Hallo ihr!
Ich habe mich lange nicht mehr gemeldet aber immer wieder mal reingeschaut.
Ich bin inzwischen sehr krank (körperlich) und habe leider bisher keinen Platz in der Schmerz- und Palliativtherapie bekommen. Anderes Thema.
Es ist jetzt was anderes, was ich mir mal von der Seele schreiben möchte und fragen, ob jemand eine Idee hat, bezüglich “Kommunikation”.
Also:
Sie (jemand aus meiner Familie) macht Bewegungen Richtung Fenster. Ich gucke hin, was sie da für Bewegungen macht (sieht aus wie Turnübungen, bei denen sie den Hals unnatürlich verlängert).
“Ich gucke, wie das Wetter ist.” sagt sie. Ich weiß nicht, mit wem sie spricht. Vielleicht auch mit meinem Vater, der gerade sitzen soll (dann sagt sie auch einen ähnlichen Satz: Guck mal, das Wetter draußen, guck mal aus dem Fenster! Guck mal!)
Wenn ich aber gemeint sein soll weiß ich bei solchen Aussagen von ihr, dass sie irgendetwas von mir will. Das ist mir klar, das verstehe ich. Aber was sie will, weiß ich immer nicht.
Wenn ich nachfrage: “Was möchtest du, was soll ich machen?” reagiert sie sauer. Sie antwortet dann: “Was soll ich schon wollen, ich habe mir abgewöhnt, was zu wollen” oder “Du stellst mich schon wieder so hin, als wäre ich eine schreckliche Tyrannin”
Nachdem sie dann diese Antworten gegeben hat und ich mehrfach gesagt habe, dass sie doch bestimmt irgendwas erwartet, sagt sie dann schließlich mit einer angespannt-gequetschten Stimme z.B. “Du könntest den Weg vor dem Haus fegen”.
Bestenfalls sagt sie es so. Manchmal sagt sie: “Heute ist Fege-Wetter” oder auch nur “Letzte Woche war ja so viel Wind.” (das ist dann weiterhin nicht hilfreich)
Ich habe sie immer wieder mal gebeten, doch einfach gleich z.B. zu sagen: “Kannst du heute die Auffahrt fegen?” oder "Kannst du die Terrassentür putzen?"
Aber auf solche Bitten nach klarer Kommunikation reagiert sie sauer. Sie sagt dann: “Warum kritisierst du mich immer?” oder “Warum muss ich eigentlich immer alles so machen, wie du es willst?” oder “Du hast doch selber Augen im Kopf, und siehst, was zu machen ist” (Ja, vielleicht hatte ich mir schon auf meinem inneren Terminplan vermerkt, dass ich heute die Auffahrt fege?) oder “Soll ich Befehle erteilen oder was?” (Naja, “kannst du heute die Auffahrt fegen” ist - linguistisch gesehen - kein Befehl, sondern eine Frage, aber wenn ich ihr das sage, sagt sie: “Immer musst du jeden Satz so genau analysieren, es ist doch egal, wie ich es sage, immer musst du mich kritisieren”).
Okay, das könnte jetzt einfach ein kurzes Wortgefecht sein. Aber oft hört sie dann nicht auf. Sie sagt dann zur Katze: “Ja, Kitty, nichts macht man richtig. Alles ist so anstrengend, Kitty, als hätte ich nicht schon genug Probleme, warum kann man nicht freundlich miteinander umgehen” Ich glaube, "man" ist dann "ich".
Oder sie redet ununterbrochen vor sich hin, wie schrecklich alles sei, wie schrecklich ihr Leben sei. Und schlimmstenfalls macht sie dann den ganzen Tag ein Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen, redet nicht mit mir, sondern schnauft immer wieder laut. Wenn ich dann nachfrage sagt sie: “Immer mußt du mich kritisieren und glaubst, dass ich irgendwas will, ich nehme mich doch schon so zurück, ich sage ja schon gar nichts mehr, du stellst mich immer wie eine böse Person hin, ich mache doch jetzt die ganze Zeit gar nichts….” usw.
Oder sie setzt sich abends, wenn ich Fernsehen schaue, stumm in meinen Rücken. Das ist das allerschlimmste. Dieses "Zitronengesicht" und sich in meinen Rücken setzten. Ich spüre ihr Gesicht im Rücken. Ich kann dann gar nicht mehr sprechen. Auch nicht mit dem Fernseher oder der Katze.
Ich habe keine Kraft mehr für so etwas. Ich muss den Tag herumkriegen unter sehr schweren Schmerzen und mich um vieles hier im Haushalt kümmern, und das irgendwie in die Minuten legen, die ich aufrecht stehen kann. Das ist ja okay, wir wohnen hier zu dritt, aber ich habe dazu wenig Kraft, diese seltsame Kommunikation auszuhalten, immer jeden Satz auf den Aufforderungsgehalt zu prüfen und bei Nachfrage auch keine Antwort zu bekommen.
Wenn jetzt jemand die Idee mit "Pflegedienst" oder "Familientherapie" hat: Pflegedienst hat sie abbestellt, und Therapie lehnt sie ab und meine Eingliederungshilfe ist ausgelaufen, nachdem ich nicht zwei mal die Woche "Kaffeetrinken und Billardspielen" wollte.
Ich halte nichts von dieser Unterscheidung "neurotypisch vs nicht-neurotypisch", aber ich denke manchmal an diesen Spruch: Look at me, I'm a neurotypical, I give wired hints at things instead of just telling people (Guckt mal, ich bin neurotypisch, ich mache verworrenen Andeutungen, anstatt zu sagen, was Sache ist)
Lynkas grüßt.