Talker immer wieder in der Kritik

  • Ich höre und lese immer wieder, dass Fachleute von einem Talker abraten, weil sie der Meinung sind, dass nichtsprechende Kinder erst einmal mit Gebärden oder mit Bildkarten aktiv kommunizieren sollen. Das Argument: Ein Talker würde den Kindern die Motivation nehmen z.B. Gebärden zu erlernen. Wie seht ihr das? Ist es nicht eher so, dass man das von Fall zu Fall individuell entscheiden muss?

  • Also ich denke es ist besser einem Kind das die Gebärden lernen kann, keinen Talker zu geben.
    Und auch Bildkarten sind in manchen Fällen sicher die bessere erste Wahl. Wenn z.B. die Möglichkeit besteht das die Lautsprache noch erlernt werden kann und für manche ist es vielleicht auch einfacher erstmal mit Bildkarten zu lernen was Kommunikation bedeutet.


    Allerdings finde ich es schwachsinnig, dass für alle Kinder als Regel zu machen. Einen Talker kann man schließlich auch mit den Augen etc. bedienen. Gebärden mit den Augen wären mir dagegen allerdings neu.
    Ein weiteres Problem das ich bei Gebärden sehe ist die eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeit. Ich selber kann z.B. keine Gebärden. Wenn also jetzt irgendwer versuchen würde sich mit mir in Gebärden zu unterhalten, würde es nicht funktionieren. Ein Talker dagegen ist für viel mehr Menschen verständlich.

  • Hallo,


    die UK-Fachleute sagen ganz klar: Alles, was die Kommunikationsfreude fördert, was Erfolgserlebnisse hervorbringt, ist gut. Und fördert insgesamt die Komminikation und das Verständnis dafür. Kommunikationskompetenz entsteht durch Kommunikation, je mehr, desto besser.
    Insofern gibt es da kein entweder oder. Und auf keinen Fall soll ein Kommunikatikonsmdium entzogen werden, nur weil das Umfeld ein anderes favorisiert.
    man würde ja, auch wenn das ginge, zb einem Erstklässler nicht die Stimme wegnehmen, damit derjenige mehr Motivation hat Lesen und Schreiben zu lernen. :icon_eek
    in einer der letzten Zeitschriften Unterstützte Kommunikation (Loeper Verlag), war dazu etwas zu lesen, bei Bedarf grabe ich auch gerne mal nach mehr fachlichen Belegen.
    ist leider ein sehr gängiges fatales Vorurteil, dass alternative Kommunikationsmittel andere behindern würden, dass die Nutzer dann deshalb nicht zur Lautsprache kämen.


    Trixi: Bitte also sowas nicht schreiben, nur weil es Dir von weitem so schlüssig erscheint.


    Das muss alles individuell, offen und klientenzentrierte in der Praxis entwickelt werden, und mit Unterstützung von jemand, der das auch kann und von Kommunikation was versteht.


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Enscha, ich wollte damit keinesfalls sagen, dass ich gegen Gebärden bin. Hab das etwas unglücklich formuliert.
    Mir ging es nur darum, dass eben nicht für jedes Kind bzw. jeden Menschen Gebärden das richtige sind und das ich "Gebärden vor Talker" auch nicht für richtig halte.

  • Hallo


    Trixi, so hab ich Dich auch nicht verstanden. Aber das:

    Zitat

    Also ich denke es ist besser einem Kind das die Gebärden lernen kann, keinen Talker zu geben. Und auch Bildkarten sind in manchen Fällen sicher die bessere erste Wahl. Wenn z.B. die Möglichkeit besteht das die Lautsprache noch erlernt werden kann

    ist auch eine Laienansicht, die definitiv nicht richtig ist. Wir müssen weg von diesen Vereinfachungen, Verdrehungen,Klischees, die bei potentiellen UK-Anwendern leider noch recht verbreitet sind.


    leider bekommen viele Kinder keinen Talker, weil uninformierte Logopäden, Lehrer, Eltern und andere denken, damit kämen die Kinder dann gar nicht mehr in die Lautsprache. Das Gegenteil ist der Fall, hab ich ja oben schon geschrieben. Das ist auch so evaluiert.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    3 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Ja, ich gebe zu ich hab in dem Bereich wirklich nicht viel Ahnung.


    Das mit den Bildkarten meinte ich eher so, dass Kinder damit lernen können wir Kommunikation funktioniert und hab ich eher auf jüngere Kinder bezogen. Auch weil mir bewusst ist, wie teuer Talker sind und wie viele Kämpfe man deswegen oft hat. Also Bildkarten nur als eine vorübergehende Möglichkeit und nicht als Dauerlösung.

  • Das muss alles individuell, offen und klientenzentrierte in der Praxis entwickelt werden, und mit Unterstützung von jemand, der das auch kann und von Kommunikation was versteht.


    Dann lag ich ja mit meiner Einschätzung richtig.


    leider bekommen viele Kinder keinen Talker, weil uninformierte Logopäden, Lehrer, Eltern und andere denken, damit kämen die Kinder dann gar nicht mehr in die Lautsprache. Das Gegenteil ist der Fall, hab ich ja oben schon geschrieben. Das ist auch so evaluiert.


    Leider sind das auch meine Erfahrungen. Es ist schwer dagegen anzukommen. Zumindest wird immer wieder behauptet, ein Talker würde den Kindern die Motivation nehmen.
    Ein Talker hat den Vorteil - wie Trixi schon geschrieben hat - dass das Kind von allen Menschen verstanden wird.

  • Ich hatte schon wieder ein Gespräch mit einer Logopädin, die der Meinung war, dass ein Talker die Kinder faul machen würde.
    Ich bin mit meinen Argumenten leider nicht weiter gekommen.
    Jedes Kind hat doch ein Recht auf Kommunikation und Erfolgserlebnisse, von daher kann ich nicht verstehen, warum den Kindern das nicht ermöglicht wird.

  • Hallo Ella,


    da da kann man eigentlich nur - falls es um ein konkretes Kind geht - den Eltern raten, sich an eine UK-Beratung zu wenden bzw. eine UK-kompetente Logopädie zu suchen (Stichwort Zweitmeinung). Die UK ist ein Fach, das sich sehr dynamisch entwickelt hat die letzten Jahre, da sind wohl leider viele Logopäden nicht mitgekommen

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Ich hoffe ich trete jetzt nicht wieder in ein Fettnäpfchen (RW) oder so...
    Aber würde man auch das gleiche bei Kindern sagen die definitiv nicht laufen können? Also so nachdem Motto "ein Rollstuhl macht faul, deswegen muss / soll sich das Kind eben kriechend oder ähnlich fortbewegen" ?


    Ansonsten frage ich mich immer, warum Kommunikation nicht als etwas selbstverständliches angesehen wird, das auf jeden Fall ermöglicht werden sollte.
    Ich erinnere mich da an ein Buch das ich mal gelesen habe (mein erster Kontakt überhaupt mit UK) wo dem Kind in der Schule weil es zu viel geplappert hat, mal eben die Lautstärke am Talker ausgestellt wurde. Ein gesundes Kind kann man schließlich auch nicht einfach so ruhig stellen. *grübel*

  • :icon_eek Bei uns war es so das mein Kind mit mutistischem Verhalten in der Förderschule GB erstmal ein ganzes Schuljahr gar nichts an Unterstützung bekommen hat . Dann als man meinte doch etwas machen zu müssen , wurde erst eine komunikationsbeauftragte der Schule angesprochen die aber irgendwie auch nicht immer Zeit hat weil sie ja für so und soviel Kinder zuständig ist , um dann festzustellen das mein Kind doch keine U.K. benötigt . Bis dahin hatte ich schon wieder diverse Schweißausbrüche ob die KK das bezahlt , und mein Kind war auch schon halb verrückt weil er sich auf das Tablet freute.
    Letztendlich unabhängig dieses ganzem hin und her der Fachleute , fing mein Sohn mit einzelnen an zu sprechen , was wiederum dazu führte das er dann bereits im 2 Schuljahr auch Logopädie haben durfte, während der Schulzeit .Heute redet er mit den meisten , aber noch nicht mit allen Pädagogen . Diese nötigen mein Kind jedoch immer wieder das er doch auch mit Ihnen sprechen solle ....meine zahlreichen bitten dies zu unterlassen stoßen auf taube Ohren . Nun ja mein Kind sagt mir die können sich auf den Kopf stellen er redet wann und mit wem er das will :D
    Trixie , deinen Vergleich mit den Rolli Kindern finde ich gut . Ich argumentiere oft das man ja von diesen armen Menschen auch nicht erwartet das sie die Treppen hochsteigen. Wir wollen ja wohl auch nicht den Brillenträgern ihre sehhilfe entwenden oder ? Da ist es auch schon wieder das große Wort TOLERANZ !

  • ...wir haben das ja ebenfalls alles durch...


    einen sehr frühen Anlauf (als Versuch) für einen Talker, der 1,5 Jahre abgelehnt wurde...


    der Wunsch nach einem anderen Talker, als wir endlich einen hatten durch die Schule,


    dann die Verstärkung durch einen Vorort Termin an der Schule (nach 9 monatigem warten auf einen Begutachtungstermin),


    der gegen eine Unterstützung der Gebärden gebraucht wurde (bei einem Schultermin gemeinsam mit der Amtssärztin)


    ... da waren wir schon lang bei der zweiten Schiene...


    ich habe dann eine lange Mail geschrieben- nachdem die Schule uns so in den Rücken gefallen war-


    wir haben dann beides bekommen, obwohl uns schon deutlich war, dass Feli den Talker zwar versteht,
    ihn aber weitestgehend ablehnt und lediglich unter "Zwang" benutzt- uns schaut er nur genervt an: er weiß, dass es hier auch anders geht!


    klar und unbestritten- deshalb auch die Idee:


    mit einem Talker kann man, wenn man sich die Mühe gibt, sich in Schritten durch die Ebenen zu arbeiten eben mit ALLEN kommunizieren!


    mit diesen ALLEN kommt unser Kind aber in der exklusiven Gemeinschadft garnicht zusammen und fragt sich deshalb zurecht: warum?
    und das, TROTZDEM er extrem Technikaffin ist und Ebenen auf einem I-Pad für ihn ein Leichtest sind(da ist er gern besser als ich es noch werde!)


    Er hat die Gebärden angenommen- obwohl ihn dies wiederum in der erweiterten Familie in Teilen separiert...
    Seine Gebärden sind in Teilen motorisch ungenau und er erfindet reichlich eigene, hinter die wir manchmal auch erst kommen müssen... Stück für Stück...


    Aber damit sehe ich, dass er Angebote brauchte, um WÄHEN zu können! und mit SEINER Priorität müssen WIR uns arrangieren... Stück für Stück...


    unsere letzte Logopädin hat es in der gemeinsamen Arbeit als destruktiv verteufelt. Sie ist Geschichte, wir suchen (Warteliste) nach etwas neuem.


    Dann lieber eine längere Logopause, als jemand, der Felis priorisierten Weg ablehnt... (was bereits nachgewiesener Blödsinn ist) das bringt nichts als Frust für Zwergi- dann puzzlen wir besser langsam aber stetig weiter....


    NICHTS in dem Blumenstrauß der Kommunikationsangebote ist schlecht und manches von außen vielleicht zu priorisiren- und, wenn es angenommen wird, dann ist es gut!


    ABER: die Wahl trifft bitte derjenige, dem man diesen Blumenstrauß hinhält (sofern man ihn erklärt und gemeinsam getestet hat).


    J
    onna
    ~~~~~~~~~~
    mit Jesper und Felix *2006 (Down Syndrom PLUS, gehörlos und weitere Baustellchen...)




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