Inklusive Arbeitsplätze - Ideensammlung

  • Ich würde mir sehr wünschen, dass endlich mehr inklusive Arbeitsplätze geschaffen werden.
    Welche Ideen habt? Machen wir dem Arbeitsmarkt endlich Beine und liefern den Leuten Input.
    In welchen Bereichen können Menschen mit einer geistigen, körperlichen oder autistischen Behinderung arbeiten?


    Für Menschen mit einer geistigen Behinderung eignen sich folgende Arbeitsplätze:
    -Beim Bäcker Brötchen belegen
    -Im Kindergarten assistieren und kleine Aufgaben übernehmen
    -In den Supermärkten Regale einräumen
    -In der Küche kochen, schnippeln, Geschirr wegräumen
    -Im Restaurant und Cafe bedienen, wegräumen, Tische säubern
    -Im Hotel saugen, fegen, bedienen, putzen
    -Gartenarbeiten erledigen
    -Botengänge
    -und, und und.....
    Weitere Ideen bitte! Gerne auch Links von bestehenden Projekten.


    Welche Aufgaben könnten Menschen mit einer schwereren Behinderung übernehmen? Wie könnten diese Menschen inkludiert werden?


    Wie sieht der ideale Arbeitsplatz für Autisten aus?
    Wie sieht der ideale Arbeitsplatz für körperbehinderte Menschen aus?


    Mir ist auch die Meinung Selbstbetroffener sehr wichtig!


    Ich möchte ENDLICH, dass sich etwas bewegt! Worauf warten wir noch?

  • Hallo Ella,


    ich würde mir auch sehr wünschen, dass der Arbeitsmarkt offener wird für Menschen mit Behinderungen, sehe das aber noch als einen langen Weg. Wobei ich auch nicht glaube, dass die freie Wirtschaft von sich aus auf behinderte Menschen zugeht (von wenigen Ausnahmen abgesehen), sondern da wird noch viel Aufklärungsarbeit und vielleicht auch ein gewisser Druck nötig sein, um die uns zustehenden Rechte immer wieder anzumahnen und notfalls auch einzufordern.


    Wie sieht der ideale Arbeitsplatz für Autisten aus?


    Den idealen Arbeitsplatz für Autisten kann es aus meiner Sicht nicht geben, da die geistigen Fähigkeiten, die Interessen, die Stärken und Schwächen, bei jedem autistischen Menschen ganz unterschiedlich ausgeprägt sein können. Gerade bei Autisten werden wohl stets individuelle Lösung gefragt sein. Wichtig ist für die allermeisten Autisten ein Arbeitsplatz mit folgenden Merkmalen:


    - reizarme Umgebung ohne unnötige Ablenkung von außen


    - klare und übersichtliche Strukturen mit klar definierten Aufgaben, die auch offen kommuniziert werden, ohne versteckte Botschaften und ohne unterschwellige Erwartungen, die nich direkt gennannt werden.


    - kein Multistasking, kein Hin- und Herspringen zwischen verscheidenen Aufgaben, sondern die Möglichkeit zur gezielten Fokussierung auf Einzelpropleme, die nacheinander ganz akkurat in aller Ruhe abgearbeitet werden können.


    - möglichst Einzelarbeit mit geringen Anforderungen in Bezug auf soziale Kontakte, Smalltalk usw.


    - feste Ansprachpartner bei Problemen und Unklarheiten


    - Ein Arbeitsplatz mit Ruhe, Sicherheit und verlässlichen Strukturen, wo es mehr auf Beständigkeit ankommt als auf Flexibilität und Spontanität.


    Es gibt bestimmt noch mehr Punkte, die einen autistengerechten Arbesitplatz ausmachen, aber diese fallen mir spontan ein, weil sie auch für mich selbst immer besonders wichtig gewesen sind.

  • Danke Dario!
    Von einigen Punkten, die du genannt hast, könnten auch nicht behinderte Menschen und Menschen mit anderen Behinderungen profitieren.
    Es wird Zeit für einen generellen Wandel auf dem Arbeitsmarkt und es wird mal wieder deutlich, dass Inklusion allen Menschen zugute kommen würde.
    Es muss sich nur noch herumsprechen.

  • Ich bin auch überzeugt, dass autistengrechte Arbeitsbedingungen vielen Menschen zugute kommen können. Der entscheidende Punkt ist wahrscheinlich: Von nicht-autistischen Menschen erwartet man, dass sie sich auch an ungünstige Arbeitsbedingungen anpassen können, was Autisten eben nicht können - oder nur unter unverhältnismäßig hohem Kraftaufwand.


    Es gibt sicher auch Berufe, bei denen es schwer oder gar rnicht möglich ist, autismusgerchte Arbeitsplatzbedingungen zu schaffen, bei denen man von Natur aus eine hohe Flexibilität und Stressresistenz mitbringen muss. In vielen Bereichen lassen sich die Bedingungen aber duchaus an die Bedürfnisse von Autisten anpassen, sofern der Wille dazu vorhanden ist.


    Ich muss an meinem Arbeitsplatz auch hin und wieder darum kämpfen, dass bestimmte Absprachen (wie sie mit dem Betriebsarzt und der Schwerbehindertenvertretung) vereinbart wurde, eingehalten und beachtet werden. Im Großen und Ganzen klappt das aber recht gut, sonst würde ich nicht seit 10 Jahren in meiner jetzigen Firma arbeiten.

  • Auticon hat eine neue Filile in Bremen eröffnet:


    IT-Dienstleister nutzt Fähigkeiten von Autisten


    Ich sehe das Engagement von Auticon mit gemischten Gefülen. Einerseits ist es sehr anerkennswert, dass es eiine Firmagibt, die sich speziell um Autisten bemüht und ihre Fähigkeiten gezielt nutzen will. Das ist in jedem Fall ein großer Fortschritt, der hoffentlich auf andere Branchen abfärben wird.


    Andererseits sind die fachlichen Anforderungen bei Auticon derart speziell, dass die Arbeitslätze nur für einen kleinen Teil der Autisten überhaupt geeignet sind. Selbst ich (der heute selbst auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig ist) könnte nicht bei Auticon arbeiten, weil ich das notwendige Wissen aus dem IT-Bereich nicht mitbringe. Wirkliche Inklusion muss viel breiter angelegt sein und darf nicht nur ein ganz spezielles Segment (z.B. den IT-Bereich) betreffen.


    Die Gefahr ist auch, dass hier auf Dauer ein neues Klischee entsteht (der "Computerautist"), das mit dem Leben der meisten Autisten eher wenig zu tun hat. Auticon pickt sich nur diejenigen Autisten heraus, die für das Unternehmen nützlich sind. Das kan man einem marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen nicht zum Vorwurf machen, aber es ist eben nur ein sehr kleiner Teil der Autisten, der davon jemals profitieren wird. Das sollte man der Ehrlichkeit halber auch sagen.

  • Ich finde du sprichst da etwas sehr wichtiges an, Dario. Wäre wirklich schön, wenn das auch von Auticon so klar gesagt werden würde, das damit eben nicht alle Autisten angesprochen werden, sondern Autisten denen die IT-Sachen liegen.
    Nicht das ich grundsätzlich die Idee dahinter schlecht finde. Es ist besser es gibt eine Firma wie Auticon, als wenn es gar nichts gäbe. Aber es eben nur ein Teil der für die Firma in Frage kommt und das ist wirklich sehr schade.



    Zum Thema inklusive Arbeitsplätze fällt mir noch etwas ein... Es müsste mehr Teilzeitplätze geben da ich denke das viele Menschen einen vollen Arbeitstag einfach nicht schaffen. Ich selber könnte keine 8 Stunden durchhalten. Das wäre für mich zu viel. Selbst in einer Werkstatt wäre ich mit den 8 Stunden wahrscheinlich ziemlich unglücklich und körperlich hinterher sicher so erschöpft, das ein Freizeitleben gar nicht mehr statt finden könnte.
    Nebenbei würde das auch anderen Menschen zu gute kommen, wenn es mehr Teilzeitstellen gäbe. Gerade Mütter oder auch Väter hätten damit sicher mehr Chancen arbeiten gehen zu können, vor allem wenn sie alleinerziehend sind.

  • Leider ist es ja immer so, dass die Firmen sich die fitten Behinderten herauspicken und sich mit diesen im Rahmen der Inklusion schmücken.
    Das zieht sich durch alle Arbeitsbereiche und macht auch nicht vor den Werkstätten halt.
    Übrig bleiben dann die Menschen, die in diesem System nicht mitalten können und aus der Inklusion herausfallen.


    Inklusion nur für die Fitten?

  • Ich frage mich, ob (vollständige) Inklusion und freie Marktwirtschaft/freies Unternehmertum überhaupt miteinander kompatibel sind.


    Es ist klar, dass ein Unternehmer immer zuerst auf wirtschftlichen Nutzen blickt, wenn er sich dafür entscheidet, eine behinderten Menschen einzustellen oder auch nicht. Ein Unternehmen, das sich finanziell am Markt behaupten muss, wird niemals einen Menschen einstellen (egal ob behindert oder nicht), der nicht ein Mindestmaß an "wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung" erbringen kann. Das ist die marktwirtschaftliche Realität, so menschenverachtend sie am Ende auch sein mag. Man sieht es ja u. a. auch Unternehmen wie Auticon: Integration bzw. Inkluson ja, aber nur so lange sie sich für das Unternehmen auch rechnet.


    Am Ende wird wohl wieder der Staat in der Pflicht stehen, sich um diejenigen Menschen mit Behinderung zu kümmern, die (aus Sicht der Unternehmer) keine "wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung" erbringen können und deshalb in der freien Wirtschaft niemals eine Chance haben.


    Schon heute ist es ja so, dass staatliche Einrichtungen die Verpflichtung haben, Menschen mit Behinderung bevorzugt einzustellen. Ich fürchte, auch die Inklusion wird zu großen Teil am Staat hängenbleiben. Von der freien Wirtschaft erwarte ich mir da nicht viel, weil marktwirtschaftliche Unternehmen niemals aus ihrem Zwang zum wirtschftlichen Effizienzdenken heraus kommen werden.


    Ich bin deshalb dafür, dass staatliche Stellen (noch mehr als bisher) verpflichtet werden, die Inklusion auch für diejenigen Menschen umzusetzen, die in der freien Wirtschaft keine Chance haben. Eine andere Möglichkeit sehe ich leider nicht, wenn ich es realistisch betrachte. Wir leben leider in einem Wirtschaftssystem, das auf Ellenbogenmentalität und brutalen Konkurenzkampf setzt, da werden sich soziale und humanistische Konzepte wie die Inklusion nie vollständig umsetzen lassen. In einzelnen Nischen schon, aber nicht auf breiter Ebene.

  • Ich befürchte, da hast du recht Dario.
    Aber mal angenommen ein Wirtschaftsunternehmen stellt für kleine Aufgaben jemanden ein, der sich nur darum kümmern kann... So hätten andere Arbeiter die Chance ihre Arbeitszeit und so auf die wichtigeren Dinge zu konzentrieren.
    Ich denke, wirtschaftlich gesehen macht es keinen Unterschied ob jemand in einer Werkstatt arbeitet (wo ja eh der Staat zuständig ist) oder der Staat zwar weiterhin in der Pflicht bleibt diesen Menschen zu versorgen, er aber dafür in einem Job ist, der ihm gefällt und der gleichzeitig anderen ebenfalls nutzt.


    Ich erinnere mich an einen Bericht den ich über eine Frau mit DS gelesen habe. Vereinfacht gesagt war sie zwar in einer Werkstatt, war aber tatsächlich in einem Kindergarten beschäftigt und hat dort gewisse Aufgaben übernommen. Es wurde praktisch eine Stelle geschaffen die es bis dahin nicht gab, die aber letztendlich dem Kindergarten genutzt hat, die Frau war ebenfalls glücklich und der Staat war, wegen der Werkstatt, weiterhin zuständig.
    Ich bin davon überzeugt, das es mehr solche Möglichkeiten geben kann und muss.


    Nebenbei finde ich dieses Gesetz wonach größere Firmen auch behinderte Arbeiter einstellen muss etwas lächerlich... Kleine Firmen sind sowieso davon ausgenommen, etwas größere Firmen stellen dann Menschen mit einer leichten Behinderung ein die zwar keine Schwerbehinderung haben, aber gleichgestellt werden... Und die wirklich großen Firmen können es sich wirtschaftlich leisten die Strafe zu zahlen, wenn sie keine behinderten Mitarbeiter einstellen.

  • Ich erinnere mich an einen Bericht den ich über eine Frau mit DS gelesen habe. Vereinfacht gesagt war sie zwar in einer Werkstatt, war aber tatsächlich in einem Kindergarten beschäftigt und hat dort gewisse Aufgaben übernommen. Es wurde praktisch eine Stelle geschaffen die es bis dahin nicht gab, die aber letztendlich dem Kindergarten genutzt hat, die Frau war ebenfalls glücklich und der Staat war, wegen der Werkstatt, weiterhin zuständig.
    Ich bin davon überzeugt, das es mehr solche Möglichkeiten geben kann und muss.


    So etwas ist gewissermaßen der Idealfall. Wobei die Frau sicher nicht direkt beim Kindergarten (bzw. dessen Träger) angestellt ist, sondern weiterhin bei der Werkstatt beschäftigt ist, die sie an den Kindergarten sozusagen "entliehen" hat. So habe ich dieses Modell verstanden. Solche Modell sollte man unbedingt fördern, gar keine Frage.


    Ich kann mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass z.B. ein schwer geistig behinderter Mensch sich seinen Lebenunterhalt vollständig aus eigener Kraft selbst erwirtschaften kann. Nicht, dass ich es diesen Menschen nicht wünschen würde, aber es wird immer Menschen geben, deren Behinderung so gravierend ist, dass sie sich ohne staatliche Unterstützung nicht selbst unterhalten können, auch wenn sie in einem ganz "normalen" Betrieb eingesetzt werden.

  • Genau das meinte ich Dario.


    Nebenbei: Ein Schwerbehinderter Mensch der auf Grund seiner körperlichen Einschränkungen auf Assistenz angewiesen ist kann sie auch niemals seinen Lebensunterhalt alleine verdienen. Er wird immer als Sozialhilfeempfänger gelistet. Siehe den Fall Raul Krauthausen. Er darf nicht zu viel verdienen und wird gleichzeitig niemals so viel verdienen können, dass er seine Assistenz aus eigener Tasche bezahlen und gleichzeitig auch noch von seinem Gehalt leben kann.

  • Ich denke, in fast jedem Betrieb gibt es Arbeitsplätze, die auch für Menschen mit einer geistigen Behinderung geeignet sind.
    -Botengänge
    -Küche
    -Putzdienst
    -usw.
    Schwerer betroffene Menschen könnten mit einer Assistenz arbeiten.


    Vielleicht wäre die Schaffung solcher inklusiven Arbeitsplätze auch bei Auticon möglich,
    denn es gibt Autisten mit einer geistigen Behinderung, die zwar nicht im IT-Bereich arbeiten können, aber dafür z.B. in der Küche. Putzdienste oder Botengänge werden sicher ebenfalls benötigt.