Autismus, AD(H)S oder Hochsensibilität?

  • Das ist mir bei unserer Diagnostik auch aufgefallen ... dass sich viele Bereiche sehr ähnlich sind ... auch die Hochbegabung gehört dazu, ich denke viele kann man gar nicht eindeutig abgrenzen.


    Ich denke daher ist es auch sehr wichtig, dass man wirklich von jemanden diagnostiziert wird, der sich sehr gut auskennt, sonst können schnell falsche Diagnosen gestellt werden.


    Und es ist ja auch nicht so selten, dass mehrere Diagnosen zutreffen.

  • Ich denke, wenn man diese Labels alle als Arbeitstitel versteht, bis wir mehr von der ganzen Neurodiversität wissen, dann wird auch klar, warum es da Überschneidungen gibt.
    diese überschießende Empathie, die Claus Lamm und Co wissenschaftlich beschrieben haben, das haben viele Autisten (mit Pech, wie mein Sohn, bei geringer Sozialkompetenz, sodass sie zwar extrem mitfühlen müssen, aber nicht verstehen, was passiert), das haben aber auch viele Nichtautisten, und das überschneidet sich dann ziemlich mit der Beschreibung Hochsensibilität.


    Mit den AD(H)Slern "teilen" sich die Autisten offenbar den nicht gut funktionierenden Reizfilter. Und noch das eine oder andere, je nach Kombi. Wobei man ja immer öfter hört, auch von Fachleuten, dass ein großer Prozentsatz der Autisten auch AD(H)S hat.


    ich stelle mir das wie so einen Modulbaukasten vor ... :D

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • GuMo,


    Diagnose hab ich keine, aber manchmal ist ja auch so alles glasklar ;)


    Den Artikel finde ich im Großen und Ganzen ganz gut, bloß die Verallgemeinerungstendenz nicht. Ausgeprägtes unbehandeltes AD(H)S führt tatsächlich oft zu massiven Problemen, statistisch deutlich erhöhte Zahlen für Depression, Suizidalität, Suchtverhalten (Selbstmedikation), Delinquenz, aber auch vermehrt Probleme in der Berufsbiographie (viele Abbrecherkarrieren zb), mit Familie und Beziehung, ...
    Allerdings, wenn das Leben einen wo hinstellt, wo es gut passt (annehmendes Umfeld, günstige Lernbedingungen. ...), dann ist das Leben mit AD(H)S keine "Hölle" für die meisten.
    Strange finde ich, dass da von "Krankheit" die Rede ist, noch dazu von einer Betroffenen - AD(H)S ist keine Krankheit


    Es gibt einen genialen Artikel von Sascha Lobo (ADS) in der Zeitschrift N#mmer (1. Ausgabe), leider nicht online zu lesen.


    Das Problem ist aus meiner Sicht nicht zuerst das AD(H)S, oder der Autismus, sondern eine Gesellschaftsordnung mit allen Ablegern (v.a. Schulsystem), die bestimmt ist von der dominanten neurotypischen Art zu funktionieren. Wenn Menschen neuromäßig "multimodular" aufgestellt sind, dann müssten die Systeme in denen gelernt und gearbeitet wird, das natürlich auch sein. Die Industriegesellschaft hat da einen eigentlichen Evolutionsvorteil in einen Nachteil umgewandelt ... Vielleicht ändert sich das in der Informationsgesellschaft ja wieder ...?

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  • Hi,


    Ich bin eigentlich noch nie auf die Idee gekommen, bei mir selbst nachzusehen, aber so gewisse Dinge merke ich jetzt schon, gerade was Geräusche betrifft. Kann sich das mit den Jahren und der steigenden Verantwortung als Mutter zuspitzen? Ich bin mir ganz sicher, dass ich früher einiges einfach gewuppt habe, was mir heute sehr viel Kraft abverlangt. Oder spielen da etwa auch die Hormone irgendwie eine Rolle? Hat von euch auch jemand irgendeine Schilddrüsenfehlfunktion z.B.?


    Mit dem Fokus auf der Krankheit bin ich auch nicht einverstanden. Wenn ich meinen kleinen Prinzen ansehe, dann ist er alles andere als krank, er ist sogar kerngesund. Vielleicht fühlen sich aber manche Betroffene in der Krankenrolle besser verstanden? Krankheit ruft bei den meisten Menschen so etwas wie Mitleid hervor. Für Neurodiversität fehlt es einfach überall noch an Informationen, an Sensibilisierung. Und leider auch an Interesse. [Das war ehrlich gesagt leider auch bei mir der Fall, bevor mich das Leben in diese Richtung gelenkt hat.]


    sondern eine Gesellschaftsordnung mit allen Ablegern (v.a. Schulsystem), die bestimmt ist von der dominanten neurotypischen Art zu funktionieren


    Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass diese Gesellschaftsordnung auch für neurotypische Personen ein Einwegticket in das Burnout ist. Volksschüler, die mit ihren 8 Jahren um ca. 13h von der Schule nach Hause kommen und dann noch gut 2h Hausübung machen müssen. Dann meinen manche auch noch, die Eltern, die das übertrieben finden, wollen ihre Kinder unter eine Glashaube setzen. Gefällt mir nicht.

  • Hallo Michie,


    bin Deiner Meinung, unser Schulsystem, und auch die Uni nach der Bologna-Reform, sind beide am A****. So kann das leider nix werden, für die "Neuro-Untypischen" nicht, und für alle anderen auch nicht. Ich verstehe nicht, wieso da nicht auf die Bremse gestiegen wird ...



    Dass man mit zwei aufgeweckten Kleinkindern, eins davon autistisch, leistungsmäßig an und über die Grenzen kommt, ist normal glaube ich. Wenn Du aktuell noch überschüssige Power hättest, und niemals überreizt wärest, wärest Du mir unheimlich. :D


    Falls Du glaubst, Du könntest eine AD(H)S-Kandidatin sein, dann schau mal da vorbei: http://www.adhs-anderswelt.de
    Ich bin jetzt auch viel geräuschsensibler als vor den Kindern, aber vielleicht habe ich jetzt auch bloß eine geschultere Wahrnehmung (weil ich ja für Hans "mithören" muss), oder es hängt auch mit dem Älterwerden zusammen. Allerdings: Eine extreme Monotaskerin war ich schon immer, das fällt halt bei Berufstätigkeit ohne Kinder nicht so auf, oder (bei meinem Beruf) wegen Hyperfokus ist es dann sogar ein Vorteil. Mit Kindern fällt fällt es dann halt auf, denn Du MUSST ja dann multitasken ... boah, diese unzähligen banalen Kleinigkeiten (alle wichtig!!) zu merken: Morgen Kind 1 1,50€ in Schule mitgeben, Kind 2 neue Hausschuhe besorgen, die von Hans geschrottete Glühbirne unbedingt ersetzen, Betreuerabrechnung machen, Oma nach xyz fragen, und und und :amraddreh


    Jedenfalls scheint ab den Vierzigern, nicht nur wegen dem hormonellen Umbau, bei Autisten und ADHSlern der Reizfilter schneller voll zu laufen. Und die Kompensationsfähigkeit (oder -Willigkeit?) nachzulassen. Vielleicht gibts diese Tendenz ja auch bei allen Menschen.

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  • wärest Du mir unheimlich

    :verlegen Wie so oft ... Du hast recht.


    Ich überlege in letzter Zeit viel, woher die Wahrnehmungsbesonderheiten beim kleinen Prinzen kommen könnten, und ich finde da schon immer wieder Parallelen. Also geräuschsensibel bin ich auf jeden Fall auch, aber früher war ich das eigentlich nicht. Mein Nervengerüst ist glaube ich erst mit der Selbstständigkeit rasant dünner geworden. Dann kann ich mich erinnern, dass ich als Teenager oft an Türrahmen angerannt bin, da hat es ja auch was im propriorezeptiven Bereich, denk ich mir. Und super-beweglich bin ich jetzt eigentlich auch nicht. Mich überfordern zB oft so Fitnesskurse, wo man jemandem spiegelverkehrt Sachen nachmachen soll.
    Im Grunde bin ich denk ich schon multitaskingfähig, auf Dauer allerdings nur mit Hilfe von Listen - oh, ich liebe Listen! Was mich überfordert ist, wenn alle Seiten was von mir möchten und das über einen längeren Zeitraum hinweg.
    Meine Mutter passt für mich recht gut zu ADHS, und es spitzt sich bei ihr zu, je älter sie wird. Mein ältester Neffe hat eine ADHS-Diagnose ...

  • Zitat

    Mich überfordern zB oft so Fitnesskurse, wo man jemandem spiegelverkehrt Sachen nachmachen soll

    Haha, mich auch. Das hat dann schon Slapstick-Qualitäten ...


    Es wäre sicher spannend, mit der Ergo drüber zu sprechen (mag ich aber nicht, weil ich da nicht zuviel von meiner Person preisgeben will).


    Das ist - jedenfalls in meiner Ausprägung - bestimmt eine Auswirkung eines "Neurodiversitätsmoduls", das von der Mehrheit abweicht, denn ich war immer die einzige in der Klasse, die die Choreo ums Verrecken nicht nachmachen konnte (bis ich sie dann in Ruhe komplett alleine durchgegangen bin, also einmal selber gespürt hatte, dann war's kein Problem mehr)

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  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.