Was ist Inklusion für DICH

  • Hallo,


    Die Forderung nach Inklusion ist für mich (und wohl uns alle hier) sogar sehr konkret, ich kann das sehr genau formulieren für Hans. Das werde ich aber hier nicht ausbreiten.


    Zitat

    Ich glaube, dass Inklusion immer nur indivudell gedacht werden kann, in Form ganz konkreter, pragmatischer und alltagsbezogener Hilfen.

    Natürlich muss das individuell umgesetzt werden. Aber es muss doch zunächst mal überindividuell, also gemeinschaftlich politisch DURCHGESETZT werden. Und es müssen/mussten Konzepte erdacht werden, wie Einrichtungen (Schulen, Museen, ...) dies umsetzen.
    Denkst Du ernsthaft, zb Frauenwahlrecht oder Arbeitsnehmerrechte wären durchgesetzt worden, wenn jede das individuell für sich alleine bearbeitet hätte???


    Ich glaub, Du hast Dich da ein bisschen verrannt, und siehst Kompliziertheit, wo eigentlich keine ist. ;)
    Die Idee ist nämlich schlicht, allein die Umsetzung gestaltet sich kompliziert wegen der Trägheit der bestehenden Ordnung ... Wir leben nun mal in einer komplexen Gesellschaft.


    Vielleicht guckst Du Dir das einfach mal in der Praxis an, zb bei Deinem Neffen

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Hallo Enscha


    Siehst du, und genau da bin ich anderer Ansicht. Natürlich könnt ihr gerne auf die Politik und die Gesellschaft warten. Vermutlich werdet ihr aber grau und schrimpelig. Glaube mir, mein Vereinsprojekt wäre vermutlich wesentlich einfacher umsetzbar, wenn ich das nur mit Nichtbehinderten umsetzen würde. Nicht weil Behinderte nicht arbeiten können. Sondern weil die Invaliden Versicherung der Schweiz garantiert ne Menge Steine in den Weg kippen wird. Wenn ich aber warte, bis sie diese Steine nicht mehr im Angebot haben, oder sogar versuche, die Steine über die politischen Mühlen zu entfernen. Das ist in der Schweiz übrigens noch am ehesten möglich, da wir einen direkten Einfluss auf die Politik nehmen können. Es würde trotzdem bestenfalls Jahre dauern.


    Die wirklich wichtigen Veränderungen sind noch selten in den Büros der Politiker entstanden. Die aller meisten Veränderungen kommen von Menschen die einfach mal ins kalte Wasser sprangen und etwas wagten. Du kannst Inklusion rückwärts und vorwärts durchdenken und es ist immer noch nichts passiert. Oder du kannst hingehen und sie umsetzen. Du wirst auf Probleme stossen, aber die sind da zum lösen. Und dann sind wir dann wieder beim sehr konkreten und individuellen.


    Ich möchte noch klar stellen, dass ich nicht mein Weg als den richtigen halte. Ich habe das nur geschrieben, um die etwas andere Lebenseinstellung zu präsentieren.


    Gruss Raphael

  • Ich hatte , weil der Begriff Inklusion ja schon seit geraumer Zeit verwurstet , verwässert und durchaus auch komplett sinnentfremdet und gekapert wird , mich eigentlich dafür entschieden , den Begriff komplett zu meiden und anstatt die abstrakte " Inklusion " immer die Umsetzung der BRK zu fordern.
    Bzw. , wenn die Frage im Raum steht , was Inklusion bedeutet , dann darauf zu verweisen , das Inklusion dann umgesetzt ist , wenn die BRK umgesetzt worden ist.
    Die BRK bleibt nicht abstrakt , sondern verweist individuell auf die Verwirklichung der Menschenrechte für behinderte Menschen.


    @Raphael , ich glaube nicht , das Monika , Enscha, Ella , Birgit oder ich die Hände in den Schoß legen und untätig abwarten , das die "inklusiven Hähnchenkeulen" uns in den Mund fliegen. Und weil das so ist , können wir dann auch gut beurteilen, wo die Menschenrechte ignoriert werden und was das dann im einzelnen bedeutet .Auch wo dringend Änderungen notwendig sind.

  • Guten Morgen,


    da hast Du vielleicht gar nicht mal unrecht, Dagmar, den Begriff zu umgehen ... :kopfkratz


    Raphael: Da hast Du aber was gründlich missverstanden: Politisches Handeln geschieht nicht bloß in Büros von Politikern.
    Politisch handeln Bürger, die sich informieren und engagieren, sich wehren, die andere über ihre Rechte aufklären, die netzwerken für ihre Ziele. Politisch handeln Bürger, die sich zusammentun für ihre Ziele, Interessengruppen bilden (Foren, Verbände, Elternvertretungen, ...). Das tue ich alles in kleinem Rahmen, aber tagtäglich, im Internet und im Real Life. So wie viele andere auch, und hoffentlich werden es mehr.
    So funktioniert Demokratie.
    So sind auch die positiven "wirklich wichtigen Veränderungen" der letzten Jahrhunderte entstanden: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. ;)

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  • Natürlich muss das individuell umgesetzt werden. Aber es muss doch zunächst mal überindividuell, also gemeinschaftlich politisch DURCHGESETZT werden. Und es müssen/mussten Konzepte erdacht werden, wie Einrichtungen (Schulen, Museen, ...) dies umsetzen.
    Denkst Du ernsthaft, zb Frauenwahlrecht oder Arbeitsnehmerrechte wären durchgesetzt worden, wenn jede das individuell für sich alleine bearbeitet hätte???


    Das ist natürlich richtig. Für mich selber bin ich allerdings nie auf die Idee gekommen, meine Behinderung//Besonderheit/Einschränkung als politisches Problem zu betrachten jedenfalls nicht primär.


    Ich habe zwar auch viele Hilfen in Anspruch genommen (Integrationsamt, Schwerbehindertenrecht etc.), insgesamt habe ich aber eine ähnliche Erfahrung gemacht wie von Raphael: Für eine gelungene Intgration bzw, Inklusion müssen beide Seiten aufeinander zugehen und im Idealfall trifft man sich irgendwo in der Mitte. Damit habe ich (vor allem im Arbeitsleben) immer noch die besten Erfahrungen gemacht.


    Die Anforderungen müssen fair und gut zu schaffen sein, aber eine übertriebene Schonung (quasi ein Leben wie unter der sprichwörtlichen Käseglocke) hätte mich auch nicht weitergebracht. Ich hätte dieses Leben, das ich heute führe, niemals führen können, wenn ich nicht auch immer wieder an mit selber gearbeitet hätte. Mit ist klar, dass es Menschen gibt, die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung keine (oder nur sehr wenig) Anpassungsleistung erbringen können, da sind sieht das natürlich anders aus.


    Jeder von uns kann hier schlusssendlich nur von seinem eigenen Weg berichten, seine ganz persönlichen Erfahrungen einbringen. Die individuellen Erfahrungen des Einen sind für mich niemals mehr oder weniger wert als die eines Anderen. Ich bin sicher, auch für Raphael (der ja hier recht hart angegangen wurde) ist sein perösnlicher Weg genau der, der für ihn richtig ist und ihn weitergebracht hat, auch wenn andere Menschen (mit anderen Behinderungen) ganz andere Wege für sich gehen und auch gehen müssen.


    Ich würde es schade finden, wenn aus diesen unterschiedlichen Lebenswegen hier eine Art Richtungsstreit entsteht, das hilft niemandem!

  • Hallo,


    Zitat

    Für mich selber bin ich allerdings nie auf die Idee gekommen, meine Behinderung//Besonderheit/Einschränkung als politisches Problem zu betrachten jedenfalls nicht primär.

    Das ist ja auch in Ordnung. Jeder hat seine eigene, ganz subjektive Sicht.
    Richtungsstreit brauchst Du hier keinen befürchten glaube ich, warum auch.


    Aus dem Alter, wo ich andere UNBEDINGT überzeugen musste, bin ich schon raus ;)


    ÄNDERN allerdings wird sich ein träges etabliertes System erst, wenn die einzelnen Betroffenen ihre Interessen GEMEINSAM vertreten ...

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