Selbst-Andere-Differenzierung/Selbst-Andere-Unterscheidung

  • Da geht es sehr ums Thema Modelling


    Ich habe im Youtube-Kanal von Anabel Cornago ein paar Videos gesehen von den Übungssequenzen mit Erik. Also da sind schon ganz tolle Elemente drin. Sie hat auch immer auf ihn gezeigt oder auf sich wenn sie "ich" oder "du" sagte. Meinst du das Modelling in diese Richtung?

  • Hallo Michie,


    ich will mir kein Urteil über Anabel Cornago erlauben, ich kann es nur auf Hans beziehen: Mit Hans funktioniert es so überhaupt nicht. Dieses überdeutliche, überzeichnete Interagieren und Reden ist ihm total zuwider, mir ehrlich gesagt auch - vielleicht liegt das an dem überschießenden "Mitschwingen", das er hat und das ich ja auch habe. Die klassische Therapiesituation visavis am Arbeitstisch funktioniert auch sehr schlecht mit Hans, auch das verstehe ich gut, denn da bekommt alles nochmal einen Extra-Scheinwerfer.


    Bei uns geht so etwas nur beiläufig, im ganz normalen Alltag. Wenn ich möchte, dass er etwas mitbekommt, dann mache ich das einfach, in dem Beispiel ich-du-Vertauschung würde ich wohl einfach öfter mal beim Reden mit Dritten parallel mit der Gebärde unterstützen (also auf sich oder den anderen zeigen bei "ich" oder "du"). Seine heißgeliebte Erzieherin im Kiga hat das auch ein bisschen deutlicher herausgestellt, aber trotzdem in einer natürlichen Situation, nicht als Therapiesituation.


    Modeling machen wir alle im Alltag, so alltäglich sollte es auch dann daherkommen, wenn man es bewusst macht. Eine Freundin hat ihr Kind zum Talken mit dem Talker bekommen, indem sie das Gerät einfach selber benutzt hat zum Reden. Das ist das deutlichste Beispiel für Modeling, das ist kenne.


    Bei der Ich-Du-Vertauschung wirst Du einfach ein wenig Geduld brauchen, das ist ja bloß das äussere Anzeichen dafür, dass er noch keine Trennschärfe hat. Wenn die mehr wird, dann wird auch sein Gefühl fürs "Ich" schärfer, und er wird es automatisch richtig herum sagen.



    Zitat

    Resultat: sie sitzt da und grinst mich provokant an, der kleine Prinz sitzt da und heult....

    Ich sag jetzt mal ganz frech: Daran siehst Du, dass Schimpfen auch bei nichtautistischen Kindern nicht viel bringt. Ich habe mir angewöhnt (angewöhnen müssen, weil Hans sonst flippt),wenn ich an einem Familienmitglied etwas zu motzen habe, das ohne "Schimpfen" rüberzubringen. Also ich sage, was mit nicht passt, aber in sachlichem, möglichst warmem Ton und mit Respekt. Das ist jedenfalls das Ideal, natürlich werde ich manchmal sauer, aber dann bezieh ich das auch darauf (Gewaltfreie Kommunikation, Ich-Botschaften). Dann sehen die Kinder gleich, dass hier keiner perfekt ist, Mama Fehler macht, und auch Gefühle hat.
    Aber meine Gefühle einerseits und inhaltliche Kritik an dem, was zb meine Tochter tut oder nicht tut andererseits, versuche ich auseinander zu halten. Fahre sehr gut damit, meine Tochter fühlt sich damit sehr respektiert.


    Bei meinem Mann gelingt mit das leider nicht immer so gut :icon_redface Der nimmt's Gottseidank sportlich.


    Unser Hund verträgt übrigens Schimpfen und Streit auch sehr schlecht, kann ich nur empfehlen, sich so einen vierbeinigen Lehrmeister in Sachen gewaltfreie Kommunikation als Vorbild zu nehmen :P


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Hallo Enscha ,


    das hört sich interessant an.....
    Ich muß allerdings gestehen, das es mir bei aller gewaltfreien Kommunikation auch immer wichtig ist, das ich authentisch bleibe.
    Ich würde das für meinen Teil wenig sinnvoll finden, wenn ich meinen Unmut , vorausgesetzt , jemand schrammt mit deutlicher Kontinuität an meinen Grenzen rum , im warmen Tonfall vortrage :rolleyes: .
    Ich finde das hat was von doppelter Botschaft ( double binding )
    Mein Gegenüber sollte schon eine Ahnung davon bekommen, welche Gefühle ich da grade anspreche.
    Wichtig ist mir immer , auseinander zu klamüsern, wer mein jeweiliger Ansprechpartner ist, und das kein anderer davon betroffen ist.
    Das heißt für mich, das Konflikte mit dem einen nicht vor einem anderen ausgetragen werden.
    Nur zur Beruhigung , ich schreie nie , aber mein Tonfall kann kurzfristig schon mal etwas schärfer werden.
    Unser Hund würde , wenn er in warmen Tonfall drauf hingewiesen wird, das er jetzt möglichst nicht einen toten vergammelten Maulwurf , den er im Wald gefunden hat auffressen soll, freundlich zurückwedeln und den Maulwurf nicht ablegen. Das Kommando muß dann kurz und deutlich sein.
    Längere wörtliche Erklärungen versteht er eher nicht :D:D Aber kann eine deutliche Unterscheidung im Tonfall vornehmen :):)


    Wie ist das bei Eurem Hund?

  • Hallo Dagmar,


    Zitat

    Ich würde das für meinen Teil wenig sinnvoll finden, wenn ich meinen Unmut , vorausgesetzt , jemand schrammt mit deutlicher Kontinuität an meinen Grenzen rum , im warmen Tonfall vortrage

    Da hast Du total recht. Was Hans betrifft, der braucht diesen wohlwollenden Ton einfach, sonst versteht er den Inhalt nicht und blockiert. Bei der Tochter ist "warm" vielleicht der falsche Ausdruck. Aber ich bemühe mich, dass es ohne Anschreien geht bzw ohne diesen scharfen Ton, der einem so leicht rausrutscht ... Ich bin quasi vom Hans konditioniert auf sanft bleiben. Allerdings wissen meine Kinder, dass sie sich vom Inhalt sich die Zähne an mir ausbeißen :D


    Also wohlgemerkt, das mit dem ruhig bleiben, das ist der Idealzustand. Den erreiche ich natürlich nicht immer. Aber wenn einem halt alles um die Ohren fliegt, wenn man emotional wird, dann merkt man, dass man doch auch bei Geduldig bleiben noch Luft nach oben hat, und das auch etwas mit der Grundeinstellung zu tun hat.
    Der "wohlwollende Ton" funktioniert übrigens nur, wenn ich ihn auch so empfinde. Wenn ich merke, dass ich Hans grade auf den Mond schießen will, dann ist schlauer, ich nehme mir eine Auszeit, oder rede jedenfalls nicht.



    Das mit dem Hund ist total interessant, denn es gibt da eine Menge Parallelen zu den Kindern, und ich habe in der Hundeschule eine Menge brauchbares gelernt. :D Bzw andersrum in der UK eine Menge, was mir mit dem Hund hilft.
    Unser Hund hört kaum noch auf Kommandos, sondern wir versuchen das mit nonverbaler Kommunikation. Das klappt zuhause perfekt, es braucht eigentlich bloß einen Augenwink, wenn der Hund vom Sofa soll, oder aus dem Zimmer. Ich benutze auch das Rückruf-Kommando nicht mehr, sondern gebe ihm zu verstehen, dass er jetzt hinter mich und dort bleiben soll. Funktioniert viel besser. Allerdings zeigt mir der Hund auch meine Grenzen deutlich, ganz entspannt: Da, wo ich in der Kommunikation versagt habe, er also nicht versteht was ich meine bzw der Meinung ist, das fällt nicht in mein Ressort, da macht er eben seinen eigenen Schuh. An den Stellen wo er da falsch liegt (Radweg zb, und Begrüßung von Besuch ;) ) ist er eben an der Leine. Wenn ich nochmal Nachhilfe beim Coach nähme, und da mehr Energie reinstecken würde, würden wir das auch auflösen können. Ansonsten kann man "auf hundisch" auch viel über innere Entschlossenheit und so erreichen, was beim Hund UND beim Hans super funktioniert.


    Der Hund steht eigenartigerweise von sich aus nicht auf Gammel-Maulwürfe oder alten Fisch, essensmäßig. :P Da hätte ich sonst schlechte Karten ... Er legt sich da ganz gerne mal rein, aber wir haben einen schönen Bach um die Ecke, und baden tut er eh gern ...


    Wir wollten ja, wegen Hans, dass der Hund eigenständig ist, also zb sich nach Gutdünken verzupft, wenn Hans ihn nervt. Das ist er dann natürlich auch an manchen Stellen, wo es stinkt oder staubt, das nehme ich in Kauf. Allerdings ist er vom Naturell her auch einer, der nicht auf den Chefposten aus ist, und der aus lauter Anstand niemals zb Essen klauen würde.


    Zitat

    Längere wörtliche Erklärungen versteht er eher nicht

    :icon_lol Das ist bei unserem Hund auch so. :D Und beim Hans auch oft :D

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Hallo Enscha ,


    Mein Ideal Zustand ist authentisch sein :)
    Ich bin ohnehin ein eher sehr ruhiger Mensch und es dauert lange , bis ich unruhig werde :)
    Also bei mir ist ohnehin sehr viel Luft nach oben........
    Und wenn ich ärgerlich bin( natürlich muß dann auch ein tatsächlicher Grund vorliegen ) , bin ich ärgerlich und nicht wohlwollend.
    Das Gefühl möchte ich dann auch transportieren.
    Wenn ich einen scharfen Tonfall anschlage passiert das eher nicht, weil ich dann am Rad drehe , oder nicht mehr geduldig sein kann , ich WILL dann nicht mehr geduldig sein.
    Meiner Ansicht nach ist es wichtig , die Gefühle auch zu transportieren, weil die anderen dadurch selbstverständlich auch das Recht haben, begründet ärgerlich zu sein!
    Ein dauerhaft wohlwollendes Klima würde ich wohl eher belastend finden, da hätte ich die Angst, das Gefühle untergehen oder verdrängt werden und dann irgendwann anderswo kanalisiert werden.


    Nee , unser Hund suhlt nicht, was ja dann auch wieder erfreulich ist.
    Möglicherweise gibt es da auch unterschiedliche Vorlieben bei Hunden :):)
    Die anderen Erziehungsmethoden, die Du hingeschrieben hast, verstehe ich nicht so ganz , wir haben aber auch nur einen ganz normalen Goldie , der ohne Coach aufgewachsen ist.
    Ich würde mal sagen, ein ganz normaler , ruhiger und zuverlässiger Hund :):)

  • Danke für euren Input,


    Also, ich werde nicht laut oder so, wenn ich schimpfe. Ich habe ihr nur in einem genervten Ton erklärt, dass bei mir die Luft raus ist. Das kommt ganz selten vor, dass mich eines meiner Kinder so weit zu reizen vermag, dass ich so genervt bin. Ich nutze das dann eigentlich auch immer und weise auf meinen Gesichtsausdruck hin, damit auch der kleine Prinz mich lesen lernt, und auf meine Tonlage (habe ich an diesem Tag aber nicht gemacht, weil er es ja auf sich gemünzt zu haben schien und traurig war, dann habe ich ihn natürlich getröstet).


    wäre es Dir möglich , die Fee in einem anderen Zimmer , nicht vor dem Prinzen auszuschimpfen?


    Wenn ich mir angewöhnen würde, mit ihr rauszugehen, dann würde ich eh nicht mehr schimpfen ... ;)


    öfter mal beim Reden mit Dritten parallel mit der Gebärde unterstützen (also auf sich oder den anderen zeigen bei "ich" oder "du")


    Ich habe es zwar immer in der Kommunikation mit dem kleinen Prinzen so gehandhabt, aber mir wär nicht die Idee gekommen, es bei der kleinen Fee auch so zu machen ... Danke!


    natürlich werde ich manchmal sauer


    Ja, ich auch. Ich sage ihnen ja auch immer, "Ich bin jetzt ziemlich sauer, weil ..." Aber als ich in der oben beschriebenen Situation dabei einen so genervten Ton hatte (=schimpfen), war es an diesem Tag zu viel für den kleinen Prinzen. Da muss ich einfach mehr an mir arbeiten. Ich komme dann auch oft in eine komische Gefühlslage, weil mein Mann, der prinzipiell nur laut und sehr energisch schimpft, mir vorwirft, dass ich mit dieser ruhigen Art nicht bei den Kindern ankomme, sie mich nicht respektieren, was aber keinesfalls stimmt! Er selbst hat eine sehr aufbrausende Art und findet auch, dass man die braucht, damit die Kinder auf einen hören. Das ist eigentlich der Diskussionspunkt Nr. 1 in puncto Erziehung zwischen uns.


    Konflikte mit dem einen nicht vor einem anderen ausgetragen werden


    Also gehst du z.B. mit einem Kind raus und schimpfst, auch wenn ihr gerade beim Mittagessen sitzt?


    Ich in ja in der Regel auch sehr geduldig, aber an besagtem Tag hat mich die kleine Fee durchgehend mit allerlei Schabernak gereizt, sie kam mir vor wie ein kleiner Teufel, der in einer Flasche eingeschlossen ist. Normalerweise kann der kleine Prinz es auch gut unterscheiden, ob ihn etwas angeht oder die kleine Fee ... Er sagt dann auch oft "Mach nicht solchen Blödsinn" oder "So ein Lausmädchen" etc (von mir abgekupfert natürlich). Nur an diesem einen Tag scheint diese Abgrenzung nicht geklappt zu haben. Kann das sein, dass es vom Tag abhängt, ob man sich da besser oder weniger gut abgrenzen kann? Oder war es vielleicht einfach nur dieser genervte Ton, und er war geräuschempfindlicher an diesem Tag? Heute beim Einschlafen hat ja z. B. der Wind unsere Raffstores vor dem Fenster ganz leicht gestreift, was für mich ein ganz leises Geräusch war, und Sohemann meinte "laut"...

  • Ich denke auch, es ist ja kein Drama, wenn der kleine Prinz da mal weint, auch wenn es IN der Situation schlimm ist. Mach Dir da selber nicht gar so viel Druck. Er wird auch Wichtiges lernen mit der Zeit aus solchen Dingen: Dass die Welt nicht untergeht. Dass Mama auch wieder rasch die alte, nette ist, wenn sie fertig ist mit Schimpfen. Dass das die Schwester das gar nicht so schlimm findet (!).
    Hans hat aus kleinen und großen Krisen (auf die wir natürlich im einzelnen gerne verzichtet hätten) im Großen über die Jahre gelernt, dass alles wieder vorbei geht, und auf Regen Sonne folgt. Davor war er so im Moment, dass jedes Unglück immer TOTAL war.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
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  • Ja, es stimmt schon, ich setze mich da manchmal selbst zu sehr unter Druck, und wahrscheinlich ganz ungewollt auch meine Umwelt. Ich leide irgendwie so mit, wenn ich den kleinen Prinzen so verzweifelt sehe und ihm nicht helfen kann, und er mir zwar zu sagen versucht, was ihn da jetzt so fertig macht, ich es aber nicht verstehe ... Klar versuche ich, ihm diese Hilflosigkeit meinerseits nicht spüren zu lassen, aber ich brauche all meine Kraft. Ich stell mir dann wirklich innerlich vor, ich bin ein Felsen, und das Meer tobt sich an mir aus ... so blöd es auch klingen mag. An solchen Tagen, wo er sich schlechter abgrenzen kann, hat er auch viel ausgeprägter seine "kleinen fixen Ideen", dazu schreibe ich jetzt im anderen Thread weiter.

  • Gestern ist mir wieder sowas aufgefallen, was mit der Selbst-Andere-Differenzierung zusammenhängt.


    Der kleine Prinz hatte bereits Saft (aktueller Favorit: Mangosaft), und ich fragte die kleine Fee, ob sie denn auch ein Glas Saft haben möchte, vielleicht Erdbeersaft? Daraufhin ärgert sich der kleine Prinz total und meint, nein, er möge keinen Erdbeersaft, sondern Mangosaft (den er ja schon hatte, und ich hatte die kleine Fee extra beim Vornamen angesprochen, weil ich ihn ja schon kenne).


    Natürlich erkläre ich es ihm immer wieder in aller Ruhe, dass ich da nicht ihn meinte, sondern seine Schwester, aber das hilft gar nicht. Kann man da visuell etwas machen? Hat jemand eine Idee? Ich arbeite mich ja gerade seeehr langsam in GTN etc. ein, aber vielleicht ginge das dort?

  • Vielleicht kannst Du ihm in GTN und/oder in Papierversion ein Buch machen, wo Lieblingsessen oder so von verschiedenen Menschen dran kommt?
    Vielleicht mit Blödel-Potential: Du kennst bestimmt das Spiel, wo man aus Köpfen, Körpern und Füssen immer neue lustige Figuren kombiniert? Sowas kann man auch gut in GTN machen (ich meine, es gibt Quatschsätze in der Online-Galerie, von Angela Hallbauer - die kannst Du umbauen; oder eine Erzählgeschichte umbauen - so, dass die Varianten halt die persönlichen Vorlieben der Leute sind)


    Es gibt auch ein Bilderbuch, fällt mir grade ein, wo ein Mädel alles mögliche nicht mag, und immer frisst's dann der Dackel (der mag alles). Komme aber nicht auf den Titel, sehr schönes Buch.


    edit: hab's gefunden, das Buch: http://www.fabelhafte-buecher.…reim-und-magenbilderbuch/

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  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.