Artikel zum Thema Autismus

  • Aus der Süddeutschen Zeitung von Anfang der Woche:


    Elf Jahre Haft im Stromstoß-Prozess


    Ich hab ehrlich gesagt Probleme mit der Urteilsbegründung:


    "Nun muss er für elf Jahre in die Psychiatrie. Nicht für 14 Jahre in Haft, wie das der Staatsanwalt gefordert hatte. Denn G. hat zwar erkannt, dass seine Taten Unrecht waren. Aber wegen einer erst vor kurzem erkannten Autismus-Störung habe er sich nur schwer bremsen können, hatte der Psychiatrische Gutachter erklärt. Nach seiner Einschätzung ist G. nur eingeschränkt schuldfähig. Das Gericht sieht G. daher in der Psychiatrie besser aufgehoben. Werde der Mann nicht behandelt, sei mit weiteren Taten zu rechnen."

    Die verminderte Schuldfähigkeit will ich nicht abstreiten, nur die Begründung verstehe ich nicht. Autismus allein führt nicht dazu, dass jemand sein Verhalten nicht kontrollieren kann. Wenn das wäre, dann wäre ja alle von uns gemeingefährlich und müssten präventiv weggesperrt werden. :icon_rolleyes


    Ich vermute, es steckt mehr dahinter als nur Autismus, warum der Gutachter eine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt. Darin sehe ich die Gefahr bei solchen verkürzt wiedergegebenen Urteilsbegründungen, dass sie alte Vorurteile und Klischees letztendlich immer wieder nähern, statt sie abzubauen.

  • https://www.wienerzeitung.at/n…sind-nicht-behindert.html


    Solche Artikel ärgern mich! X(


    Zitat: "Autismus ist keine Behinderung oder Krankheit, sondern ein neurologisch-genetisch bedingte Wesensart."

    Ja, Autismus ist auch eine Wesensart, aber sie ist völlig zu Recht als Behinderung anerkannt, mit allen Ansprüchen auf Nachteilsausgleichen, Therapien und Fördermaßnahmen, die sich daraus ergeben. Ohne diese Nachteilsausgleiche (vor allem in Schule und Beruf) hätte viele Autisten überhaupt keine Chance, in der nicht-autistischen "Normalität" zu bestehen.


    Wer Autisten den Behinderungsstatuts abspricht, argumentiert deshalb nicht für Autisten, sondern gegen sie. Wie oft muss man das noch wiederholen, bis die Menschen das endlich begreifen? :icon_rolleyes

  • Dario, ich kann deinen Ärger gut verstehen. Mir geht es ähnlich. Dass Autismus eine Wesensart ist, sehe ich auch so, aber es gibt eben noch die andere Seite. Selbst wenn man alle Barrieren beseitigt, gibt es immer noch durch den Autismus bedingte Schwierigkeiten und Nachteile, bei der die Betroffenen Unterstützung z.B. in Form eines SBA oder Nachteilsausgleiche benötigen. Wer behauptet, dass Autismus keine Behinderung sei, liefert den Ämtern und Krankenkassen tolle Argumentationshilfen für einen Ablehnungsbescheid.

  • Wer behauptet, dass Autismus keine Behinderung sei, liefert den Ämtern und Krankenkassen tolle Argumentationshilfen für einen Ablehnungsbescheid.

    Genau das ist es! Das scheint ein Punkt zu sein, den auch einige Autisten (gerade aus der Autistic-Pride-Ecke) nicht verstehen. Ob man sich selbst als behindert erlebt, muss (und darf) jeder für sich selbst entscheiden, aber die Verallgemeinerung "Autisten sind nicht behindert!" ist höchst gefährlich und letzten Endes unverantwortlich.

  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.