Hallo, ihr Lieben,
wir hatten ja letztens das Thema mit dem richtigen Windelrezept und dem Versagen mancher Ärzte und Hilfsmittellieferanten. Ach ja, und die "Monika", die so hilfsbereit ist. Die gibt es im nächsten "Amtsschimmelflüster" auch. Ich habe die Erlaubnis bekommen, einen Auszug aus dem derzeitig entstehenden Manuskript für euch zu veröffentlichen. Erstfassung, darum nicht wundern. Redigieren ist noch nicht erfolgt (Die Rechte an dem Text liegen bei der Autorin Marie von Stein. Veröffentlichung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verfassers - Marie.von.Stein@t-online.de).
"...„Haben Sie daran gedacht, was wir letztens besprochen haben? Wegen der Höschen?“ Monika sprach jetzt leise, damit keiner dem Gespräch lauschen konnte.
„Was?“
"Soll ich vorne mal fragen, ob alles stimmt mit dem Rezept?“
„Mach man, Mädchen. Wenn du denkst, das müsste sein. Frau Doktor sollte das doch selber wissen, oder nicht?“
„Anscheinend ja nicht, sonst hätten Sie letztes Mal nicht diese hohe Extrazahlung leisten müssen. Sie brauchen ein korrektes Rezept, Frau Heyermeyer. Ich schau mal, ob alles passt, okay?“
Frieda knetete und rieb weiterhin ihre Hände und nickte, während Monika aufstand und aus dem Warteraum raus vorne zur Anmeldung ging. Sie schloss die Tür hinter sich.
„Guten Tag. Ich begleite Frau Heyermeyer und möchte etwas zu dem Inkontinenzrezept nachfragen.“
„Um was geht es denn?“ Unwirsch blickte die Arzthelferin von ihren Schreibarbeiten auf, als das Telefon klingelte. Sie knallte den Hörer direkt wieder auf und guckte zu Monika hoch. „Bitte?“
„Hat die Ärztin neben der Hilfsmittelnummer auch die Diagnose und die Begründung notiert?“
„Nein, warum auch. Steht doch das Produkt drauf. So machen wir das hier nun mal.“ Die Wangen der Praxisangestellten wurden langsam rot und sie senkte genervt den Blick wieder auf ihre Unterlagen.
Monika ballte vor dem Tresen unbemerkt ihre Hände, um ihren Ärger zu unterdrücken. „Das reicht aber nicht. Frau Heyermeyer bekam die letzten Male immer unpassende Einlagen und Netzhöschen geliefert. Damit kommt sie nicht klar, mit dem Rheuma in den Händen. Und die Dinger laufen auch immer aus. Und für die passenden Windelpants muss sie dann dazu bezahlen. Es sei denn, Ihre Verordnung genügt den gesetzlichen Bestimmungen.“ Monika schnappte nach Luft.
„Ach! Gesetzliche Bestimmungen. Und Sie kennen sich wohl richtig damit aus, was?“, keifte die junge Frau hinterm Tresen.
„Ja, tue ich. Mittlerweile. Sie etwa nicht?“
Schon wieder klingelte das Telefon, doch die Sprechstundenhilfe ignorierte den Anrufer stoisch, riss das Rezept an sich, das schon zur Unterschrift bereit lag und stapfte demonstrativ zum Sprechzimmer der Ärztin, klopfte kurz und verschwand mit ordentlichem Türenklappern im Büro ihrer Arbeitgeberin. Das Telefonklingeln verstummte abrupt.
Verwaist blieb die Anmeldung mit der fordernden Monika zurück. Die kaute angespannt auf ihrer Unterlippe und wartete. Noch einmal würde sie Frieda Heyermeyer nicht mit so einer unpräzisen medizinischen Begründung aus der Praxis ziehen lassen. Nein! Sie hatte keinen Sohn mehr, die diese für sie unwürdige Hilfe übernehmen konnte. Teilhabe? Die geht anders.Die Tür zum Wartebereich ging auf und Frieda guckte heraus, die Augen zu kleinen Schlitzen zusammengedrückt, die Zornesfalte auf der Stirn tief gefurcht. „Dauert das noch lange? Ich muss zu der Jungk. Die wartet.“
Monika schaute auf die Uhr. „Moment noch, Frau Heyermeyer. Die haben es gleich. Es ist aber noch genug Zeit. Sie können sich die Jacke schon anziehen. Es geht sofort los.“ Sie klapperte mit den Fingern auf dem Tresen herum. „Hoffe ich jedenfalls“, sprach sie leise zu sich selbst. Prompt ging die Tür zum Sprechzimmer auf und die Arzthelferin kam heraus, knallte Monika das Rezept auf den Tisch und fauchte: „Zufrieden?“
Monika zog die Hilfsmittelverordnung zu sich, schaute auf die Vorderseite und drehte das Papier um, verglich die Nummern und die Paragraphen, die sie mittlerweile auswendig konnte und prüfte die Begründung. „Wird wohl müssen“, erwiderte sie barsch, steckte das Rezept in ihre Jackentasche, zeigte auf die Versichertenkarte, die neben dem Telefon lag und deutete mit einem Finger auf sich, schnappte die ihr zugereichte Karte, nahm Frieda Heyermeyer am Arm und verließ mit ihr und einem „Schönen Tag noch“, entspannt lächelnd die Hausarztpraxis. ..."