Therapien bei Autismus

  • Die meisten autistischen Kinder erhalten Therapien.
    Oft werden Ergotherapie, Logopädie und Psychomotorik verordnet, manchmal auch Diäten.
    Viele Eltern finanzieren Therapien aus eigener Tasche z.. Tomatis-Therapie, Heilpädagogisches Reiten, Musiktherapie, Delphin-Therapie usw.


    Welche Therapien erhalten eure Kinder und welche Erfolge und Entwicklungen wurden dadurch ermöglicht?

  • Hallo Ella,


    von meinem 9 Jahre alten Neffen weiß ich, dass er (abgesehen von seiner Schulbegleitung) derzeit keine Therapien bekommt.


    Der Hauptgrund liegt darin, dass es bei uns im Landkreis (einer eher ländlichen Region) kaum autismusspezifische Angebote gibt. Eine Zeit lang ging er einmal die Woche zur zuständigen Kreisstadt in eine Einrichtung, die ambulante Autismustherapien für Kinder anbietet. Der Autismusbereich wurde meines Wissens nur von einem einzigen (!) Mitarbeiter abgedeckt. Seitdem dieser Mitarbeiter krankheitsbedinbgt für längere Zeit ausfiel, bekommt mein Neffe keine Therapie mehr.


    Ein weiter Grund liegt darin, dass meine Schwester gegenüber Therapien generell eher kritisch eingestellt ist, weil sie früher bei mir miterleben musste, wie sich meine Probleme trotz vieler Therapien über die Jahre immer weiter verschlimmert haben. Einerseits kann ich sie in dieser Haltung verstehen, andererseits denke ich, dass man meine Situation von vor 30, 40 Jahren nicht mit der Situation meines kleinen Neffen vergleichen kann. Damals wusste noch keiner etwas von Asperger und geeignete Therapien gab es nicht. Das ist ja heute zum Glück anders, deshalb sehe ich nicht die Gefahr, dass sich meine eigenen Geschichte an meinem kleinen Neffen wiederholt.


    Ich kann schlussendlich nicht beurteilen, ob und welche Art von Therapien mein Neffe braucht - und ob es solche Therapien bei uns in der Region überhaupt gibt. Zumal ja das Verhältnis zu meiner Familie (ich hatte bei RehaKids darüber geschrieben) bis heute nicht immer das Beste nicht. Ich kann nur darauf vertrauen, dass meine Schwester weiß, was sie tut und die richtigen Entscheidungen trifft im Sinne ihres Sohnes.

  • Hallo,


    wir haben Ergotherapie mit sensorischer Integration, letztere haben wir mittlerweile vollständig für zu Hause übernommen, bzw. Interaktionstraining. Unsere sehr motivierte Ergotherapeutin hat eine Motopädagogik-Kleingruppe auf die Beine gestellt, in der unser Sohn mit 5 anderen (NT) Kindern Interaktion und das Soziale lernen und üben kann. Reiten gehen wir auch 1x pro Woche, Ende Oktober startet die Musiktherapie, und bis vor KiGa-Start hatten wir auch noch 1x wöchentlich ESDM-Therapie. Im Sommer gab es eine Mini-Turngruppe im Entwicklungsambulatorium, und wir gehen zusätzlich alle 2 Wochen in den Musikgarten mit beiden Kindern.


    Wir haben 2 Monate lang die gf/cf-Diät probiert, das hatte bei uns allerdings recht negative Auswirkungen auf das Essverhalten unseres Sohnes, also haben wir das vorerst wieder sein lassen. Aus der SHG möchte eine Familie jetzt mit GAPS starten.
    Innerhalb der SHG werden wir 14-tägig eine Spielerunde organisieren, mal sehen, wie das funktioniert.


    LG

  • Dario, mich würde interessieren, wie sich dein Neffe ohne Therapien entwickelt. Gibt es trotzdem sichtbare Fortschritte? Oder glaubst du, dass er mit Therapien wesentlich mehr Fortschritte machen könnte?


    Das kann ich in wenigen Worte schwer sagen. Sicher könnte meine Neffe von einer guten Autismustherapie profitieren, das glaube ich schon.


    In der Schule läuft es meines Wissens einigermaßen. Seine Unruhe, seine Aufgedrehtheit und seine mangelde Konzentration sind allerdings stärker geworden im Vergleich zum Vorschulalter. Damals wirkte er noch um einiges ruhiger, das hat mir auch meine Mutter bestätigt.


    Dazu muss man wissen, dass bei meinem Neffen mal der Verdacht auf ein zusätzliches ADHS geäußert wurde. Meine Schwester hatte in daraufhin von einer Kinderneurologin in Hamburg untersuchen lassen. Was bei der Unersuchung im Einzelnen herauskam, weiß ich nicht, aber die Ärztin hätte meinem Neffen ein Medikament verordnet, mit der er wohl nicht so gut zurecht gekommen ist, so dass meine Schwester die Medikationen wieder abgesetzt hat.


    Ich bin wie gesagt nicht immer über alles im Bilde (das kann ich auch nicht verlangen), aber auf mich wirkt es so, als wenn nicht immer alles zufriedenstellend verlaufen ist, was Therapien betrifft. Das meine ich jetzt nicht als Vorwurf an meine Schwester, aber immerhin gab einige halb angefangene Sachen, die nach kurzer Zeit wieder beendet bzw. abgebrochen wurden. Über die Gründe kann und will ich aber nicht urteilen.

  • Aus der SHG möchte eine Familie jetzt mit GAPS starten.


    Diese Diät kannte ich noch gar nicht. Musste erst einmal googeln.
    Habt ihr davon schon gehört?


    Dario, danke für deine Antwort.


    Bei meinem Sohn waren die Sensorische Integrationstherapie und das Reiten am wirkungsvollsten.
    In der ersten Zeit gab es mit der Ergotherapie noch ein paar Fortschritte, aber dann kam es zum Stillstand.
    Logopädie war wirkungslos, weil die Logopädin nichts mit meinem Sohn anzufangen wusste. Er verweigerte sich den üblichen Abläufen und Angeboten.
    Letztendlich waren die Therapien am wirkungsvollsten, bei denen man mit meinem Sohn umzugehen wusste und wo man ihn so nahm, wie er war.


    Bei der Motopädie, Logopädie, Ergotherapie hatte ich immer das Gefühl, dass man von einigermaßen altersgerecht entwickelten Kindern ausgeht, die nur leichte Entwicklungsstörungen zeigen. Mein Eindruck war, dass alles, was darüber hinausging, die Therapeuten überforderte, vor allem, wenn die Kinder nicht einigermaßen sozial angepasst waren.

  • Ich bin ja der Meinung, die Therapie steht und fällt damit, dass die Therapeutin bzw der Therapeut wirklich fit ist und auch wirklich fürs Kind etwas bewegen will.
    Wir hatten zb Glück, eine Ergo zu finden, die sehr viel von Autismus versteht und auch sehr viel übers Lernen allgemein weiß. Sie traut ihm eine Menge zu, weiß genau, wann er "kippt", kann ihre Pläne entsprechend spontan ändern und hat ein perfektes Timing. Sie ist eine Meisterin darin, gutes Verhalten zu verstärken und schlechtes beiläufig zu nehmen. Sie nimmt nichts persönlich, und mich auf Augenhöhe ernst.
    Wenn man jemand findet, der so gut arbeitet, dann wäre die-/derjenige auch als Reit-, Musik- oder XY-Therapeut perfekt und würde viel bewirken.


    Ansonsten ist bei Autismus leider die Unterstützte Kommunikation immer noch weit unterschätzt.und zwar sowohl in ihrem klassischen Feld bei Nichtsprechenden, als auch bei Autisten, die gut sprechen können. Und auch TEACCH könnte viel mehr leisten, wenn man es nicht auf Banalitäten reduzieren würde. (Sind beides keine Therapieformen, sondern umfassende Konzepte)
    Es sollte also insgesamt viel mehr darum gehen, die Kommunikation zwischen dem autistischen Kind und seinem Umfeld ins Visier zu nehmen, in einer umfassenden Weise (zb auch Präkonzepte, Vorannahmen klarmachen, zb viel mehr bewusst mit Modeling arbeiten, ...).
    das gilt für jede Art von Therapie mit autistischen Kindern.
    Eigentlich ist da die Logopädie stark gefragt, ich fürchte aber, die meisten Logos haben das (noch) nicht auf dem Schirm und nicht die UK-Qualifikation dazu.


    Dafür brauchen wir viel mehr kompetente Therapeuten, und dafür brauchen wir (auf allen organisatorischen Ebenen) auch viel mehr Partizipation von erwachsenen Autisten.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Wenn man jemand findet, der du gut arbeitet, dann wäre die-/derjenige auch als Reit-, Musik- oder XY-Therapeut perfekt und würde viel bewirken.


    Ich stimme dir absolut zu.


    Kennt ihr "Le packing"? Davon habe ich bis heute noch nichts gehört.
    https://www.welt.de/gesundheit…-entzweit-Frankreich.html
    An Autisten werden immer wieder die kuriosesten Therapien ausprobiert. :eek

  • Diese Diät kannte ich noch gar nicht. Musste erst einmal googeln.
    Habt ihr davon schon gehört?


    Ich kenne das nur aus einem anderen Forum, dort hat eine Mutter geschrieben, dass der erste Tag der Diät der erste Tag war, an dem es einen Dialog mit ihrem Sohn gab ... Ich bin sehr skeptisch, zumal bei uns der gf/cf-Versuch eher gescheitert ist. Aber ich merke bei uns schon, dass mein Sohn ein wenig auffälliger ist, wenn er gerade verdaut. Ich kann mir vorstellen, dass das etwas mit der Körperwahrnehmung zu tun hat.


    Zum Thema GAPS, da kommt extra eine Ärztin aus Deutschland nach Wien und trifft sich mit der Familie. Empfohlen wurde das Ganze von einer anderen Ärztin aus der Steiermark. Die Familie wird mir von den Fortschritten berichten.


    LG

  • Dafür brauchen wir viel mehr kompetente Therapeuten


    Da bin ich absolut deiner Meinung! Unsere Autismustherapeutin ist z. B. eine wirklich nette Person, die ich persönlich gerne mag, aber wirklich kompetent finde ich sie nicht. Da fehlt der Weitblick (noch?). Ich hatte nämlich bei uns die ärztliche Leitung des Entwicklungsambulatoriums um eine ärztliche Verordnung für UK gebeten. Diese hat dann bei meiner Autismus-Therapeutin angerufen um nachzufragen, ob das denn wirkilch nötig sei, weil mein Sohn ja prinzipiell spricht. Daraufhin hat die Autismus-Therapeutin mich kontaktiert, und ich musste sie mit Youtube-Videos von Castañeda erst einmal überzeugen...


    Ganz anders die Ergotherapeutin, die selbst auch viel von dem Ansatz mit visueller Unterstützung hält.


    LG

  • Michie, ich würde mal positiv formulieren:
    Du hast offenbar eine echt gute Ergo.
    Und Du hast eine engagierte und empathische Autismustherapeutin, die nicht denkt, sie wisse schon alles.
    Das ist ganz schön viel, und Dein Sohn ist noch klein - gut aufgestellt, würde ich sagen ;)

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.