Beiträge von Enscha

    Hallo,


    ich bin grade auf einen spannenden Blogbeitrag vom Steinzeitplaneten gestoßen:
    https://kanner840.wordpress.co…09/wen-ritualrutin-storn/


    Das ist etwas, was ich bei meinem Sohn auch beobachte: Weil Routinen soviel Sicherheitsgefühl geben, neigt er dazu, sie auszubauen. Und/oder sie "frieren" ihm ein, und sind dann mehr Korsett als Hilfe.


    Ich habe schon ganz früh angefangen, diese Routinen ab und zu mal aufzubrechen (Stichwort Ausnahme, zb), weil ich gemerkt habe, dass mein Sohn das auch will, aber mich als "Katalysator" dazu braucht, von alleine schafft er das nicht. Auch wenn eine Routine lange Zeit sehr fest ist, aber eigentlich überholt, bräuchte er früher da entschlossene Hilfe von außen. Ich musste das quasi "riechen", wenn er soweit war, etwas altes, überflüssig gewordenes abzulegen. Inzwischen kann er mir das deutlicher signalisieren, legt mir zb einen Satz "in den Mund", ich muss es dann bloß noch rechtzeitig checken ...


    Bestätigt hat mich da eine Fachfrau, die sich mit Autismus und Depression auskennt, die sagt, dass Flexibilität ist etwas, was Autisten mit am meisten davor schützt, Depressionen zu entwickeln. Ist eigentlich auch nachvollziehbar, denn man ist ja viel mehr Gestalter seines eigenen Lebens, erfährt viel mehr Selbstwirksamkeit, wenn man sich Handlungsspielräume bewahrt. Oder schafft.



    Gleichzeitig kennen wir das alle, dass ständig die Umwelt Anpassung verlangt, dass immer noch eine Schippe drauf gelegt wird nach dem Motto "das schaffst Du jetzt doch" oder "gestern ging's doch auch". Das schafft aber viel zuviel Druck. Es muss die Flexibilität vom autistischen Kind selber ausgehen. Ganz klar. Aber wenn ich und die Pädagogen da bei meinem Sohn immer drauf gewartet hätten, bis er von sich aus den Anstoß gibt, formuliert, dann würde bei uns der Stillstand regieren. Und Sohn hätte auch nicht gelernt, diesen Anfangsbremsimpuls beizeiten zu überwinden, wenn dahinter etwas Interessantes lockt ...


    bin gespannt, wie Ihr das seht.

    Es gibt eine Unmenge Bücher zum Thema Autismus, grade für Neulinge ist es schwer, eine Auswahl zu treffen. Aber auch wer schon länger dieses Spezialinteresse pflegt, freut sich vielleicht über gute Tipps oder mag welche geben.


    Bitte hier Bücher benennen, und sie ein wenig (oder ein wenig mehr) beschreiben.


    Mein erstes Buch kurz nach Juniors Diagnose war eine Innensicht: Axel Brauns' preisgekröntes Buch "Buntschatten und Fledermäuse". Brauns beschreibt seine Kindheit in Hamburg, Familie, Schulzeit.
    Das ist jetzt bald zehn Jahre her, dass ich das Buch gelesen habe, und immer noch hab ich erhellende Passagen daraus parat. Weil sie so prägnant waren. Weil sie mir einen Aha-Effekt beschert haben. Zum Beispiel wie Brauns beschreibt, warum es so toll ist, auf einem Drehstuhl zu wirbeln, oder dass bestimmte stereotypische Beschäftigungen (zB "Lichteln") "Belohnung in sich selbst finden", eine wunderbare Formulierung. Oder wie er das Fussballtraining aufgesteckt hat, weil er ein Wort vom Trainer missverstanden hat und dachte, man würde ihn in den Kerker stecken. Oder wie er Flöte nur deshalb gelernt hat, weil er eine Hecke auf dem Weg zum Unterricht so gerne mochte. Oder was er sich gedacht hat, wie Freundschaft geht, oder Liebe.
    Ein tolles Buch.


    Bücher ausleihen kann man teilweise bei den Regionalverbänden Autismus.
    Oder über die Fernleihe von jeder kommunalen Bibliothek aus (kostenpflichtig, aber bezahlbar)


    hier gibt's übrigens im Netz eine Bücherliste: http://www.autismus-buecher.de

    Wie meinst Du das, blockiert? Von außen?


    manchmal blockiert das Umfeld, manchmal der potentielle Nutzer, manchmal der Finanzträger. Letzteres ist am übelsten, weil ausgrenzend und rechtswidrig. Man kann meistens dagegen angehen.
    Außer in Ö, da gibt's keine Kostenübernahme 8|


    wenn der Nutzer blockiert, muss man den Ansatz ändern, wenn das Umfeld (Elternhaus, Schule,...) blockiert, muss man genau schauen, woran es liegt. Steter Tropfen höhlt den Stein, Erfolgserlebnisse auch. :P

    Ich fange mal an. Die UK ist ein großes und wichtiges Thema, die Bedeutung von UK für jemanden mit einer Kommunikationseinschränkung kann gar nicht noch genug eingeschätzt werden.


    Teilhabe braucht Kommunikation!


    Es gibt in Deutschland als Verband aller UK-Schaffenden mit und ohne Behinderung die Gesellschaft für UK, das ist der deutsche Ableger der ISAAC.


    auf deren Website bekommt Ihr gute Informationen.
    http://www.gesellschaft-uk.de/…terstuetzte-kommunikation


    Was ist UK? Alle Mittel, die fehlende lautsprachliche Kommunikation ersetzen oder ergänzen.
    Basale Kommunikation, Körpersprache allgemein, Gebärdensprache, Bildkarten, Pictogramme, Talker, Blicktafeln, und und und
    Es geht aber bei UK nicht bloß um irgendwelche Bildkarten oder Talker, übergestülpt, sondern es geht um ein ganzheitliches und individuelles Ansetzen.


    erstmal ein Schritt zurück, was ist überhaupt so wichtig an Kommunikation?
    https://www.dbl-ev.de/kommunik…tion-ist-unser-leben.html
    daraus sinngemäß: Kommunikation bedeutet Austausch und Teilhabe. Zu Kommunikation gehören mindestens zwei - Kommunikation verbindet Menschen.
    Bedürfnisse, Wünsche, Abgrenzung, kreativer Ausdruck, Zusammengehörigkeit, Gemeinschaft, Freundschaft, Miteinander - Nichts geht ohne Kommunikation.


    Betroffen sind Menschen mit vielerlei Behinderung: Solche die keine oder kaum Lautsprache haben, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Aber auch solche, die Lautsprache haben, aber sie nicht umfassend einsetzen können, zb viele Autisten. Mein Sohn zb kann reden wie ein Wasserfall - über seine Themen. Aber er tut sich unendlich schwer damit, einen "normalen" Dialog zu führen, Bedürfnisse zu formulieren, etwas Geschehenes zu erzählen.


    eine aus meiner Sicht wunderbare etwas andere Einführung gibt es von Angela Hallbauer und Claudio Castaneda: Einander verstehen lernen.



    Vom Umfeld (Eltern, oder Einrichtung) hört man öfter: "Der X braucht keine UK, der kann zeigen, was er will". Oder "Ich kenne die Y ja gut, ich weiß, was die will/braucht." Das mag gelten für's Lieblingsessen, für Gewohnheiten, für zeig- und greifbare Dinge. Auf den ersten Blick.
    Aber Meñschen und Gewohnheiten ändern sich im Lauf eines Lebens, und es gibt so vieles, was sich nicht durch Zeigen ausdrücken lässt, zb: Jemand fehlt mir. Ich möchte etwas von früher, was es lange nicht gab. Ich habe Schmerzen. Mich juckt's am Rücken. Neue, andere Musik mal bitte.
    Je besser ein Mensch kommunizieren kann, desto mehr Teilhabe hat er, desto mehr Selbstbestimmung.