Berührungsängste und Unsicherheit im Umgang mit behinderten Menschen

  • Viele Eltern und Selbstbetroffene ärgern sich oft, wenn sie aufgrund der Behinderung des Kindes oder der eigenen Behinderung angestarrt werden und wenn sich die Leute ihnen gegenüber seltsam verhalten. Manche behinderten Menschen müssen sich sogar blöde und auch grenzüberschreitende Sprüche anhören.


    Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
    Wie habt ihr euch behinderten Menschen gegenüber verhalten, bevor ihr euer Kind hattet?
    Seid ihr im Umgang mit behinderten Menschen selber unsicher?


    Jeder Mensch ist individuell und reagiert anders. Was würdet ihr euch von euren Mitmenschen wünschen? Dass sie bei Unsicherheiten Fragen stellen und offen auf euch zugehen, anstatt zu glotzen, oder dass sie euch einfach in Ruhe lassen?
    Sprecht ihr die Leute, die gaffen, sogar selbst an und versucht mit ihnen ins Gespräch zu kommen?

  • Hallo, ich bin heute erst hier auf das Forum gestoßen aus beruflichen Gründen bei der Suche nach Informationen über Autismus.


    Selber bin ich zwar schwerbehindert allerdings "nur" aufgrund einer Immunerkrankung. Es macht mich betroffen, wenn ich in diesem Forum lese, dass es immer noch so sehr schwierig ist, mit einer Behinderung oder mit einem behinderten Angehörigen in der Gesellschaft anerkannt zu werden. Aufgrund meines Nebenjobs (Betreuungskraft in einer pädagogischen Reitschule mit heilpädagogischem Reiten) habe ich das Glück, immer wieder mit vielfältigen Menschen und Kindern in Kontakt zu kommen und zu sehen, wie unwichtig diese eine Behinderung des Menschen ist. Menschen sind Menschen. Jeder ist anders als der andere. Und jeder kann vielfältig sein. Und ich bin sehr dankbar, dass meine "Hemmnisse" bei der Kontaktaufnahme immer weniger werden und ich daran wachsen kann.


    Ich freue mich auf einen Austausch ! Ganz liebe Grüsse FNB

  • Hallo!


    Schön, dass du dich hierher gefunden hast, FNB. Wenn du magst, kannst du dich gerne registrieren. :)


    Für mich ist das Thema irgendwie schwierig. Mir sieht man eben keine Behinderung an, deswegen krieg ich auch keine blöden Blicke und selten blöde Kommentare.
    Allerdings ist es für mich manchmal schon so, das ich auch nicht genau weiß wie ich jetzt auf einen Mensch mit Behinderung reagieren soll. Das liegt aber nur begrenzt an der Behinderung selber.
    Ich weiß auch selten wie ich auf andere Menschen reagieren kann / soll. Man hat ja nur das Äußere erstmal, bevor man einen Mensch kennen lernt. Bei einer sichtbaren Behinderung kommt das Problem das man eben erstmal schaut und überlegt.
    Für mich selber ist eine Behinderung nichts wo unnormal ist. Meine Schwierigkeit besteht eher darin das ich nicht gut einschätzen kann, welches Verhalten jetzt das passende wäre. Manche möchten ja irgendwie auf gar keinen Fall darauf angesprochen werden, andere sind froh wenn man sie darauf anspricht und freundlich nachfragt usw... Das kann man nur eben vorher nicht wissen.


    Mir kommt da gerade eine Begegnung von Sonntag Nacht in Erinnerung...
    Ich wollte noch schnell zur Toilette, bevor wir nach Hause fahren und wollte eben zum Behinderten-WC mit meine Schlüssel. Nur da lag davor ein Mann halb schlafend im Rollstuhl der auch sehr unangenehm roch. Mein erster Gedanke war tatsächlich, dass sich da eben Obdachloser wohl nen ruhigen Platz zum Schlafen gesucht hat... *schäm*
    War gar nicht so. Der schien echt happy zu sein, als ich dann mit meinem Schlüssel hin bin um das WC aufzuschließen. Da meinte er dann nämlich, dass er seinen eigenen Schlüssel verloren hat und nicht rein kam. Daher sicherlich auch der Geruch...
    Ich hätte ihn sogar direkt reingelassen und wäre auf´s normale WC gegangen (kann ja laufen), aber er hat gemeint ich darf ruhig zuerst gehen. Er war wohl einfach nur glücklich, dass er dann auch gleich rein kann.


    Tja... Da hab ich dann gemerkt das ich leider immer noch sehr schnell mit Vorurteilen bin. Was mich irgendwie traurig macht, weil ich das gerne abstellen würde.



    Hmm... Ich muss sagen, ich genieße es richtig, wenn einfach so offen und normal umgegangen wird. Auch mit meiner Behinderung, obwohl man sie nicht sieht. Das ist leider immer noch nicht selbstverständlich, obwohl es das wirklich sein sollte!



    LG Trixi

  • FNB,


    schön, dass du ins Forum gefunden hast.


    Behinderung oder mit einem behinderten Angehörigen in der Gesellschaft anerkannt zu werden. Aufgrund meines Nebenjobs (Betreuungskraft in einer pädagogischen Reitschule mit heilpädagogischem Reiten) habe ich das Glück, immer wieder mit vielfältigen Menschen und Kindern in Kontakt zu kommen und zu sehen, wie unwichtig diese eine Behinderung des Menschen ist.


    Das ist interessant. Arbeitest du in Deutschland?


    Hallo, ich bin heute erst hier auf das Forum gestoßen aus beruflichen Gründen bei der Suche nach Informationen über Autismus.


    Da bist du bei uns goldrichtig :)
    Viel Spaß beim Austausch.


    Allerdings ist es für mich manchmal schon so, das ich auch nicht genau weiß wie ich jetzt auf einen Mensch mit Behinderung reagieren soll.


    Trixi, das ist ja auch oft nicht ganz so einfach, erst recht, wenn man ungeübt ist und noch keine Erfahrungen hat. Jeder Mensch ist anders, fühlt und denkt unterschiedlich.
    Je mehr wir Inklusion leben und je mehr behinderte Menschen sich mitten in der Gesellschaft aufhalten und teilhaben, werden die Unsicherheiten und Berührungsängste immer weniger werden.


    Tja... Da hab ich dann gemerkt das ich leider immer noch sehr schnell mit Vorurteilen bin. Was mich irgendwie traurig macht, weil ich das gerne abstellen würde.


    Ich glaube, das geht doch jedem so. Wichtig finde ich, dass man das erkennt und sich selbst immer wieder hinterfragt und offen ist, seine Einstellung zu überdenken und Vorurteile abzulegen.

  • Hallo zusammen


    Das kommt ganz drauf an wo ich gerade bin. In meinem Dorf gibt es eigentlich keine Komischen Blicke. Und wenn doch, ist es jemand neues, oder ein Besucher. Ausserhalb meines Radius sind Blicke normal. Mir fallen die aber gar nicht mehr auf. Wenn es jemand stört, dann Leute die gerade mit mir unterwegs sind.


    Es ist auch noch ein Unterschied, ob Kinder schauen, oder Erwachsene. Bei Kindern ist es eigentlich immer nur die Neugierte. Was hat dieser Mensch? Weshalb läuft der so. Wie sehr das Kinder beschäftigt zeigt folgendes Beispiel. Vor einigen Jahren war ich auf einem Dorffest. Mich kennen so gut wie alle im Dorf, und so können die Eltern auch meist den Namen von mir nennen wenn die Kinder fragen, wer der Mann ist, der so komisch läuft. Ich kam auf den Festplatz und da schrie bereits ein kleiner Junge. "Schau Mama, Raphi kommt!" Ich setzte mich zu ihnen, und die Mutter meinte dass er total Fan sei von mir. Es dauerte auch gar nicht lange, da meinte der Kleine: "Schau, ich kann so laufen wie du." Dann ahmte er mich nach. Die Mutter dann ganz beschämt zu mir. "Du wirst es nicht glauben, er hat das lange geübt. Ich musste lachen. Natürlich fragte mich der Kleine ein paar Fragen. Aber das wars dann auch. Es zeigt, wie sehr das kids beschäftigen kann. Das "nachäffen" ist gerade bei Kindern oft eine Methode das zu verarbeiten. Böse gemeint ist es selten.


    Wenn dumme Sprüche fallen dann meist von Alkoholisierten Personen. Und wenn dann doch mal eine Beleidigung fällt, dann ignoriere ich das. Wer weiss, was dem andern gerade für eine Laus über die Leber gelaufen ist. Das kommt aber so selten vor, dass ich mich an das letzte mal nicht auf die schnelle erinnern könnte.


    Was mir hingegen des Öfteren mal passiert, ist übertriebene Hilfeleistungen. Wenn ich mit Koffer unterwegs bin, und mich jemand fragt, ob er mir beim aussteigen aus dem Zug behilflich sein kann, ist das ja noch ok. Wer mich aber an die Hand nehmen will, um mir über den Zebrastreifen zu helfen, muss dann schon mal ein Spruch von mir einstecken.


    Gruss Raphael

  • Es dauerte auch gar nicht lange, da meinte der Kleine: "Schau, ich kann so laufen wie du." Dann ahmte er mich nach. Die Mutter dann ganz beschämt zu mir. "Du wirst es nicht glauben, er hat das lange geübt. Ich musste lachen. Natürlich fragte mich der Kleine ein paar Fragen. Aber das wars dann auch. Es zeigt, wie sehr das kids beschäftigen kann. Das "nachäffen" ist gerade bei Kindern oft eine Methode das zu verarbeiten. Böse gemeint ist es selten.


    In meiner Kindheit gab es in der Nachbarschaft auch ein Mädchen mit CP. Sie gehörte damals ganz normal mit dazu und wir spielten immer gemeinsam zusammen.
    Wir versuchten auch immer wieder so zu laufen wie das Mädchen, weil wir wissen wollten, wie sich das anfühlt. Manchmal haben wir Kinder einen "Wettkampf" daraus gemacht, wer es am längsten schafft, so zu laufen wie sie. Ich kann mich erinnern, dass es wahnsinnig anstrengend war und ich habe mich immer gefragt, wie sie das schafft, ohne erschöpft zu sein.

  • Neu erstellte Beiträge unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.

    Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.