Inklusion und der ganze Rest

  • Hallo,


    die Umsetzung oder Nichtumsetzung der Idee der Inklusion Behinderter ist ja nicht etwas, was im luftleeren Raum passiert, sondern geht parallel und in Bezug zu all den anderen gesellschaftlichen Entwicklungen. (Naturgemäß kann der Begriff Inklusion sich nicht alleine auf Behinderung als Ausgrenzungsmerkmal beziehen, sondern muss auch die anderen Dimensionen mitnehmen, Gender, kulturelle Herkunft, soziale Herkunft, ...).
    Schon länger habe ich Zweifel, ob es erfolgversprechend sein kann, zb umfassende Assistenzleistungen bei unseren Kindern mit Behinderung durchsetzen zu wollen, während sehr viele Kinder ohne Behinderung aus verschiedenen Gründen ebenso umfassende Stütze bräuchten, aber auch nicht genug bekommen - und noch nicht mal anspruchsberechtigt sind (keine Eingliederungshilfe). Um jetzt nur mal von Kindern zu reden, und von Bildungschancen.
    Kurz also, ob gleichberechtigte Teilhabe und damit soziale Gerechtigkeit nicht besser IM PAKET erkämpft werden muss. Natürlich muss man in jedem Fall auch an einzelnen Missständen ansetzen, aber dass hier alle „Sparten“ für sich kämpfen, obendrein jede für sich eh mit schlechter Lobby und auf relativ einsamem Posten, das kann es doch nicht sein.
    hier mal zum Einstieg ein Ausblick von einem ziemlich gescheiten Menschen, was da in den nächsten Jahrzehnten so auf uns zukommen könnte. Quasi als Diskussionsgrundlage.
    http://www.ardmediathek.de/tv/…09712&documentId=47097954
    so ab Minute 6.20
    zum Kern der Sache ab 11.37

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Ehrlich gesagt denke ich persönlich ja schon lange, dass sich alle "Gruppen" mal zusammen schließen sollten.
    Ist ja dann eigentlich erst richtige Inklusion.
    Momentan sieht es für mich in Deutschland so aus, das eigentlich jeder für sich alleine kämpft und gleichzeitig die verschiedenen Gruppen auch ein Stückweit gegeneinander ausgespielt werden. Also ich meine mit Gruppen Menschen mit Behinderung, HarzIV-Empfänger, Flüchtlinge / Asylanten, Migranten, Sozial schwache, Andersdenkende und - fühlende (Transgender, Homosexualität usw.). Ich glaube, wenn sich diese Menschen alle zusammen tun würden, dann wären wir in der Überzahl.

  • Danke Enscha fürs Einstellen.
    Ich hab mir das nun angeguckt und kann im Moment den Transfair zu Deinen Überlegungen nicht leisten.
    Wenn Herr Precht vom Grundeinkommen schwärmt und sich über maulige Gesichter bei Arbeitnehmern beklagt , gleichzeitig die intrinsiche Motivation beschwört , würde ich ihn gerne mal in Einrichtungen der Pflege schicken , damit er mal ein Gefühl davon bekommt , was Arbeit ist und ob irgendwer die Arbeit dann ganz intrinsich ( unbezahlt ) machen will.
    Das ist mir alles zu abgehoben , was er sagt , wenngleich ich finde das er immer noch sehr gut aussieht und obwohl sein Bart inzwischen ergraut ist , das Haar ist schön braun und voll.
    Frau Schöneberger sieht inzwischen recht zerknautscht aus und in dem Kleid wie ein Michelinmännchen.
    Achso , ich war dann irgendwie erleichtert , das nach c.a. 6 Minuten keiner mehr in den Zähnen gepult hat und auch diese Essensunruhe weg war.

  • Precht hat in etwa umrissen, wo der Zug in den nächsten Jahrzehnten hinfahren könnte. Das hat sehr viel damit zu tun, wie wir Teilhabe und soziale Gerechtigkeit erreichen können/wollen.
    Er beklagt sich nicht über maulige Gesichter, sondern er hat drauf hingewiesen, dass viele Leute heute eine Arbeit machen, die sie nicht zufrieden stellt. Und dass viele viele Arbeitsplätze in der Zukunft wegfallen werden durch die Digitalisierung. Ich glaube, das ist unstrittig. Wie weit das gehen wird, können wir nicht wissen ... aber dass die Digitalisierung und Globalisierung da noch radikale massive Umbrüche für uns bereithält, und dass das die Lokomotive ist, die vor dem Zug fährt, ist unstrittig, glaube ich.


    Ich habe den Link reingestellt, weil da etwas prägnant formuliert ist, wofür man sonst länger lesen muss. Das ist quasi eine Folie, auf der man die Diskussion über soziale Gerechtigkeit und Teilhabe führen kann. Geht auch mit anderen Folien. Wer da was isst, und wie aussieht, ist doch egal.


    übrigens denke ich, dass die Arbeit in der Pflege nicht per se eine ungute Arbeit ist, eine „Drecksarbeit“ (wie das ja viele wahrnehmen, und was mit ein Grund ist, warum es so beschissen bezahlt ist), sondern nur innerhalb des jetzigen Systems. Wie gut intrinsische Motivation in der Pflege funktioniert, sieht man dann zb in Familien ... Was jetzt nicht heißt, dass man das so übertragen sollte auf Einrichtungen.

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  • Danke , ich hab jetzt verstanden , wo Du drauf hinaus willst.
    Ich kann mit so kurz umrissenen , oberflächlichen Sachen immer wenig anfangen , ich fand Precht schon mal geistreicher und hab die Befürchtung es ging nur darum sein Buch auf den Markt zu schmeißen.
    Darum hab ich seinen Show Wert beurteilt :)
    Über den Wegfall von Arbeitsplätzen hab ich mal vor 20 Jahren schöne lange Gespräche mit einem Sozialwissenschaftler geführt , der die Ansicht vertrat , das wenn man Arbeitsplätze in Zukunft sichern will , geht das überwiegend über Dienstleistung . Mit Dienstleistung sind dann überwiegend die sozialen Berufe gemeint.
    Das wäre jetzt so meine Folie zuzüglich Franz Werfels Roman " Stern der Ungeborenen " in dem er in einer utopischen Gesellschaft( ohne Krankheit , Arbeit etc ) auf die Frage abzielt ob Menschen generell in der Lage sind , konfliktfrei zu leben.
    Ich kann mir nicht vorstellen , auch mit der besten Bildung nicht ( Precht ist ja der Ansicht , man kann Kindern mit Bildung intrinsiche Motivation vermitteln ) das Menschen sich freiwillig schwierige Arbeiten aufbürden würden.
    Die konstruktiven Ideen , die ich zum Thema hätte wären bessere Arbeitsbedingungen , weniger Arbeitszeit , ob da jetzt noch zwingend das Grundeinkommen mit dazu muß, weiß ich nicht . Ich weiß dann nicht , wie man das fair regeln will, das welche arbeiten und andere nicht. Ein paar intrinsiche gibt es ja wirklich , aber der überwiegende Teil würde wohl auf Arbeit verzichten. Es gibt aber Arbeiten , die notwendig sind und bleiben .
    Hier gibt es ein paar Daten:
    http://www.ard.de/home/themenw…Arbeit/3598690/index.html
    Und ganz ehrlich , ich bin gegen Pflegeroboter !

  • Ehrlich gesagt denke ich persönlich ja schon lange, dass sich alle "Gruppen" mal zusammen schließen sollten.
    Ist ja dann eigentlich erst richtige Inklusion.
    Momentan sieht es für mich in Deutschland so aus, das eigentlich jeder für sich alleine kämpft und gleichzeitig die verschiedenen Gruppen auch ein Stückweit gegeneinander ausgespielt werden. Also ich meine mit Gruppen Menschen mit Behinderung, HarzIV-Empfänger, Flüchtlinge / Asylanten, Migranten, Sozial schwache, Andersdenkende und - fühlende (Transgender, Homosexualität usw.). Ich glaube, wenn sich diese Menschen alle zusammen tun würden, dann wären wir in der Überzahl.


    Die Idee ist gut, aber ich bin leider skeptisch, ob sie funktioniert, denn dafür müsste man ja gemeinsamen Ziele formulieren, mit denen sich alle identifizieren können. Welche Ziele könnten das sein?


    Es ist ja so, dass es selbst innerhalb dieser einzelnen Gruppen nicht funktioniert, sich auf gemeinsame Ziele zu einigen. Ich hab ja selbst mitbekommen, wie heftig z. B. die Autistenszene (eine der wenigen Gruppen, die ich aus eigener Erfahrung kenne) untereinander zerstritten ist. So zerstritten, dass ich mich irgendwann wieder zurückgezogen habe, weil ich daraus nichts Positives mehr für mich ziehen konnte.


    Wenn dieses Kämpfen für ein gemeinsames Ziel selbst innerhalb der einzelnen Interessenvertretungen nicht funktioniert, wie soll das dann erst in einem noch größeren Rahmen funktionieren, sozusagen in einer Art "Dachverband" dieser einzelnen Interessengruppierungen?


    Wünschenswert wäre es natürlich, aber die Frage wäre zuerst, gibt es überhaupt gemeinsame Ziele, mit denen sich alle identifizieren können? Aktuell sehe ich das noch nicht.

  • Gemeinsame Ziele kann man wahrscheinlich besser formulieren , wenn es gemeinsame Grundvoraussetzungen gibt.
    Im Moment sind ja selbst die Lebensumstände von bestimmten Gruppen völlig unterschiedlich.
    Der eine hat einen freundlichen Sachbearbeiter , der andere nicht. Der eine hat eine gute Schule , Kiga, Wohnmöglichkeit , Unterstützung , Wohnung , usw.., der andere nicht. Und da beißt sich dann ja irgendwie die Katze in den Schwanz , durch die völlig willkürlich verteilten Bedingungen lässt sich schwer Einigkeit erzielen , weil jeder andere Baustellen hat. Und an der Willkürlichkeit der Bedingungen lässt sich schwer was ändern , weil gemeinsame Ziele aus dieser Willkürlichkeit so schlecht zu formulieren sind.

  • Vielleicht bin ich zu naiv... Aber ich dachte bessere Lebensbedingungen und eine freundlichere Gesellschaft in der alle dazu gehören wäre doch allgemein das Ziel von allen. Oder seh ich das so falsch?
    Ich denke eher, das viele andere Wege / Zwischenziele sehen. Aber ich glaub wirklich, dass das Endziel letztlich bei allen gleich ist. *grübel*

  • Ich habe keine Lust, mir das Video anzuhören, würde es lieber als Text lesen.


    Aber ich glaube, dass die Inklusion Behinderter eine Vorreiterrolle einnimmt, und von diesem Weg andere profitieren könnten.
    Das sieht man schon in der Schule, dass da ein Umdenken stattfindet. Plötzlich merkt man z.B., dass ein Talker bzw. die zugehörigen Piktogrammkarten auch bei anderen Schülern (solchen mit Migrationshintergründen) hilfreich ist.
    Hier geschieht sogar eine Dynamik mit Wechselspielen. In der Apotheke hängen nun Bilder aus, mir denen man schmerzhafte Körperstellen zeigen kann. Das hängt klar mit der Flüchtlingsstrom zusammen. Für die Behinderten ist man früher nicht auf eine solche Idee gekommen.


    Trotzdem sind die Zielesetzungen so unterschiedlich, dass man das nicht in einen Topf werfen kann.Aber wechselseitige Einflüsse sind denkbar.