Wahlrecht für alle Menschen mit Behinderung

  • Die Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung Verena Bentele fordert ein Wahlrecht für alle Menschen mit Behinderung:
    Zeit-Artikel
    http://www.zeit.de/politik/deu…-behinderung-wahl-bentele


    Welt-Artikel:
    https://www.welt.de/politik/de…n-Wahlrecht-erhalten.html


    Ich bin der Gleichen Meinung wie Verena Bentele und würde ein uneingeschränktes Wahlrecht für alle Menschen mit einer Behinderung sehr begrüßen.


    Wie steht ihr zu dem Thema? Welche Meinung habt ihr?

  • Hallo Ella,


    ich finde das begüßenswert und würde ein Wahlrecht für Menschen unter Betreueung in jeder Hinsicht unterstützen.


    Wobei, auch wenn das ein anderes Thema ist, dann ist es im Grunde auch nicht mehr aufrecht zu erhalten, dass man Menschen unter 18 Jahren das Wahlrecht pauschal verwehrt. Ich persönlich wäre (ohne das an dieser Stelle ausführlich zu begründen) für ein generelles Wahlrecht ab 14 Jahren, das dann ohne Wenn und Aber für ALLE (!) gilt. Das ist derzeit leider (noch?) nicht mehrheitsfähig.

    Schade finde ich, dass man wegen solcher Ideen immer schnell in die "linke Ecke" gestellt wird, obwohl ich ich mich dort überhaupt nicht sehe. Von meiner Grundhaltung rechne ich mich am ehesten der bürgerlichen Mitte zu, aber Partizipation und demokatische Teilahme (egal ob für Menschen mit Behinderung oder für Kinder und Jugendliche) sind für mich Menschenrechte und sollten nicht für parteipolitischen Hickhack missbraucht werden.


    Dei Gleichberechtigung von Mann und Frau z.B. ist ja heute auch kein Thema mehr, über das sich Parteien im Wahlkampf profilieren müssen, sondern ein fundamentaler Konsens zwischen allen Demokraten. Bei anderen wichtigen Themen sind wir leider noch nicht so weit, dass sie zum allgemeinen und unverhandelbaren Wertekanon dazugehören.

  • Also ich kenne mich beim Thema Wahl und Politik und so nicht so wirklich gut aus...
    Aber ich dachte irgendwie, das alle Menschen über 18 wählen dürfen... *grübel* Welche Menschen sind denn derzeit ausgeschlossen? so ganz hab ich das irgendwie nicht verstanden.

  • Zitat

    Vilimsky hatte dafür plädiert, per richterlichen Bescheid klären zu lassen, ob eine unter Sachwalterschaft stehende Person ausreichend in der Lage ist, an Wahlen teilzunehmen. Denn: „Ein Gutteil weiß im Extremfall nicht, wie sie heißen und wissen nicht, dass demokratische Wahlen stattfinden.“


    puhhh! Respekt! SO kann man natürlich auf einfachstem Wege die kostenverursachenden Bedürfnisse behinderter Menschen gänzlich ausschalten =O
    ... all "diese" Menschen sind aber in ganz besonderer Weise darauf angewiesen, dass ihre Bedürfnisse in jedem Land wahrgenommen und berücksichtigt werden!!!


    Grundsätzlich finde ich Bundesweit ein einheitliches Wahlalter ab 16 Jahren sinnvoll.


    Auch ich hätte damals gerne schon gewählt und fühlte mich zu diesem Zeitpunkt dafür auch ausreichend informiert... obwohl ich (ja) damals anders gewählt hätte, als ich es heute tue!
    Trotdem finde ich -auch im nachhinein -, daß meine Stimme begründet ein Recht gehabt hätte.


    Wählen "unter einer Betreuungssituation"...


    Ich habe als Interessenvertreterin FÜR mein Kind zum allerersten mal! bei unserer Kreiswahl gestreikt..., da sämtliche Programme entwerder NICHTS für "uns" bereithielten, oder dreiste Lügenpakete waren, die ich bereits VOR der Wahl durch Informationen über tatsächlich geplante Vorhaben hätte widerlegen können! Das hat mich ziemlich frustriert... aber SO... konnte ich keine Stimme für UNS abgeben!


    Eine Wahl für kognitiv-/geistig Behinderte: JA!!!!!


    ...aber wie?
    Zwischen 16 und 18+ unter der Berücksichtigung IHRER Interessen durch die Eltern?... JA!
    Unter der Vormundschaft einer andersgearteten gesetzlichen Betreuung????????


    Ein gesetzlicher Betreuer hat ZIG Mündel und diese u.U. mit unterschiedlichsten Bedürfnissen (unterstellt interessieren ihn die Wünsche und Bedürfnisse der Betreuten nur partiell und nicht persönlich)!?!?!?


    Wenn dies also im INTERESSE der behinderten Personen vonstattengehen sollte, dann gehört dort eine Informationspflicht der Schulen dazu! (diese bildet, neben der Person und dem Elternhaus) ja auch die politische Bildungsgrundlage der sonstigen Erstwähler aus...


    Im Zweifel wäre es auch eine Aufgabe von Bundes und Landes Behindertenbeauftragten, -Vertretern,- Verbänden, die Wahlprogramme nach spezifischen Besonderheiten für Behinderte zu durchleuchten/ zu bewerten, um allen, die nicht unbedingt geopolitischen Interessen bei ihrer Wahl folgen können, zumindest die Relevanz und Perspektiven für die eigenen Interessen aufzuzeigen... und dies weitestgehend BARRIEREFREI!...


    D.h. : zu diesem eigentlich selbstverständlichen Wunsch gehört eine verantwortungsvolle Arbeit im Rahmen des Bildungsauftrags und der Unterstützung von Interessenvertretern!
    ... ohnedem habe ich Bauchschmerzen ein Wahlrecht auf gesetzliche Betreuer zu übertragen...ich hätte da bei der Verantwortung für bis zu 70 Personen+ sehr viel Skepsis, dass sie dieses Wahlrecht nur in ihrem eigenen Sinne ausüben und im Zweifel damit auch GEGEN die Interessen der ihnen anvertrauten Persönlichkeiten agieren :/


    J
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    mit Jesper und Felix *2006 (Down Syndrom PLUS, gehörlos und weitere Baustellchen...)




    6 Mal editiert, zuletzt von Jonna ()

  • Da stimme ich dir zu Jonna.
    Mir fehlt hier allerdings eine Sichtweise. Die der psychisch Kranken. Es gibt genug Psychiatrien die ganz schnell dabei sind ihren Patienten gesetzliche Betreuer zu geben. Diese Menschen sind meistens doch recht fit. Nur ist es über einen gesetzlichen Betreuer deutlich einfacher einen Menschen auf einer Geschlossenen Akutstation "festzuhalten".
    Wenn ich das richtig verstehe sind diese Menschen derzeit ja auch von den Wahlen ausgeschlossen.


    Ach und zum Thema Wahl ab 16. So weit ich weiß beschränkt sich das auf Wahlen vor Ort für Bürgermeister etc...

  • Ich fände es ungeheuer wichtig, dass das Walhrecht reformiert wird.
    Natürlich müsste man sich auch mit der Möglichkeit des Wahlbetrugs durch Betreuer/ Eltern beschäftigen. Auszuschließen ist ein Betrug sicher nicht, aber soll man deshalb ALLE bestrafen, nur weil es ein paar schwarze Schafe gibt?


    Mein Mann oder ich sind mit unserem Sohn gemeinsam in die Wahlkabine gegangen.
    Vorher haben wir über die verschiedenen Parteien gesprochen. Mein Sohn wollte auch immer wissen, was auf den Wahlplakaten stand, sodass es öfter kleinere Diskussionen gab. Interesse war also vorhanden.
    Themen wie z.B. Grundsicherung, Werkstattbesuch und noch andere politische Themen interessieren ihn. Also ist ein Wahlrecht wichtig für ihn, aber das hatte er ja bisher glücklicherweise seit seiner Volljährigkeit, da er nur in einigen Bereichen eine Betreuung benötigt und nicht komplett unter Betreuung steht.
    Er selbst hat entschieden, wo sein Kreuz hin soll. Natürlich hat er die Kreuze auch selber gesetzt, nachdem ich ihm den Wahlzettel vorgelesen habe.


    Es gibt aber immer wieder Leute, die sich wundern, dass auch mein Sohn ein Wahlrecht hat, da sie behaupten, dass er die komplexen Zusammenhänge nicht verstehen würde.
    Doch er versteht, wenn man ihm das verständlich erklärt.


    Mir ist bewusst, dass es auch schwerstbehinderte Menschen gibt, die nichts mit einem Wahlzettel anfangen können, oder nicht wissen, was Parteien überhaupt sind, geschweige denn ein Kreuzchen setzen können.
    In diesem Fall bin ich dafür, dass dann eben die Eltern eine Stimme mehr haben, um im Interesse ihres Kindes zu stimmen.
    Tja, und was passiert, wenn fremde Betreuer im Sinne ihrer Betreuten stimmen sollen? Das wissen wir nicht, aber ich denke, mit diesem Risiko müssen wir in einer Demokratie leben.
    100% Sicherheit gibt es in KEINEM Bereich.

  • Naja, man könnte die Möglichkeit für Betreuer begrenzen. So das eben nicht ein Mensch 100 Stimmen abgeben kann. Also als Beispiel jetzt, sondern dass das eben begrenzt wird.
    Selbst wenn Eltern jetzt nicht die gesetzliche Betreuung übernommen haben, gibt es sicher auch neben den Betreuern Menschen im Umkreis von einem behinderten Mensch, der dessen Interessen vertreten kann mit Zustimmung.

  • Es gibt aber immer wieder Leute, die sich wundern, dass auch mein Sohn ein Wahlrecht hat, da sie behaupten, dass er die komplexen Zusammenhänge nicht verstehen würde.
    Doch er versteht, wenn man ihm das verständlich erklärt.


    Mal ehrlich, wer von uns versteht denn schon die Politik in ihrer gesamten Komplexität? ;)


    Auf kommunaler Ebene (vielleicht auch noch auf Landesebene) mag Politik noch einigermaßen überschaubar sein, aber welcher "Normalbürger" blickt denn z.B. noch bei den globalen Finanzmärkten durch? Mit ihren internationalen Verflechtungen und Abhängigkeiten? Und wer kennt schon im Detail die ganzen internationalen Verträge mit alle ihren gegenseitigen Verpflichtungen, die z.B. zwischen der Bundesrepublik und den Nachbarstaaten gelten?


    Viele "Normalbürger" sind doch schon überfordert, wenn sie z.B. den Unterschied zwischen Bundestag und Bundesrat erklären sollen, oder wenn sie die Landeshauptstädte aller Bundesländer aufzählen sollen. Oder frag doch mal einer den durchschnittlichen NPD-Wähler, wie viel der denn wirklich von politischen Zusammenhängen versteht. Ich bin sicher, das Ergebnis wird (von wenigen Ausnahmen abgesehen) erschreckend ausfallen.


    Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, warum man das Verständnis von komplexen Politikzusammenhängen ausgerechnet bei Menschen mit Behinderung (oder bei Jugendlichen) zum ausschlaggebenden Kriterium erhebt. Es ist ein verlogenes Argument, mit dem man um jeden Preis den Status Quo rechtfertigen will.

  • 85.000 behinderte Menschen wählen weiterhin nicht
    Berlin (kobinet) Wegen Union und SPD dürfen 85.000 behinderte Menschen weiterhin nicht wählen. Union und SPD haben heute im Innenausschuss die Debatte und Beschlussfassung über den gemeinsamen Gesetzentwurf der Opposition zur „Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht“ von der Tagesordnung abgesetzt.
    http://www.kobinet-nachrichten…4hlen-weiterhin-nicht.htm

  • SPD verhindert Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse
    29. Juni 2017


    ..." Die SPD hat gestern erneut die Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit Behinderungen durch den Deutschen Bundestag verhindert. Darauf weisen die behindertenpolitischen Sprecherinnen der Fraktion DIE LINKE, Katrin Werner und der Grünen, Corinna Rüffer in einer gemeinsamen Erklärung hin."...

    http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/36216/SPD-verhindert-Abschaffung-der-Wahlrechtsausschlüsse.htm



    „Die Abgeordneten der SPD haben heute die letzte Chance blockiert,
    die menschenrechtswidrigen Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit
    Behinderungen noch vor der Bundestagswahl abzuschaffen".....
    http://www.katrinwerner.de/sta…nschen-mit-behinderungen/


    Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

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  • Kerstin Tack (SPD) hat zum Thema auf Twitter geantwortet:
    https://twitter.com/kerstin_tack/status/880447530080907264




    Eine Klarstellung von Bundestagspräsident Prof. Dr. Lammert,
    in der heutigen Debatte zur "Ehe für alle":
    ---------------------------------------------------------------------------------


    ..."Nach unserer Verfassung entscheidet jeder einzelne Abgeordnete,
    wie er sich zu welchem beliebigen Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung des deutschen Bundestages verhält.
    Dazu bedarf es keiner Freigabe weder durch Fraktionen noch durch Parteien"....


    Klarstellung hier ab der 31:20 Min im Video:


    http://www.bundestag.de/#url=L…zUxMzY4Mg==&mod=mod493054


    --------------------------------------------------------------------------------




    Widerspricht die Antwort von Kerstin Tack (SPD) nicht der Klarstellung von Bundestagspräsident Lammert :?:


    Oder habe ich da einen Denkfehler... :icon_confused


    Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

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  • 2 verschiedene Themen.
    2 unterschiedliche Abstimmungsverfahren.
    Die "persönliche Gewissensentscheidung" galt für die Ehefrage.
    Bin grad aus Zeitmangel und Müdigkeit nicht ganz sicher und hab noch nicht alles gelesen, meine aber, dass eben nur die Ehefrage herausgelöst war, oder?




    was heute noch zur Entscheidung stand:
    http://www.bundesrat.de/DE/ple…/plenum-kompakt-node.html


    J
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  • mal zum Nachdenken...


    Ulla Schmidt, die eigentlich für das Wahlrecht mit Handicap ist:


    Zitat

    Einige Innenpolitiker befürchten, dass das Wahlrecht von den Betreuern missbraucht werden könnte – zum Beispiel, indem sie für Wachkoma-Patienten wählen. Schmidt hält diese Befürchtung für unbegründet. Sie sagt: "Wenn jemand Wachkomapatient ist, kann er nicht wählen. Und wenn ein anderer für ihn wählt, macht der sich strafbar.


    das zeigt, dass es da noch mehr Fragen zu bewegen gäbe....
    Ein Wachkomapatient bleibt ein Mensch, der möglicherweise zuvor klare politische Ansichten hatte und dem man mindestens unterstellen kann aktuell und fortwährend ein Interesse daran zu haben, dass er Menschenwürdige Bedingungen vorfindet, dass er die Hilfe und den Schutz der Gesellschaft genießt und ausreichend angemessene Pflege und menschenwürdigen Umgang bedarf.... auch hier gibt es Parteien, die sich mehr oder weniger um die elementaren Voraussetzungen kümmern... insofern finde ich dieses Bespiel, wie einige andere Gedankenlos.


    Jeder Mensch hat Bedürfnisse und mindestens Bedarfe, deren Erfüllung und Umsetzung von politischen Entscheidungen abhängig sind... :icon_rolleyes


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