Schule als Nichtlehrer

  • Hallo!


    Ich will hier mal von meinem letzten "Schuljahr" erzählen.
    Ich bin wahrscheinlich zu 100% erwerbsunfähig. Zumindest hatte ich bis vor 1 Jahr ein solches Attest vom Gesundheitsamt. Da der 27. Geburtstag eine magische Grenze ist, bin ich danach rausgefallen und es hat keinen interessiert. Deswegen hab ich kein aktuelles Attest.
    Allerdings wollte ich trotz Erwerbsunfähigkeit nicht mehr länger nur Zuhause rumsitzen. Deswegen hatte ich mich spontan bei einer Berufsschule beworben. Die Schule kannte ich bereits weil ich 2x Schülerin war (Ausbildungsversuche die ich abbrechen musste) und dadurch Freundschaft mit einer lieben Lehrerin geschlossen habe.


    Ich hatte den Vorschlag gemacht zur Unterstützung der Lehrkraft mit in Klassen des VABs (Vorbereitung Arbeit und Beruf) und BEJ (Berufs Einstiegs Jahr) zu gehen. Der Direktor war anfangs nicht ganz überzeugt, da ich ja kein Geld dafür bekommen könnte. So ein "Beruf" ist schließlich nicht vorgesehen. Ich wusste aber bereits das gerade diese beiden "Klassen" (sind mehrere pro Jahrgang) oft recht Betreuungsintensiv sind und gerade im VAB zu 99% ehemalige Schüler von Förderschulen sitzen die dort versuchen ihren Hauptschulabschluss zu machen.
    Am Ende konnte ich den Direktor überzeugen dieses Experiment zu wagen, weil es mir weniger um das Geld, sondern mehr um Tagesstruktur und etwas sinnvolles tun ging.


    Es war ein schönes, aber auch sehr, sehr anstrengendes Schuljahr. Ich habe viel in dieser Zeit für mich selber lernen können und ich glaube ich konnte auch vielen Schülern helfen ihre Ziele zu erreichen oder zumindest sich sehr zu verbessern.
    Allerdings sind mir auch viele Probleme aufgefallen, die es gerade für diese Schüler besonders schwer machen und die organisatorisch nicht anders machbar sind. Ich hoffe sehr, dass das nächstes Jahr besser läuft, vor allem für die Schüler.


    Wie es mit mir nächstes Schuljahr weiter geht weiß ich leider noch nicht. Ich hoffe aber sehr, dass sich dann auch wieder eine Möglichkeit an der Schule für mich finden lässt. Leider bin ich immer noch nicht so weit, eine Ausbildung machen zu können.



    Liebe Grüße, Trixi

  • Hallo Trixi,


    manche Dinge dauern eben etwas länger ...


    ich finde, das klingt nach ner Menge Eigeninitiative, und danach, als wärst Du im letzten Jahr oft über Deinen eigenen Schatten gesprungen. Finde ich gut :)


    hoffentlich ergibt sich fürs nächste Schuljahr wieder eine gute Aufgabe.


    Das ist bestimmt auch eine wichtige Hilfe für die Schüler.


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • Hallo!


    Ja, ich denke ich bin schon eine wichtige Hilfe für manche Schüler. Leider gibt es aber auch manche, die das nicht zu schätzen wissen. Damit musste ich auch lernen umzugehen.
    Und ich habe bisher auch zu einigen Schülern guten Kontakt gehabt.
    Schon das Schuljahr vorher habe ich Nachhilfe gegeben an der Schule und so einzelnen Schülern geholfen ihren Abschluss zu schaffen.
    Es gibt doch nichts schöneres, als wenn ein Schüler sich ganz ehrlich für die Hilfe bedankt und glücklich ist. Oder wenn ein Schüler etwas endlich verstanden hat, was bisher eben nicht der Fall war.


    Ich bin optimistisch, das sich auch für nächstes Schuljahr etwas finden lässt. Meine Freundin ist mir da eine große Hilfe und ohne ihre Unterstützung würde ich das wahrscheinlich auch gar nicht machen können. Sie ist dort in der Schule mein sicherer Hafen und wenn etwas ist kann ich mich in ihr Büro zurück ziehen (wenn es nicht gerade für irgendwas gebraucht wird). Auch die Schulsozialarbeiterin ist toll und ich verstehe mich gut und der Berufsberater hilft mir zwischendurch auch eine Lösung für die Zukunft zu finden.


    Das nenne ich einfach eine andere Art der Inklusion und ich bin meistens recht glücklich. Auch wenn es oft sehr, sehr anstrengend ist und vieles eben gar nicht rund läuft. Aber auch daran hab ich mich halbwegs gewöhnen können.


    LG Trixi

  • Trixi, ich hoffe, dass diese Art der Arbeit noch etwas ausgebaut werden kann und du dafür sogar Geld erhältst.


    Eigentlich könnte Inklusion in deinem Fall so einfach und dazu sogar noch kostengünstig sein. Man könnte deine Arbeit nun offiziell als Arbeitsplatz anerkennen und dich bezahlen, aber das wird auf so unbürokratischem Wege wohl leider nicht möglich sein.

  • Hallo Ella,


    Genau das ist leider das Problem. Auf offiziellem Wege habe ich keine Chance. Und ich weigere mich einfach in eine Behindertenwerkstatt zu gehen (obwohl ich da mit Sicherheit einen Platz bekommen würde), weil es mich unglücklich machen würde. Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe.


    Ich habe auch schon überlegt I-Kraft zu werden. Aber da gibt es auch Dinge die das einfach schwierig machen. Ich kann nicht garantieren immer 100% zuverlässig zu sein. Manchmal macht mein Darm so ein Theater das ich einfach nicht aus dem Haus kann. Trotz Windelpants (die ich mir als "Luxus" gönne). Tja und ich schätze ich würde einen normalen Schultag auch gar nicht durchhalten, weil es einfach zu lange ist.
    Auf Grund der Probleme fände ich persönlich es unverantwortlich I-Kraft zu werden, da ich somit ja auch die Beschulung eines Kindes gefährden könnte durch plötzliche Ausfälle etc.


    Ich war auch schon beim Arbeitsamt etc. Helfen konnte mir dort keiner. Ob sich das jetzt geändert hat weiß ich nicht, da ich jahrelang nicht mehr dort war. Und jetzt ja auch eine anerkannte Schwerbehinderung habe...


    Es ist irgendwie traurig das trotz der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zu wenig Chancen und Möglichkeiten existieren und das zu wenig Konzepte für Alternativen gibt. Ich bin deswegen schon oft sehr verzweifelt und es gibt für mich eben keine andere Möglichkeit als selber die Initiative zu ergreifen und irgendwelche Lösungen zu finden.
    In der Beziehung habe ich Glück das ich verheiratet bin und eben nicht für meinen Lebensunterhalt aufkommen muss. So habe ich die Ruhe und Entspannung um Dinge auszuprobieren und eben deutlich weniger Druck. Schrecklich zu wissen, das es viele andere Menschen in ähnlichen Situationen gibt, die eben keine solche Möglichkeiten haben.



    LG Trixi

  • Schule als Nichtschüler, die Überschrift fand ich interessant, denn es gibt Nichtschüler - die, die ohne zur Schule gehen zu dürfen, zu wollen oder was auch immer als Nichtschüler ihre Prüfungen machen. Also Schulabschluss ohne Schulbesuch. Ein Weg, den mein Sohn einschlagen musste, damit er nach der Zwangsausschulung überhaupt einen Schulabschluss bekam, die Behörden fühlten sich trotz Schulpflicht nicht zuständig.


    Doch dein Weg, Trixi, ist auch sehr interessant. Eigentlich bist du ja "Nichtlehrer" und leistet richtig was für deine Schüler. So ähnlich arbeiten ja auch Nachhilfeinstitute. Könntest du vielleicht in so einem Beruf unterkommen - als eine Art Nachhilfelehrer? Da verdienst du wenigstens etwa, wenn auch wenig, aber deine Arbeit wird belohnt.

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    Liebe Grüße von Klara


    "Das, was mich behindert,
    damit lerne ich zu leben.
    Der, der mich behindert,
    der lässt mich im Leben leiden."


    © Klara Westhoff

  • Hallo!


    Auf Grund der Problematiken letztes Schuljahr werde ich wohl das kommende Schuljahr wieder Nachhilfe machen. Das ist nämlich deutlich einfacher und stressfreier und die Stunden kann ich dann entsprechend so legen, das ich meine Freundin als Rettungsanker habe. Das war dieses Jahr nicht sooo einfach, weil sie eben auch unterrichtet etc.
    Naja und diesen Pflichtkurs musste ich leider nach dem 1. Halbjahr beenden, weil es organisatorisch in einem solch krassen Ausmaß chaotisch war, das es für mich mehr funktionierte.


    Das mit der Nachhilfe läuft dann unter Hausaufgabenbetreuung (was es in den meisten Fällen auch tatsächlich ist) und kann mit dem Jugenbegleiterprogramm dann bezahlt werden. Wobei ich das Geld dann auch nur zum Halbjahr und nicht direkt bekomme. Aber das ist dann ein nettes Taschengeld. :D


    Das mit dem Titel... Stimmt, Nichtlehrer wäre eher passend. Ich denke, ich werde das mal ändern, damit nicht noch andere auf den Thread stoßen und denken es geht um eine Zwangsausschulung. Das wäre ja nicht so toll.


    LG Trixi

  • Hallo, Trixi,


    so jemanden wie dich hätten wir gebraucht. Jemand Engagierten, der fehlenden Stoff mit einem Schüler nacharbeiten oder neu erarbeiten kann. Man könnte das ja auch über Verhinderungspflege oder so etwas abrechnen, bei Schülern, die selbst behindert sind. Die Stundensätze, die ich damals der I-Hilfe bezahlen konnte, waren hoch genug, dass sie zeitweise auch mal etwas mehr hatte und nicht diese unter €10-Sätze. Schade nur, dass dir das für Rentenbeiträge auch nichts bringt. Nun bist du schon so talentiert, da sollte man doch meinen, dass es eine Möglichkeit für dich gibt, diese Talente auch einzusetzen, für die, die dich brauchen.

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    Liebe Grüße von Klara


    "Das, was mich behindert,
    damit lerne ich zu leben.
    Der, der mich behindert,
    der lässt mich im Leben leiden."


    © Klara Westhoff

  • Klara, ich befürchte das mit meiner Rente wird eh sehr, sehr Bescheiden.
    Und naja... Engagement alleine reicht leider nicht aus. I-Helferin könnte ich z.B. nicht werden, weil ich wirklich nicht garantieren kann immer zuverlässig da zu sein.
    Ich weiß, es gibt auch I-Kinder die können auch mal 1 oder 2 Tage ohne Begleitung in die Schule. Aber das Risiko ein Kind als I-Helfer zu haben, das ohne nicht beschulbar ist und wegen mir dann in der Schule fehlen muss, ist mir wirklich zu hoch. Das wäre dann keine Hilfe, sondern eher Stress...


    Hmm... Ich glaube, so viel Talent habe ich gar nicht. Manchmal bin ich sehr dumm. Oder krieg echt nichts auf die Reihe. Aber ich bin zumindest immer bereit neues dazu zu lernen und gerne auch mal unkonventionelle Wege zu gehen. :)

  • Hallo!


    Aktuell sind ja Herbstferien... Aber meine erste Stunde in der Schule hatte ich letzte Woche schon.


    Bis jetzt steht noch kein genauer Stundenplan für mich fest. Naja und leider ist meine private Situation momentan so Bescheiden das auch noch gar nicht sicher ist in wie weit ich überhaupt in der Lage bin regelmäßig und öfter in die Schule zu gehen.
    Aber die eine Stunde wird definitiv bleiben. :)


    Ich hab jetzt Donnerstags immer 2 Stunden "Deutsch" mit Flüchtlingen. Wegen dem Stundenplan wechselt die Gruppe jede Woche. Also ich hab einmal eine Gruppe von 3 Schülern und einmal eine Gruppe von 2 Schülern.
    Wirklich fördern wie man das normalerweise kennt kann ich die Schüler natürlich nicht. Aber darum geht es ja auch nicht.
    Meine Aufgabe ist es, mit diesen Schülern einfach deutsch zu reden, weil die Praxis fehlt. Alles andere lernen sie normal im Unterricht in der VABO, also einer Klasse für Schüler ohne Deutschkenntnisse.


    Am Donnerstag haben wir alle gemeinsam Uno gespielt. Für den Anfang wollte ich nichts zu kompliziertes machen. Die Verständigung ist auch für mich sehr schwer. Ich muss darauf achten langsam und sehr deutlich zu sprechen und gleichzeitig soll ich am besten noch Mimik etc. benutzen. Das fällt mir recht schwer. :D
    Die Schüler sind aber ziemlich toll und ein Schüler ist auch schon länger in der Schule und kann dadurch mehr verstehen und gleichzeitig übersetzen. Ich bin wirklich gespannt wie es da weiter geht und wie schnell / langsam die Schüler Fortschritte machen werden.


    Naja und ich muss mal schauen was ich zukünftig so machen werde. Sie wollen nämlich am liebsten lesen und schreiben. In dem Alter (Jugendliche / junge Erwachsene an der Berufsschule eben) sind nicht viele so wissbegierig und lernfreudig.



    Ich werde weiterhin ab und zu mal was dazu schreiben wie mein "Schuljahr" so wird. Noch ist alles recht offen und natürlich wenig strukturiert. Nicht gerade einfach.
    Aber ich bin glücklich, das ich jetzt endlich wieder was machen kann... Am Ende des letzten Schuljahres war ja nicht mehr wirklich was zu tun, da die Prüfungen etc. rum waren und dann die Sommerferien und bis jetzt wieder alles geregelt ist... *seufz* Schule ist und bleibt eben sehr, sehr chaotisch. Zumindest an der Berufsschule.



    LG Trixi