Christine Preißmann - Autismus und Gesundheit

  • Interview mit Frau Dr. Christine Preißmann zu „Autismus und Gesundheit“
    "Das Thema Gesundheit war mir schon lange ein wichtiges Anliegen, weil ich immer wieder merke, dass es hier noch sehr viele Hürden und Schwierigkeiten für die Betroffenen gibt. Im Hinblick auf Schule, Arbeit und Beruf, Wohnen oder den Freizeitbereich gibt es viele gute und ermutigende Ansätze, die Gesundheitsversorgung aber wurde bislang überhaupt nicht thematisiert, und die derzeitige Situation ist ziemlich ernüchternd":
    http://blog.kohlhammer.de/psyc…uautismus-und-gesundheit/

  • Das ist gut, dass Frau Dr. Preißmann sich dieses Themas angenommen hat. Ich werde mir das Buch sicher besorgen, sobald es erscheint. Es erscheint am 30. Juni. Hoffentlich bewahrheitet sich das Versprechen, dass sie im verlinkten Interview gibt, und es stehen wirklich hilfreiche Tips drinn. Die Tips, die sie im Interview gibt sind - naja :/
    Zum Beispiel:
    Man kann sich gezielt einen Termin zu Beginn oder am Ende der Sprechstunde geben lassen, wenn das Wartezimmer nicht so voll ist.
    Äh, ja? Das habe ich so oft gelesen. Aber die Realität ist: nein, das war bei mir NIE möglich und ich habe es versucht. Heute sehe ich davon ab, es zu versuchen. Antworten sind: Ja, alle Patienten würden das gerne wollen, wenn das jeder verlangen würde, das geht leider nicht, gucken Sie doch mal, was hier los ist, nee, da haben wir keine Termine mehr frei, hm, können Sie vielleicht zu einem anderen Arzt gehen, aber warum brauchen Sie das denn, was haben Sie denn genau...
    Ich kann es auch immer sehr schlecht formulieren, warum ich das brauche. Und manchmal glauben die Helferinnen/das Pflegepersonal dann, ich laufe irgendwie Amok, wenn es laut wird usw. Das ich dann ganz starr werde und zittere und nicht mehr reagieren kann, kann ich auch nicht sagen. Dann bin ich, salopp und politisch unkorrekt formuliert, ein "Psycho", untragbar für Praxis oder Krankenhaus.


    Man sollte darum bitten, dass die notwendigen Maßnahmen in Ruhe erklärt werden.
    Das sollte man so oder so. Nur gibt es keine Zeit dafür, für niemanden, ob behinderter oder unbehinderter Patient. Die Ärzte haben einfach nicht die Zeit, dafür können sie oft nichts. Wenn sich ein Arzt mal mehr Zeit für mich nimmt, dann bekomme ich hinterher oft mit, dass andere Patienten schon ungeduldig werden und die Helferinnen ansprechen oder ich bekomme mit, dass sie sich beim Arzt beschweren, wenn sie dann in sein Sprechzimmer kommen.

    Man kann einen verlässlichen Menschen als Begleiter mitnehmen: Freund oder Freundin, Eltern, Geschwister oder auch Therapeuten.

    Ah ja :icon_rolleyes Meine vielen "Freunde". Die sich dann auch noch darum reißen, mit mir zum Arzt zu gehen. Oder meine Eltern und Geschwister, klar, die haben bestimmt Lust (und ich habe bestimmt auch Lust, meine Mutter da sitzen zu haben und am Ende brüllen alle auf mich ein oder meiner Schwester wird übel und sie muss raus gehen). Ein Therapeut darf das meistens nicht, mitkommen. Er/Sie wird dafür ja auch nicht bezahlt. Und ich bin mir manchmal nicht sicher ob Frau Preißmann sich darüber im Klaren ist, dass ihre Therapeutin, mit der sie sich so gut versteht, ein glücklicher Ausnahmefall ist.


    Wichtige Fragen sollte man sich aufschreiben, damit man sie in der Eile nicht vergisst.
    Ja, das ist gut, das sollte jeder tun. Wird auch von der Patientenberatung immer für alle Patienten empfohlen. Ich muss so oder so immer viel aufschreiben. Sonst würde ich gar nicht zum Arzt gehen können und auch sonst viele Situationen/Termine gar nicht schaffen.


    Hilfreich ist oft auch die Information an den Arzt, dass wir auch bei massiven Beschwerden objektiv manchmal nicht sehr beeinträchtigt wirken.
    :icon_rolleyes Klar, da hat der Arzt bestimmt Zeit und Lust dazu, sich das anzuhören oder womöglich was durchzulesen, wenn man es - wie ich - verbal schlecht formulieren kann. Nee, das hat bei mir noch nie jemand verstanden, geschweige denn sich gemerkt oder beherzigt. Entweder waren es sowieso sozial sehr kompetente Ärzte, egal, ob Patienten nun behindert waren oder nicht, oder es war dann halt so, dass schneller Psychopharmaka gegeben wurden (Krankenhausärzte und Krankenhauspersonal).
    Ich habe einen sehr jungen Krankenhausarzt erlebt (der sah aus wie Anfang zwanzig ^^ ), der hatte es drauf, wie er auf mich zugehen musste, der ist sogar mit mir, zu Fuß, zu einer Terminvereinbarung im Vorzimmer einer Kollegin gegangen, bei der es für Kassenpatienten wohl sonst chancenlos ist. Und ich musste ihn nicht darum bitten oder ihm irgendwas erklären. Er sagte nur: "Hey, wir gehen da jetzt gleich mal hin, okay? " Und dann ging dieser "Junge" wie ein jüngerer Bruder, den ich nie hatte, da mit mir hin und redete da auch noch für mich! :love:


    Und es ist sinnvoll zu erklären, dass wir manchmal abweisend und schroff wirken, wenn wir aufgeregt sind. Das muss man nicht persönlich nehmen – aber es ist wichtig, dass man das weiß.
    Das wird persönlich genommen. Schon so eine Erklärung wird persönlich genommen. Wenn ich solche Erklärungen abgegeben habe, wollten mich manchmal Ärzte nicht behandeln.


    Also, ich bin gespannt auf das Buch. Sonst muss ich Frau Preißmann vielleicht einen Brief schreiben, mit meinen Kritikpunkten... :)


    Lynkas grüßt.

  • Das Thema ist wichtig und ich finde es gut, dass Frau Dr. Preißmann ein ganzes Buch darüber geschreiben hat. Sie verallgemeinert mir an manchen Stellen aber zu sehr.


    Zitat von "KohlhammerBlog"

    Über wichtige Themen, die die Gesundheit betreffen, wissen Menschen mit Autismus oft kaum Bescheid: z. B. über Hygiene, gesunde Lebensführung und Sport, Stress und Entspannung, Vorsorgemaßnahmen oder das Gebiet der Sexualität.


    Das sehe ich beispielsweise überhaupt nicht so. Wir sind ja nicht blöd und übers Internet kann sich über alles informieren, auch über gesunde Lebensführung und alles, was damit zu tun hat.


    Zitat von "KohlhammerBlog"

    Man sollte darum bitten, dass die notwendigen Maßnahmen in Ruhe erklärt werden.


    Das sehe ich wie Lynkas: Das tut ein guter Arzt sowieso!


    Zitat von "KohlhammerBlog"

    Das wörtliche Sprachverständnis ist hier oft ein weiteres Hindernis. Ein Arzt, der den autistischen Menschen etwa fragt, wo ihn denn „der Schuh drückt“, kann dann völlig missverstanden werden.


    Das habe ich noch nie erlebt, dass sich Ärzte derart flapsig ausdrücken. Meine Ärztin fragt mich immer "Was kann ich für Sie tun?" Ich habe zum Glück eine Hausärztin, mit der ich sehr zufrieden bin, aber ich weiß natürlich, dass das längst nicht selbstverständlich ist.

  • Also, ich bin gespannt auf das Buch. Sonst muss ich Frau Preißmann vielleicht einen Brief schreiben, mit meinen Kritikpunkten...


    Ich denke, es ist immer gut eine Rückmeldung zu geben.


    "KohlhammerBlog" schrieb:
    Das wörtliche Sprachverständnis ist hier oft ein weiteres Hindernis. Ein Arzt, der den autistischen Menschen etwa fragt, wo ihn denn „der Schuh drückt“, kann dann völlig missverstanden werden.


    Das habe ich noch nie erlebt, dass sich Ärzte derart flapsig ausdrücken.


    Dario, ich wurde beim Arzt schon öfter gefragt, "wo der Schuh drückt". Eine Seltenheit sind solche Redewendungen bei Ärzten nicht.

  • Hi ihr Lieben!


    Ich hoffe, das passt ihn diesen Thread.


    Mein kleiner Prinz hat zum 1. Mal in seinem Leben eine Mittelohrentzündung, inkl. gerissenem Trommelfell. Als er gestern in der Nacht so viel geweint hat, bin ich psychisch fast an meine Grenzen gestoßen. Er tat mir so unheimlich leid, weil er mir einfach nicht sagen konnte, wo es ihm weh tut. Ich glaubte anfangs noch, es seien Koliken, weil er so viel Trinkjoghurt getrunken hat! Einzig kuscheln und streicheln hat ihm dann geholfen, doch noch irgendwie einzuschlafen.


    Als er heute dann Fieber hatte, bin ich gleich zum Arzt.


    Wie geht es euch da? Wie helft ihr euren Kindern dabei sich mitzuteilen, WO es schmerzt? Ich möchte ihm das so gern ersparen, dass er noch einmal so lange unverstanden leiden muss. Ohrenschmerzen sind ja wohl ganz schlimme Schmerzen...


    LG

  • Wie geht es euch da? Wie helft ihr euren Kindern dabei sich mitzuteilen, WO es schmerzt?


    Oh je.....erst einmal GUTE BESSERUNG für den kleinen Prinzen. :gutebesserung
    Mir fallen spontan Bildkarten ein. Reagiert dein Sohn auf Bildkarten?
    Schau mal: https://www.betzold.de/prod/89907/
    http://www.yo-yee.com/de/germa…s/45-die-beschwerden.htmlhttps://www.betzold.de/prod/89907/

  • Hallo Michie,


    Claudio Castaneda hat eine Gefühle-Skala gemacht, die man nehmen kann um die Frage "Wie schlimm ist es?" leichter zu beantworten (evtl dann modifizieren)
    https://www.cluks-forum-bw.de/…f59bbeefba82e3d991bb3125f


    dazu kann man im GoTalkNow ein Kommunikationsbuch anlegen.
    Es geht los mit einer kleinen Einleitung, dass alle mal ein Problem haben, dass das ganz normal ist, und dass es wichtig ist, das anderen zu sagen. Damit sie helfen können.
    Dann kommt eine Auswahl zur Art des Problems (Mir tut etwas weh / jemand hat mich beleidigt / ich verstehe nicht / ich habe Angst / ...
    Beim Button "Ich habe Schmerzen" geht dann eine weitere Seite auf, wo die Körperteile auf Buttons abgebildet sind. Wenn das Kind zb auf "Ohr" tippt, dann geht eine Seite auf mit passenden Bild, und die Sprachausgabe tönt "Ich habe Ohrenweh" (Die Ich-Formulierung ist wichtig wg Modelling)
    Und dann kommt die Skala zum einschätzen, von "ein bisschen" bis "ganz schlimm"



    ich bin aber nicht sicher, ob unsere Kinder das wirklich genauer sagen können, wo es weh tut, denn das strahlt ja oft aus, und die Wahrnehmung bei Schmerz ist eh so eine Sache ...
    Ich will gar nicht wissen, wie lange hier ein entzündeter Blinddarm unentdeckt bliebe :icon_eek



    Hoffentlich hat sich das Problem inzwischen erledigt, und dem kleinen Prinzen geht es wieder gut. :)


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    6 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Danke für eure Tipps! Ich denke schon, dass ich das dem kleinen Prinzen mit Modeln beibringen kann für die Zukunft, mit Bildkarten und/oder iPad. Er sagt mir jetzt auch schon, wenn er sich wo angehauen hat, wo es weh tut. Laaaanges Üben, aber der Erfolg spricht für sich.


    Meine größte Sorge ist das Trommelfell. Ich werde da wohl morgen einen Termin mit dem HNO vereinbaren müssen, der zum Glück sogar etwas Erfahrung mit autistischen Kindern hat. Bald wird es wieder heiß, und der kleine Prinz liebt den Pool, er taucht immer unter im Wasser ... Da klingeln bei mir ganz laut die Alarmglocken. Ich habe heute in sein Ohr geguckt, und es ist natürlich noch nicht wieder zusammengewachsen... Hat von euch jemand Erfahrung mit sowas?


    LG

  • Hallo Michie!


    Habe leider gottseidank keine Erfahrung damit, aber der Doc weiß bestimmt weiter. Ich drück die Daumen, dass die Poolsaison bei Euch bald weitergehen kann.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • DANKE.


    Wir waren heute beim HNO. Es ist alles wieder zu, und der kleine Prinz darf ganz normal weitertauchen. Nur auf eine eventuelle verstopfte Nase und Schnupfen sollen wir aufpassen, weil das dann wohl gerne zu einer Mittelohrentzündung wird.


    Der Arzt ist einfach nur toll im Umgang mit dem kleinen Prinzen, kündigt alles vorher an, zeigt ihm alles vorher, beruhigt ihn ;-).


    Ich kann euch gar nicht sagen, was für ein Stein mir heute vom Herzen gefallen ist!


    Poolsaison geht vergnügt weiter... :macheurlaub (ohne Urlaub, aber immerhin)

  • Hallo Michie,


    freut mich, hört sich gut an, die Ohren, der Doc, und der Pool :thumbup:


    vor allem um letzteren bin ich ein wenig neidisch. Ich liebäugele für Hans, der zunehmend öffentliche Schwimmgelegenheiten meidet (weil dort laute andere Kinder sind), mit so einem Aufstellpool ... die sind gar nicht mal teuer ... 8o

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • ;) Wir haben auch nur so ein selbstaufstellendes Riesenplantschi, und das sogar geschenkt bekommen :D.


    Im öffentlichen Schwimmbad bin ich selbst nicht so gern, wir waren da erst 6 Mal oder so. Ich kann das Teil nur empfehlen. Nach dem Sommer lässt man's aus, putzt es und räumt's weg, dann ist im Herbst der Garten wieder frei für andere Aktivitäten... ;)

  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.