Beiträge von Lynkas

    Hallo Enscha,
    Du schilderst ein ganz typisches Problem.
    Es fällt unter die Rubrik "Menschen mit Behinderung leisten mehr als Menschen ohne Behinderung", und zwar NICHT so, wie diese Wendung immer verstanden wird.


    Wie kannst Du es den Pädagogen und der Schulbegleitung erklären? Schwierig, denn das Verhalten Deines Kindes gilt in der Gesellschaft/unter Pädagogen als wünschenswertes Verhalten, auf das hin trainiert wird.


    Ich hatte/habe mit demselben Problem die gesamte Schulzeit zu tun. Ohne Nachteilsausgleich, ohne Schulbegleitung, "inkludiert", bevor es den Begriff gab. Ich wurde einfach "mitgeschleppt" als stumme Schülerin, angenehm "pflegeleicht". Das war nicht gut. Jemand hätte es für mich sagen müssen, was los ist, wie es mir ging, was nach der Schule passierte, wie ich außer mich geriet. Es gab niemanden. Es gab Medikamente. Das war nicht gut und so etwas sollte heute frühzeitig aufgefangen werden.


    Bei Hans gibt es Dich.
    Du bist nicht die "überbehütende Mutter", sondern du bist die Mutter, die ihrem Kind das beste Leben ermöglichen will.
    Es hilft nur: sagen, sagen, sagen. Schildern, was Dein Kind (noch) nicht selbst schildern kann. Die richtigen Worte? Schwierig. Ich hatte sie erst später, als ich aufgetaut bin aus der Erstarrung meiner Schulzeit.


    Inklusion (und das kannst Du den Pädagogen ja auch sagen), bedeutet ja NICHT, dass dein Sohn sich bis zur Selbstverleugnung an alles anpasst (ich vermeide jetzt mal die Formulierung "an die Gesellschaft anpasst").


    Viele Menschen mit Autismus werden gute "Schauspieler". Ich z.B. bin auf "Außenwirkung" gedrillt und kann sagen: es war der falsche Weg. Ich agiere nach angelesenen Mustern, wie nach Drehbüchern. Leider müssen die anderen dann auch nach diesen Drehbüchern agieren. Ich habe immer mehrere mögliche Szenarien im Kopf, aber manchmal passt keins. Und ständig das Drehbuch wechseln kostet auch immer viel Energie.


    Wenn der Energieverlust, die Zwängigkeiten und dieses "sich nichts anmerken lassen" bei Deinem Sohn für Dich schon so sehr sichtbar sind, besteht Handlungsbedarf. Und Du bist die am dichtesten stehende Beobachterin, die Mutter. So dicht wird wohl kein Pädagoge oder Schulbegleiter herankommen.


    Die Pädagogen sollen Dein Kind aufs Leben vorbereiten bzw. ihm beim jetzigen Leben helfen, ihm "Werkzeuge an die Hand geben". Wenn sie nicht gerade Anhänger von ABA sind, darf es nicht in ihrem Sinne sein, Kinder zu dressieren, zu einem "Maskenspiel". Zuhause fällt dann die Maske. Das darf denen nicht egal sein.


    Ich habe vieles im Kopf, und schon in der Schule hatte ich was im Kopf, aber mein "Energietank" für das Leben ist nicht so groß wie der von Menschen ohne meine Behinderungen.
    Ich habe dazu auch mal etwas geschrieben.
    https://1satz.wordpress.com/category/energie/
    Die Beiträge erscheinen rückwärts chronologisch.



    Lynkas grüßt.

    Hallo Jonna,
    ein gutes Thema!

    Ich kenne KEINEN erwachsenen Menschen mit einer (mir bekannten) Autismusdiagnose! ... zumindest NICHT in einem Kontakt von Angesicht zu Angesicht!


    Dies kenne ich lediglich über Foren.


    In diesem Berich ist MIR aufgefallen, dass es in der Kommunikation -von außen betrachtet- nicht selten sehr HART zugeht!


    Das ist der Grund, warum ich mich in Autismus Foren und Selbsthilfegruppen überhaupt nicht gut fühle.
    Aber: ich kann auch selbst sehr hart sein mit Worten.
    Woran liegt das? Schwierig.

    Ich kenne eine ähnliche Tendenz auch aus der "Gehörlosen- Gruppe"


    Sowohl Gehörlosen als auch Autisten wird oft die Intelligenz abgesprochen.
    Das führt dazu, dass es in beiden Behindertengruppen immer Menschen geben wird, die sehr genau, sehr akribisch analysieren, was andere sagen/schreiben und mit der Zeit sehr genau, sehr scharf darauf antworten können.
    Sie erkennen Fehler/Schwächen bei anderen und zeigen dann, dass sie sehr wohl intelligent agieren können.


    Beiden Behinderungsgruppen ist zueigen, dass sie sich nicht oder nur zum Teil in der Sprachwelt des Großteils ihrer Mitmenschen befinden.
    Beide Gruppen sind zum Teil auf schriftliche Kommunikation angewiesen.
    Gerade schriftlich kann man sehr scharf argumentieren.
    Bei mir persönlich kommt dazu, dass ich alles immer sehr ernst nehme.
    Sich verstellen, "um den heißen Brei reden": das mag ich nicht.


    Ich bemerke Ironie sofort, aber ich lehne sie ab. Ich bin "allergisch" gegen Ironie.


    Ich mag es gerne exakt. Es regt mich auf, wenn einfach dahergeredet wird, und es (für mich) klar ist, dass man mit etwas Anstrengung seine "selbstverschuldete Unmündigkeit" hätte beseitigen können (ich merke: da werde ich schon wieder sehr scharf in meinen Formulierungen).


    Ich mag es aber gerne höflich. Ich mag gerne gesellschaftliche Regeln, aber keine Falschheit. Ich mag und akzeptiere, wenn etwas von Herzen kommt und ich wertgeschätzt werde. Dann fällt es mir nicht so schwer, Kritik anzunehmen und den anderen auch wertzuschätzen.


    Ich habe aber - und vielleicht ist es anderen aus dem autistischen Spektrum ebenso ergangen - wenig Muster im Kopf, wie man wertschätzend mit anderen umgeht, weil ich es selbst nicht sehr oft erfahren habe. Und ich handle nun einmal nach Mustern, die ich im Kopf gespeichert habe. Vieles habe ich aus Büchern und Filmen. Das funktioniert aber im wirklichen Leben nicht immer gut.


    Es kommt noch hinzu, dass es über Autismus einfach so viele Fehlinformationen und Mythen gibt, die einfach gar nicht als solche wahrgenommen werden.
    Beispiele, die sich an mir z.B. feststellen lassen: ich benutze sehr viele Redewendungen (angeblich verstehen Autisten keine Redewendungen).
    Die Sache mit der Ironie erwähnte ich schon oben.
    Ich habe keine mathematische sondern eine sprachliche Begabung (angeblich gibt es das bei Autisten nicht).
    Ich bin sehr empfindlich, was den emotionalen Zustand anderer Menschen betrifft, merke sofort, wenn etwas nicht stimmt. Ob ich immer weiß, was genau nicht stimmt, kann ich nicht genau sagen, aber ich bin NICHT blind für die Emotionen anderer Menschen.
    Ich habe selbst zu viele Gefühle. Das ist ein großes Problem, wenn Autismus in der Wahrnehmung vieler Menschen unreflektiert als Synonym für gefühlskalte Psychopathen benutzt wird.


    So etwas macht mürbe. Sowas führt auch dazu, dass ich wirklich scharf austeile (und das kann ich dann natürlich auch sehr gut, da ich genug Möglichkeiten habe, mir zu den immer gleichen Angriffen was auszudenken).


    Hm, das war jetzt wieder die "Totalrechtfertigung", warum ich mich, als Frau aus dem Autismusspektrum, wie "die Axt im Walde" benehmen "darf".


    Und übrigens: was Du jetzt hier liest, das könntest du verbal so nicht von mir hören. Da würde ich, je nach Tagesform, mit starrer Miene was zusammenhaspeln, bei Provokation total ausrasten oder mir würde die Sprache versagen. Die Wahrnehmung von mir bewegt sich zwischen "die ist geistig behindert und verhaltensgestört" bis "die ist so clever, dass sie nur hochnäsig auf uns herabblickt".
    Lynkas grüßt.

    Hallo ihr.


    Das gefällt mir, was ich hier lese: Ich finde es sehr gut, wenn jemand als Mutter/Vater/Familienangehöriger wirklich versucht, sich in das Kind einzufühlen und nachzuvollziehen, was los ist.


    Von mir selbst kann ich schreiben: ich bin sehr schnell sehr gefühlsüberladen. Alles ist für mich ernst. Etwas „locker“ zu sehen, oder über etwas einfach mal zu lachen: das ist schwer.


    Ich kann mir immer nicht vorstellen, dass ein Gefühl jemals wieder aufhört. Ich fahre wie in einen dunklen Tunnel. Mir kann dann keiner „reinreden“, es ist alles zu viel. Es wird oft noch schlimmer, wenn jemand in (meiner!) Überlastungsraktion anfängt, auf mich einzureden. Die anderen sind ja außerhalb von mir, die fühlen doch sowieso nicht, was ich fühle. Für die ist das alles „locker-flockig“ oder „zum lachen“ oder „ironisch“ oder ich bin nervig für sie. Aber ICH fühle! Da ändert sich doch nichts, wenn mir schöne Momente aus der Vergangenheit vorerzählt werden.


    Erklären, was mit mir ist, kann ich bis Heute kaum, und wenn dann noch die Gefühle/Emotionen anderer Menschen dazu kommen, ist es ganz vorbei.


    Ich verlange da natürlich sehr viel von anderen Menschen, dass sie auf meine Zustände immer ruhig und rational und beherrscht reagieren. Ich bin aber so sehr angewiesen auf äußeren Halt in solchen Situationen. Manchmal wandle ich den ganzen Tag durch Chaos und Schmerzen und zu viele Gefühle, und dann bringt irgendwas eigentlich ganz Harmloses das Fass zum Überlaufen und die Überlastungsreaktion lässt sich nicht mehr eindämmen, schon gar nicht von außen. Es dreht sich wie ein Rad in meinem Kopf. Auf dieses Rad hat niemand Zugriff.


    Manchmal gelingt es mir, mich schließlich selbst „kaltzustellen“, also gefühllos zu machen, weil sowieso kein Mensch mir behilflich sein kann und ich leider in der Herkunftfamilie gelernt habe, ich wäre in solchen „Überlastungsmomenten“ einfach unzumutbar und bösartig.
    Da waren die Menschen, die den Profimodus einnehmen können, meistens einfacher für mich.


    Wobei: das sich selbst Kaltstellen führt (mir unverständlicher Weise) dazu, dass es dann heißt, ich hätte keine echten Gefühle, sei distanziert von allem und würde die Gefühle anderer auch nicht wahrnehmen. Ich verstehe nicht, wie jemand das denken kann, wo doch eben diese vielen anderen Gefühle/Emotionen, diese ganze menschliche Welt mit ihren unendlichen Ansprüchen und Erwartungen an mich, die ich "managen" muss, an der ich gerne teilnehmen will und ungefiltert auch teilnehmen muss, mich in die Überlastungsreaktion mit eigenen unstoppbaren Gefühlen bringen.


    Klingt jetzt total krude. Tut mir leid. Jedenfalls: ich finde es super, wie ihr Euch über Eure Kinder Gedanken macht. Das ist viel wert für alle.


    Lynkas grüßt.

    Guten Morgen,

    Was haltet ihr davon?


    Ich halte nichts davon es schön zu reden, wenn Diagnosekriterien aufgeweicht werden, um die Anzahl korrekt diagnostizierte Kinder herab zu setzen. Das wirkt auf mich wie ein neues Sparprogramm. Ärzte wollen sich nicht festlegen. Es ist ja "eigentlich nichts". Eltern bleiben im Bereich des Vagen und müssen weiter grübeln "was ist es, ist es vielleicht nichts?".
    Ich denke nicht, dass es mit so einer "wischi-waschi" Diagnose einfacher sein wird, Unterstützungen zu erhalten. Das ist doch schon mit einer "reinen" ASS Diagnose schwierig.
    Lynkas grüßt.

    Hallo Trixi,


    Ich glaube die wenigsten Menschen würden sich freiwillig einen Film anschauen in dem es kein happy end gibt.


    Ja, da hast Du recht. Spielfilm ist und bleibt Spielfilm. Ich sollte es mir nicht zu Herzen nehmen. Es liegt definitv an mir. Ich will immer mich im Film finden und das geht nicht. Ich nehme Filme wahrscheinlich zu ernst. Oder ich nehme mich zu ernst.


    Was hältst du denn von Filmen über andere Krankheiten? Es gibt schließlich nicht nur Filme über Autismus.


    Da wird es noch viel schwieriger.
    Wenn meine These richtig ist, dass ich immer mich selbst im Film wiederfinden will, dann bleibt es schwierig. Meine Behinderungen und Krankheiten sind absolut nichts, was irgendwer anderes im Film sehen will. Alles absolut nicht „Hollywood-tauglich“. In Filmen bin „ich“ genauso uninteressant und unsichtbar wie im Leben. Und im Leben soll ich genauso ein Happy End liefern, wie in den von mir kritisierten Filmen.


    Ich sehe sehr viel medizinische Dokumentationen, aber mir fällt kein Spielfilm ein, der mir bezüglich Krankheitsschilderung zugesagt hat.


    Lynkas grüßt.

    Gerade bei TBBT finde ich, dass in der Essenz ja vermittelt wird, dass Sheldons Freunde ihn wirklich mögen und schätzen, so kompliziert es auch sein mag mit ihm.


    Genau: "Freunde" und "mögen und schätzen". Was hat das mit meinem Leben zu tun? Bei mir gab es auch oft "Lacher aus dem Off“ wie in Sitcoms a la Big Bang Theorie, das ist dann realitätsgetreu? Wer lacht denn da überhaupt? Ist das ein Theaterstück (nee, klar, "Sitcom", bevor jetzt irgendwer mir was "erklären" will).
    Auch dieses "Autist sucht die Liebe" Thema: was soll sowas? Ich verstehe das nicht.
    Ich kann wohl einfach nur nicht ertragen, dass mein Leben kein Film ist.
    In den von mir kritisierten Filmen gibt es lauter tolle Menschen, die dann doch noch auftauchen und dem liebenswerten "Aspie" helfen. Mehrfachbehinderungen gibt es schon mal gar nicht. Die Filmhelden haben „nur“ Autismus und sind sozial in einer Art und Weise eingebunden: da mache ich nur große Augen. Das hat absolut nichts zu tun mit meiner Realität.


    Lynkas grüßt.

    Aber denkst du nicht, dass es besser ist Autismus auf diese Art und Weise etwas bekannter zu machen, als gar nichts?


    Nein? Warum sollte ich das denken? Autismus soll verniedlicht dargestellt werden oder als Lachnummer oder reduziert auf "Mann-Frau-Beziehungsding", um sagen zu können "gut-dass-mal-drüber-geredet-wurde"?


    Lynkas grüßt.

    Hallo,
    ich habe, was Filme über Autismus betrifft, so meine Vorbehalte. Autismus ist keine Hollywood Love Story (Adam/Mozart and the Whale) oder witzig (Big Bang Theory) und Autisten sind auch keine "drolligen" Knetfiguren (Mary and Max).


    Realistisch sind:
    "Ben X"
    und
    "Die Brücke, Transit in den Tod" (Schwedisches Original, nicht das amerikanische Plagiat)


    Historisch interessant bezüglich USA:
    "Temple Grandin"


    Historisch interessant bezüglich BRD:
    "Der kalte Himmel"


    Gesellschaftliche Strömungen der letzten Jahre (USA) schildert
    "My Name is Khan"


    Spagat zwischen "schrullig" und "realistisch" versucht
    "Im Weltraum gibt es keine Gefühle"


    Dokumentarfilm/französische Sicht sowie Kritik an "Psychiatrisierung" behinderter Menschen:
    "Ihr Name ist Sabine"


    Lynkas grüßt.

    Ach Ella, das ist doch wieder zum aus der Haut fahren, was Du schilderst! (Das hilft Dir jetzt auch nicht, tut mir leid)
    Dario, was kann ich da schreiben. Ich bin richtig fertig, nach dem ich Deinen Beitrag gelesen habe. Aber danke, es ist sehr wichtig.
    Es macht mir auch Angst. Ich persönlich will NIEMALS (wieder) in eine WG oder ein Wohnheim ziehen. Aber ich erfahre überhaupt kein Verständnis dafür, dass Behinderte "auch" allein leben können. Ich gucke in erstaunte Augen bei Sozialpädagoginnen, Ärzten, Familienangehörigen.
    Informiert sind diese Menschen nicht. Sie „haben nur mal gehört“ oder „dachten“ oder „meinten“. Besonders gern denken oder meinen sie, was ich zu wollen oder zu fühlen habe.
    Oft regiert auch einfach das Sankt Florian Prinzip.
    Selbstbestimmt leben wird NICHT durch den oder die Behinderte/n definiert, sondern durch die Helferlobby. Es gilt das Motto: Entweder, Sie gehen den Weg, den wir als Selbstbestimmt definiert haben, oder Sie gehen ohne uns.


    Lynkas grüßt.

    Hallo Trixi,



    Sind denn aktuell außer mir noch andere hier die Magen - Darm - Störungen leiden?


    Ja, ich. Ich habe eine Intestinale neuronale Dysplasie. Das ist vergleichbar mit Morbus Hirschsprung, nur dass bei IND auch der Dünndarm betroffen sein kann (so ist es bei mir) und bei mir auch die Speiseröhre nicht normal funktioniert. Es fehlen an manchen Stellen des Darms Nervenzellen bzw. das Gehirn steuert den Darm falsch. Der Darm blockiert, wobei bei mir sogenannte paradoxe Durchfälle auftreten, also alles staut sich so lange, bis es sich zersetzt hat und ich nicht mehr anhalten kann. Essen ist sehr schwierig. Nahrung kommt zurück. Viele Überempfindlichkeiten. Die neuere Forschung hat bei dieses Krankheitsbild eine Zusammenhang mit Autismus festgestellt, aber erst in den letzten Jahren.
    Was Du beschreibst hört sich nach einer "Slow Transit Obstipation" an. Manchmal helfen da Flohsamenschalen (über einen längeren Zeitraum einnehmen, dazu ordentlich trinken). Manchmal helfen Abführmittel auf Macrogol-Basis (frei verkäuflich in der Apotheke, kann über längere Zeit eingenommen werden). Das sollte Dir ein Gastroenterologe (wenn Du bereits Darmspiegelungen hattest) aber auch schon mal als Diagnose bzw. als Behandlungsmöglichkeit "angeboten" haben?


    Lynkas grüßt.

    Lynkas, das klingt alles sehr zynisch was du schreibst. Ich gehe davon aus, dass das deine Erfahrungen sind die du gemacht hast. Hier im Thread sollte es aber eigentlich darum gehen, wie eine Inklusion für dich sein sollte. Nicht darum, wie sie aktuell…


    Entschuldige bitte Trixi. Die Wahrheit ist manchmal unschön. Das ist der IST-Zustand meiner persönlichen Inklusion. Ich kann (das ist doch klar?) nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten. Wie soll ich von den Erfahrungen anderer Menschen berichten? Ich stecke doch nur in meinem eigenen Körper.
    Ich versuchte, mir die (für mich) wünschenswerte Inklusion vorzustellen. Mir fiel nur noch wenig ein.
    Ich schaffe es nicht, mich zu inkludieren und ich kann ja auch nicht viel machen, wie soll ich denn die Regeln und Gegebenheiten ändern? Und ich kann doch die Menschen nicht zwingen, zu machen, was ich mir so vorstelle. Da müsste ich der Gesellschaft einfach mehr geben können um auch wieder was zurück zu bekommen. Und was bin ich denn schon? Wer bin ich denn schon?
    Lynkas grüßt.

    Hallo,
    Inklusion bedeutet(e) im Augenblick/in den vergangenen Jahren für mich:


    überall mitmachen dürfen
    überall mitmachen sollen
    keine Assistenz in Anspruch nehmen dürfen
    keine "Vorteilsnahme" einfordern
    verstärkt darauf achten, dass die Nichtbehinderten nicht benachteiligt werden
    auf eine (Privat)Schule gehen dürfen und 12 Jahre im Unterricht nichts sagen dürfen, ohne sitzen zu bleiben
    keine "Ausreden" für etwas, das ich nicht schaffe, erfinden dürfen
    nur an "inklusionsgeeigneten" Arbeitsplätzen arbeiten dürfen (Wäscherei, Büro, Archiv, Reinigungsunternehmen....)
    keinen Unterschied mehr zu machen zwischen "Lernbehinderten Menschen" und "Hochbegabten" (alle dürfen jetzt in der WfbM arbeiten oder in Unterstützer Beschäftigung)
    Akademiker haben jetzt auch ein Anrecht auf einen Platz in der WfbM
    Behinderte bekommen jetzt auch Hartz IV und müssen nicht länger spezielle Förderangebote bekommen
    Behinderungen aus "politischen Gründen" nicht mehr verbalisieren, denn "eigentlich gibt es gar keine Behinderungen", wir sind doch "alle irgendwie Behindert", "wenn Sie so sein wollen wie die anderen Schüler/Auszubildenden/Studenten, dann...", "Es wäre ungerecht den anderen Schülern/Azubis/Studenten gegenüber, wenn man Ihnen jetzt eine Vorteilsnahme einräumt", "da könnte ja jeder kommen, bald haben wir hier lauter Spezialfälle, das entspricht dann nicht der Inklusion blablabla"


    Was könnte Inklusion für mich sein? In meinem Kopf ist eine Schranke, wenn ich darüber nachdenke, denn es scheinen doch immer alles unerhörte, freche Forderungen zu sein, die ich mir denke.


    Lynkas grüßt.


    Gibt es denn gar keinen, der dich als Autistin annimmt und deine Persönlichkeit respektiert?


    Ich möchte als Mensch angenommen werden.
    Es ist halt schwer, genug zu leisten, so dass ich sinnvoll bin für die Gesellschaft und mich inkludiere. Von Nichts kommt Nichts.
    Oft begreife ich die Ansprüche, die bestehen, auch gar nicht. Die Ansprüche sind für andere Menschen wohl gar keine "Ansprüche" sondern laufen unter der Überschrift "man kann das doch, man weiß das doch".
    Ich versuche, mich zu erklären, auch wenn ich zeitweise Nonverbal (also im Sprechen blockiert) bin. Die Bitte ist "schreib mal eine Anleitung, wie du zu handhaben bist". Aber es wird dann entweder nicht gelesen oder es gilt als zu kompliziert, was ich schreibe, oder wichtige Aussagen werden überlesen. Dann kommen noch die weiteren Behinderungen hinzu, die nun leider auch "bäh pfui" Behinderungen sind. Die muss ich meistens auch noch mal erklären, weil sonst die krudesten Ideen aufkommen, was ich da habe.
    Nun sprenge ich hier gerade das Thema, bitte entschuldigt.
    Ich hatte mich ja eigentlich nur bedanken wollen, hier endlich einmal lesen zu können, wie es für mich -und offenbar auch noch für einige anderen Autisten - ist.
    Lynkas grüßt.

    Danke für Eure lieben Worte!


    Hast du den Leuten schon einmal gesagt, was in dir vorgeht?


    Ja. Es wird nicht positiv aufgenommen.


    Hast du vielleicht eine Therapeutin oder einen Therapeuten, um das Thema dort anzusprechen? Man könnte doch auch jetzt noch sehen, ob sich eine Strategie entwickeln lässt, mit der du das eventuell mit viel Übung wegbekommst?


    Ich bin 17 Mal therapiert worden. Ich bin mit so gut wie allen gängigen Psychopharmaka behandelt worden. Ich wurde mit Erziehungs- und Übungsmethoden behandelt. In Rollenspielen wurde geübt, dass ich die Belastung für die anderen möglichst gering halte. "Weg" bekomme ich das nicht. Das bin ja ich.
    Lynkas grüßt.

    Hallo Michie, Enscha, Phila und Ella.
    Ich bin neu in diesem Forum und habe gerade Eure Konversation vom August gelesen. Es hat mich sehr berührt, was Ihr bei Euren Kindern beobachtet habt und wie Ihr es beschreibt. Ich bin selbst Autistin (mit weiteren Behinderungen) und habe noch nie gelesen, wie jemand exakt das beschreibt, was - zumindest in mir - vorgeht bzw. was eben das "Problem" ist.


    Der Hans hat da nach wie vor sozusagen keine scharfe Abgrenzung, hat sozusagen eine löchrige Hülle. Er spürt sich selber, sein Ich, nicht so gut wie andere, nichtautistische Kinder.
    Da merkte man zum Beispiel daran, dass die Emotionen anderer Kinder für ihn gleich überfordernd waren wie die eigenen. Dass es für ihn genauso schlimm war, wenn ein anderes Kind geschimpft wird, als wenn man ihn selber schimpft.


    Ich hätte mein "Problem" nicht besser beschreiben können. Vielen Dank, dass Du es geschafft hast! Ich habe mein ganzes bisheriges Leben darunter gelitten und es wurde nie wirklich besser. Das Schwierige ist, dass die Beschreibung von autistischen Menschen meistens beinhaltet, dass sie eben "gefühlsblind" seien und andere Menschen und deren Gefühle nicht wahrnehmen könnten, andere Menschen als so etwas wie "Mobiliar" betrachten würden. Bis heute wird mir z.B. unterstellt, ich sei "gefühlsblind" oder "bösartig". Ich habe nie verstanden, warum, weil ich dauernd damit beschäftig bin, die vielen Emotionen der anderen zu ordnen und mich davon abzugrenzen, und ich fühle mich immer mit angesprochen, wenn irgendwo Misstöne sind und fühle mich immer verantwortlich dafür. Ich möchte dann immer alles in Ordnung machen und ehrlich gesagt verwende ich, sobald ich in Gesellschaft anderer Menschen bin, den Großteil der Energie darauf, alles "in Ordnung" zu machen für mich und für alle.
    Lynkas grüßt.