressiver werden.


    Als ich ihn heute in den KiGa brachte, meinte die Leitung, dass wir es ab morgen um eine halbe Stunde länger versuchen werden. Er wurde auch schon einmal von seinem Papa hingebracht und abgeholt - auch ganz ohne Probleme. Ich bereite ihn einfach auf alles vor, erkläre ihm viel, visualisiere ihm viel - und damit geht es ihm wirklich gut. Wie ich mich freue! Auch kann ich ihn nun schon besser lesen und weiß, wenn er einfach seine Ruhe braucht. An seinem Geburtstag war die ganze Familie da, und er war wirklich viel alleine in seinem Zimmer. ;)


    Prima, weiter so :)

  • Hey Michie,


    das freut mich sehr, dass der kleine Prinz sich jetzt so ins Leben stürzt :)


    und besonders freut mich auch, dass er schon ein Gefühl dafür entwickelt hat, wann er sich besser zurückzieht. :thumbup:

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • Ich find es toll, so viel positives über den kleinen Prinz zu lesen und muss immer lächeln, wenn ich neue Fortschritte lese. Es freut mich wirklich sehr und ich wünsche dir und deinem kleinen Prinzen das ihr noch ganz viele tolle Fortschritte machen werdet!

  • Heute war ein sehr komisches Vorkommnis bei der Musiktherapie. Die Therapeutin ist wirklich supernett, sie ist die erste Person überhaupt, bei der der kleine Prinz von Anfang an komplett alleine blieb. Heute war ja zu Mittag schon dieser Vorfall, wo er zu weinen begann, als ich mit seiner Schwester schimpfte. Am Nachmittag sind wir dann zur Musiktherapie gefahren, ich habe ihn hingebracht und im Warteraum auf ihn gewartet und währenddessen gelesen.


    Nach ca. einer halben Stunde kam die Therapeuting mit ihm - in nassen Hosen - raus. Er hatte sich offenbar nicht getraut ihr zu sagen, dass er aufs Klo muss... Ihm war das glaube ich total peinlich und er meinte sofort, als er mich sah "Jetzt fahren wir heim". Mich haut zum Glück nichts so schnell vom Hocker und die hatten dort sogar Notfallkleidung, also musste er nicht in nassen Hosen heimfahren. Aber er hat mir total leid getan, und irgendwie reflektiere ich seither, wo da heute der Hase im Pfeffer lag ...


    Sowas ist ihm eigentlich noch nie passiert! Kann das damit zusammenhängen, dass er heute irgendwie generell eine nicht so gute Eigenwahrnehmung hatte? Oder interpretiere ich da zu viel herum?

  • Kann es sein, dass du beim Schimpfen lauter warst?
    Ich würde jetzt mal vermuten, dass er zumindest die Stimmung mit bekommen hat. Bei mir ist es auch so, das ich mich schlecht fühle, wenn jemand schimpft. Auch dann wenn es mich eigentlich gar nicht betrifft.
    Hat er denn vorher bei der Therapeutin Bescheid sagen können, wenn er auf´s Klo muss, oder ist es rein zufällig das 1. Mal gewesen und er wusste nicht genau wie er das nun machen soll?

  • Es war das erste Mal, dass er bei ihr aufs Klo musste, ja. Aber es funktioniert im Kindergarten und in der Ergo so gut, dass ich wohl schon wieder nachlässig wurde mit dem Mitdenken. Vielleicht hätte ich die Therapeutin gleich das erste Mal darauf aufmerksam machen sollen, dass er immer ganz hibbelig wird, wenn er aufs Klo muss. Ich weiß ja eigentlich, dass er es ganz lange rauszögert, und da er sie noch nicht so gut kennt, war es ihm vielleicht sogar ein wenig unangenehm?

  • Ich würde sagen, du hast das Problem gefunden...
    - Die Therapeutin wusste nicht Bescheid und konnte daher nicht erkennen, das er auf´s Klo muss.
    - Er selber konnte nicht Bescheid sagen, das er auf´s Klo muss.


    Ich würde dir empfehlen noch mal mit der Therapeutin zu sprechen, aber vor allem auch mit deinem Sohn. Das es eben ganz wichtig ist, das er Bescheid sagt. Er hat ja jetzt gemerkt, das es nicht funktioniert, wenn er nicht Bescheid sagt.
    Ich denke, er hat einfach noch kein "Muster" für diese Situation. Wenn ich mich richtig erinnere dann fällt es Autisten ja unheimlich schwer eine Situation in eine ähnliche Situation zu übertragen. Sprich er kennt das "Muster" für Kindergarten und die andere Therapie, war aber nicht in der Lage dieses Muster in dieser Therapie ebenfalls anzuwenden.

  • Ja, das war mir (leider im Nachhinein erst) dann auch klar. Ich habe es sofort im Anschluss mit der Therapeutin und ihm gemeinsam besprochen. Ihm habe ich erklärt, dass er auch zu ihr ganz problemlos sagen kann, dass er aufs Klo muss, und ihr habe ich ein paar Anzeichen genannt, wie er sich verhält, wenn er muss. Es fällt ihm oft leichter, wenn ihn jemand fragt, ob er muss, einfach nur "Ja" zu sagen ... ;)

  • Stimmt, das ist natürlich einfacher. ;)
    Aber mach dir deswegen nicht zu viele Gedanken...
    Es gibt auch Grundschüler bei denen es nochmal in die Hose geht. Vor lauter Aufregung oder sonst irgendwas. Das ist gar nicht sooo ungewöhnlich. :)

  • Danke Trixi. :)


    Ich habe übrigens am 15. Dezember wieder einmal ein Gespräch mit der Kindergärtnerin und der Sonderkindergartenpädagogin. Ich habe darum gebeten, weil der kleine Prinz ja nun schon gut 3 Monate dort ist und ich einfach gerne wieder einmal ein Update bzw. Ziele festgesteckt hätte.


    Im Kindergartenalltag ist der kleine Prinz nun soweit gut inkludiert. Er macht sowohl bei den Morgenkreisen, als auch bei der Jause und beim Turnen schon aus eigener Motivation mit, inkl. Klatschen und mitunter sogar Singen. Finde ich wunderbar, da lacht mein Herz.


    Einzig im direkten Kontakt mit den anderen Kindern hapert es noch. Er spricht einfach nicht mit ihnen. Den Erwachsenen sagt er, was er will oder nicht will oder was er braucht (Wasser, Klo, etc.), aber die Kinder können ihn grüßen oder anderweitig ansprechen, da sagt er gar nichts. Wenn ich dabei bin, dann sage ich ihm vor, was er sagen soll, dann sagt er es ...


    Hier bei uns gab es noch nie ein autistisches Kind im Kindergarten, und die Sonderkindergärtnerin ist nur 1x pro Woche für 2h da, sie ist aber absolut positiv eingestellt was die Entwicklung des kleinen Prinzen angeht. Welche Punkte werden denn bei euch in Deutschland in solchen Gesprächen abgehandelt? Dass seine Entwicklung autismusbedingt etwas verzögert ist, ist ja klar. Aber das ist ja nicht Hauptthema im Kindergarten. Denkt ihr, die Ergotherapeutin sollte da mit? Vielleicht habt ihr ja Input für mich ... Danke!

  • Hallo Michie!


    Freut mich zu lesen, dass ihr so tolle Fortschritte macht. Meine Tochter hat im Kindergarten auch gar nicht mit den anderen Kindern gesprochen, obwohl viele zu ihr Kontakt haben wollten. Sie ist entweder nur dagesessen oder davon gelaufen / gegangen. Erst als sie zur Schule gekommen ist bzw. eher ab dem 2. Schuljahr hat sie begonnen auch mit anderen Kindern zu reden. Inzwischen macht ihr das auch kaum noch was aus. Ich hoffe, dass das bei euch mit dem Alter dann auch besser wird.


    LG Mina