Wie läuft eine ASS-Diagnostik bei Kindern ab?

  • Hallo,


    ein Info-Thread zum Thema:
    Wie läuft eine saubere Autismus-Diagnostik bei Kindern ab?


    zum ersten: Anlaufstellen
    - Kinder- und Jugendpsychiater als niedergelassene Fachärzte oder in entsprechenden Kliniken/Klinikabteilungen
    - Autismusambulanzen
    - SPZ
    -Kinderpsychologen


    Welche Stelle in Deiner Stadt die beste ist, kann man pauschal nicht sagen. Es lohnt sich, ein bisschen herumzufragen, es gibt nämlich leider viele, die zwar selber der Meinung sind, Ahnung zu haben, was Autismus ist und vor allem nicht ist, da sind aber leider viele drunter, die bloß nach billigen Klischees urteilen ("kein Autist weil Hand gegeben, in die Augen geschaut, beziehungsfähig...)


    SPZ sind ja, was kindliche Besonderheiten betrifft, sehr sehr BREIT aufgestellt, haben dafür in der Tiefe derzeit noch häufig einen blinden Fleck bei unsichtbaren Störungen wie ASS und ADHS, und sprechen davon "keinen Stempel" aufdrücken zu wollen. Es gibt aber auch SPZ, die eine gute valide Diagnostik machen.
    Ansonsten ist das Beste, sich einen GUTEN Kinder- und Jugendpsychiater (KJP, niedergelassen oder Klinik) zu suchen.


    häufig wird verwechselt: Ein Psychiater ist ein Facharzt, hat Medizin studiert. Aus meiner Sicht ist das der Richtge für die Diagnostik. Ein Psychologe ist kein Arzt, sondern hat Psychologie studiert. Da sind sicherlich einzelne dabei, die gute Diagnosiker sind, die Regel ist es nicht.
    eine seriöse gute Diagnose-Stelle ist sehr viel wert, dafür würde ich persönlich auch notfalls weit fahren.



    Wenn Du eine Stelle gefunden hast, dann startet dort die Diagnostik.
    Erstmal gibt es meist einen kleinen "Vortest", ob sich überhaupt aus fachlicher Sicht Verdachtsmomente für ASS zeigen.
    Das ist zB ein Test namens M-CHAT für Kleinkinder, oder der MBAS (Marburger Beurteilungsskala) für Asperger/HFA.


    Wenn ausreichend Anhaltspunkte für ASS bestehen, dann folgt die Diagnostik, mit den zentralen "Werkzeugen" ADOS (Beobachtung des Kindes beim Handeln, beim Interagieren) und ADI-R (Interview mit den Eltern). Jedes Werkzeug ist immer nur so gut wie der, der es benutzt! Eine gute ASS-Diagnostik verlangt viel Erfahrung und Wissen.


    Je nach Fachmensch und Einzelfall sind das zwei bis viele Termine, theoretisch geht's auch in einem.


    Hilfreich für das ADI-R ist es, sich im Vorfeld Zuhause Gedanken und evtl Notizen zu machen, was am Kind denn von Anfang an ungewöhnlich und auffällig war.
    wenn man ein Kind hat, das auswärts gut kompensiert, sich zusammenreißen kann, um unauffällig zu sein, kann es auch helfen, zuhause ein paar kleine Videos zu machen von Situationen, die auffällig sind.


    wenn das Kind den sogenannten Cut-Off bei der Auswertung der beiden Module überschreitet, dann gibt es eine ASS-Diagnose.



    So. Wer noch etwas anfügen möchte, oder etwas anders sieht, bitte gerne.
    und wer Fragen hat, immer her damit :)


    Viele Grüße, Enscha

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    27 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Die richtigen Stellen bei einer Autismus-Diagnostik sind sehr wichtig. Nicht jeder kann die Diagnose stellen. Man sollte sich auch im vorhinein schonmal über Diagnose-Möglichkeiten informieren.


    Beim ersten Diagnose-Versuch meiner Tochter wurden zB Fragebögen verwendet die für ihr Alter nicht geeignet waren (diese waren ab einem Alter von 6 Jahren - auch eher allgemein und sie war damals erst 4,5) und gerade in dem Bereich muss man sehr darauf achten an Fachpersonen zu geraten.


    Als wir dann ein Jahr später die Diagnose bekommen haben hieß es plötzlich, dass genau die Auffälligkeiten, wo man uns anfangs erklärt hätte das hat nichts mit Autismus zu tun gerade typisch für Asperger-Autisten sind.


    Wobei ich sagen muss, dass ich mich erst monatelang mit dem Thema beschäftigt habe, bevor ich mich an eine neue Diagnostik herangewagt habe. Hätte ich es nicht getan, würde meine Tochter heute einfach als HB Kind mit schweren Bindungsstörungen gelten, hervorgerufen durch Vernachlässigung im Elternhaus. X(


    Deswegen...wenn man sich sicher ist, und vor allem wenn man meint eine Diagnose ist falsch gestellt worden, dann kann ich nur empfehlen unbedingt eine Zweitmeinung einzuholen.

  • Dürfen Psychologen Diagnosen stellen?
    Ich denke, sie dürfen innerhalb einer Diagnostik ihre Beobachtungen mitteilen, Intelligenz- und Entwicklungstests durchführen und Berichte erstellen, tragen also ihren Teil mit in die Diagnostik hinein, aber letztendlich dürfen sie keine Diagnose erstellen, oder?

  • @Ella, ja auch Psychologen dürfen diagnostizieren. Siehe zB auch hier: http://autismus-kultur.de/auti…ia/autismus-diagnose.html


    ich weiß auch von jemand in München, der mit einer ASS-Diagnose fürs Kind vom Psychologen recht glücklich war.
    wenn es allerdings darum geht, Hilfen durchzusetzen bei Amt oder Schule zB, wäre mir persönlich mit einer fachärztlichen Diagnose wohler.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • Psychologen dürfen Diagnosen stellen. Am sichersten ist es aber, wenn es Diplom Psychologen sind.
    Genauso gibt es auch Fachärzte die z.B. keinen Doktortitel haben und ebenfalls Diagnosen stellen dürfen. Man muss schon sehr genau darauf achten, welche entsprechende Ausbildung wer hat.
    Leider wird eben nicht alles anerkannt, auch wenn die Person selber z.B. durch Fortbildungen etc. eigentlich eine Fachperson ist. Fehlt die entsprechende Ausbildung um anerkannte Diagnosen zu stellen wird es schwierig. Auch bei Ärzten ohne Doktortitel (selbst erlebt vom Versorgungsamt, das meine Fachärztin gar nicht gefragt wurde, weil der Doktortitel fehlt).

  • Diplompsychologen dürfen Diagnosen stellen, aber wenn es um die Beantragung und Durchsetzung von Hilfen geht, sind Familien auf der sichere(r)n Seite, wenn die Diagnose von einem Kinder- und Jugendpsychiater kommt. Meiner Erfahrung nach sind tendenziell niedergelassene KJPs für die Autismusdiagnostik als Kliniken, die in der Trägerschaft der Landkreise oder der Bundesländer stehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass niedergelassene KJPs ambulant arbeiten, während Kliniken schon mal auf längere teil- oder vollstationäre Aufenthalte drängen.

  • Da ist was dran, Tigress, ich persönlich bin auch sehr zufrieden - von Anfang an - mit meiner niedergelassenen KJP. Sie kennt Hans jetzt seit fast zehn Jahren, das hilft schon (in Kliniken wechseln die Ärzte teils öfter mal). Ich kenne aber auch viele, die sich in Kliniken in der KJP gut aufgehoben fühlen, hier in Oberbayern zB Heckscher in München und Jossephinum in Augsburg.
    es ist ganz gut, wenn man ein bisschen herumfrägt. Wobei halt Eltern, bei deren Kindern eine (erste) Diagnostik gemacht werden soll, logischerweise meist noch keine Kontakte haben ...


    Grüße

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    Einmal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Wie haltet ihr das mit der "Überprüfung" der Diagnose nach einem gewissen Zeitraum? In unserer Diagnose vom März dJ steht, dass die Psychologin in einem Jahr eine Überprüfung empfiehlt. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum. Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?


    LG

  • Eine Überprüfung ist vielleicht sinnvoll wenn es einen Verdacht gibt, der weder zu 100% bestätigt noch definitiv ausgeschlossen werden konnte.
    Eine generelle Überprüfung von Diagnosen halte ich persönlich für schwachsinnig. Entweder man hat Autismus oder man hat keinen Autismus. Wenn der Autismus bereits festgestellt wurde, ist es schwachsinnig da zu sagen man muss aber überprüfen ob das so stimmt, oder ob ein Kind innerhalb von 1 Jahr plötzlich keinen Autismus mehr hat.... Da fehlt doch jede Logik!

  • <p>Blo&szlig; keine schlafenden Hunde wecken!</p>


    <p>Eine &Uuml;berpr&uuml;fung der Diagnose macht nur Sinn, wenn die vorher gehende eine Verdachtsdiagnose ist. M&ouml;glich ist auch eine sogenannte Verlaufskontrolle. Nachdem unsere Autismusdiagnose als gesichert gilt, haben wir uns bisher beidem enthalten. Zum Einen sehen wir in den Tests eine zus&auml;tzliche Belastung f&uuml;r unser Kind, zum anderen besteht immer die M&ouml;glichkeit an einen 'Experten' zu geraten, der das Rad neu erfinden will indem er die Diagnose infrage stellt.</p>


    <p>lg<br />
    &nbsp;</p>

  • Ich bin bei Tigress: Wenn es eine gesicherte Diagnose ist, wenn sie stimmig ist, dann würde ich sicher nicht schon nach einem Jahr das ganze nochmal machen.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

  • Trixi

    Hat das Label Autismus hinzugefügt.