Ermäßigung(en)

  • Hallo


    Ich möchte mal ein bisschen Frust los werden...
    Irgendwie finde ich das System mit den Ermäßigungen echt unfair. Es ist schon gut das es für Menschen mit SBA fast überall Ermäßigungen gibt. Aber ehrlich: Warum soll / muss man eigentlich ständig 70% oder Merkzeichen haben???
    Die Merkzeichen haben natürlich ihre ganz eigenen "Ermäßigungen" und das finde ich völlig in Ordnung.
    Es ärgert mich nur extrem das ich mit 60% von fast allen Ermäßigungen ausgeschlossen werde. Gleichzeitig habe ich nicht mal die Chance zu arbeiten oder ähnliches zu machen auf Grund meiner Behinderung.
    Ohne Geld von anderen Menschen könnte ich nicht mal ein Minimum an Teilhabe erleben.
    Das kotzt mich gerade extrem an.


    LG Trixi


    PS: Das 60% eigentlich nicht meinen Einschränkungen entsprechen will ich hier nicht mal thematisieren. Aber ich denke auch andere Menschen mit 60% und ohne Merkzeichen haben sicher oft ähnliche Probleme.

  • Hallo Trixi,
    ich kann dich voll verstehen. Gerade wenn man auf Grundsicherung angewiesen ist, wären die Ermäßigungen eine große Erleichterung im Sinne der Teilhabe.


    Ich wünsche dir Freunde, die dich gerne einladen, auch wenn dies natürlich die Ermäßigungen nicht ersetzen können.


    LG Timma

  • Warum soll / muss man eigentlich ständig 70% oder Merkzeichen haben???


    Meistens wird, beispielsweise im Museum oder im Kino, der GdB gar nicht nachgeprüft. Falls doch, sag ich : "Ach, ich bin Ihnen nicht behindert genug? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach noch an Behinderungen haben?" Da haben die dann keine Antwort und berechnen mir den ermässigten Preis.



    Gleichzeitig habe ich nicht mal die Chance zu arbeiten oder ähnliches zu machen auf Grund meiner Behinderung.


    Ohne Geld von anderen Menschen könnte ich nicht mal ein Minimum an Teilhabe erleben.
    Das kotzt mich gerade extrem an.


    Ja, verstehe ich. Ist bei mir genau so. Was singt Xavier Naidoo? "Man kann so vieles ändern, wenn man zu kämpfen bereit ist aber nicht diese Ungerechtigkeit".
    Zum "Glück" kann ich vieles so oder so nicht machen, da spare ich einiges. Ich weiß auch, dass es gar nicht erwünscht ist, dass ich teilhabe und ich eh immer Gegenwind hätte. Da ist es vielleicht besser, wenn es eh nicht geht, finanziell und sowieso. Ich mache es mir halt soweit ich kann selbst schön, gehe spazieren usw. Oder wenn ich viele Freunde hätte oder "normal" aufgewachsen wäre (ohne Entwicklungsstörung und Krankheit) oder wenn ich die selben Interessen hätte wie meine Schwestern, dann wäre mein Leben auch viel zu teuer. Da wäre ich noch viel unglücklicher. Ich denke einfach nicht darüber nach. Ich kenne ja auch so vieles gar nicht, was Geld kosten würde. Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht


    Lynkas grüßt

  • Hm, Hans hat ja 80 GBH, aber auch bei uns gibt es sehr vieles, was wir sowieso nicht machen können. Da würde eine "stille Stunde" mehr helfen.
    Wobei man auch sagen muss, dass nichtöffentliche Betreiber (Kino, ...) die Ermäßigung ja freiwillig gewähren, insofern kann man da eigentlich nicht meckern, denn sie könnten es auch ganz lassen ...
    ja, gut, ins Kino will Hans nicht, und irgendwann wird man alle Filme, die im Kino laufen, zuhause streamen können. Wo es nur um den Film selber geht, und nicht um das gemeinsame kulturelle Erlebnis Kino, ist das dann ja die barrierefreie Version.


    Wir fahren aber dafür zum Beispiel schamlos lange Aufzug in geeigneten öffentlichen Gebäuden, und ich sage Kritikern ("Das ist doch kein Spielzeug") gerne dazu,dass das in Ordnung ist, weil wir ja eine ganze Menge öffentlich bezahlter oder geförderter Einrichtungen (Museen, Sportplätze, Vereine,...) nicht nutzen können. Das zieht dann. ;)


    Ich wäre eigentlich dafür, eher den SBA gerechter zu machen. Jemand mit Prothese zb, der ganz normal arbeiten geht, ist nicht auf Ermäßigungen angewiesen. Bei Euch, Trixi und Lynkas, stimmt der SBA offenbar nicht wirklich mit der hohen Teilhabebeinträchtigung überein.
    Leider ist das ja wieder eine Art Glücksspiel, für alles was nicht genau messbar ist, vom Versorgungsamt einen angemessenen SBA zu bekommen. Es wäre einfach wichtig, dass das VA kompetenter wäre bei psychiatrischen Diagnosen.



    Lynkas, das ist ganz schön bitter ... Du bewegst dich ja ausgiebig, geistig nämlich, deshalb spürst Du Deine Fesseln ja auch so sehr.
    Ich bin froh, dass Du hier bist. Ich bin froh, dass es das Internet gibt, da kommen so viele Dinge erst in Gang, kommen erst "zum Vorschein" für andere. Da liegen auch für Hans eine Menge Chancen.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Hallo!



    Es stimmt schon, das diese nichtöffentlichen Dinge alle freiwillig ihre Ermäßigungen machen können.
    Es ärgert mich trotzdem.
    Denn ich kann nicht alleine einfach mal ins Kino gehen oder ins Schwimmbad gehen. Okay, abgesehen vom Freibad gegenüber, aber da würde ich sogar die Ermäßigung auf den SBA bekommen, wenn ich keine Jahreskarte mit Ermäßigung hätte (weil mein Mann bei der Gemeinde arbeitet). Sprich ich muss eigentlich immer jemanden finden der mir begleitet, ansonsten kann ich es nicht machen.
    Tja und wer begleitet denn schon jemand gerne, wenn er selber z.B. nicht wirklich Lust dazu hat? Mein Mann hasst Schwimmbäder...
    Ich zahle also eigentlich immer drauf bzw. kann eben sehr, sehr vieles gar nicht machen. Und das obwohl ich nicht mal sooo viel machen möchte.
    Ich mein, Kino ist z.B. ziemlich doof für mich. Den Film kann ich ja nicht mal eben anhalten wenn ich auf´s Klo muss. Ich bezahle also denn vollen Eintritt im Wissen das ich zu 99% einen Teil des Filmes verpassen werde weil ich auf´s Klo gehen muss. Für mich ein echter Nachteil.



    Und was die Versorgungsämter angeht... Dazu sag ich lieber nichts mehr... Als Mensch mit einer körperlichen Behinderung bekommt man häufig deutlich mehr, als bei nicht sichtbaren Behinderungen im psychischen Bereich. Und das NERVT!


    LG Trixi, die nicht mal Grundsicherung bekommt

  • Als Mensch mit einer körperlichen Behinderung bekommt man häufig deutlich mehr, als bei nicht sichtbaren Behinderungen im psychischen Bereich. Und das NERVT!


    Das stimmt! Wir mussten damals 18 Monate mit Rechtsanwalt an der Seite um den SBA meines Sohnes kämpfen.
    Damals erhielt er nur einen Grad der Behinderung von 50 ohne Merkzeichen. :evil:
    Erst nach rechtsanwaltlichen Widerspruch gab es nach eineinhalb Jahren Kampf den Grad der Behinderung von 80 und die Merkzeichen B, G, H
    Menschen mit nicht sichtbaren Behinderungen sind oft deutlich im Nachteil. :evil:

  • Ich mein, Kino ist z.B. ziemlich doof für mich. Den Film kann ich ja nicht mal eben anhalten wenn ich auf´s Klo muss. Ich bezahle also denn vollen Eintritt im Wissen das ich zu 99% einen Teil des Filmes verpassen werde weil ich auf´s Klo gehen muss. Für mich ein echter Nachteil.


    Ja, nicht wahr? Das kapieren Menschen mit top-funktionierendem Bauch nicht. Die denken überhaupt nicht über Toiletten oder Bauchschmerzen nach. Auch der EURO-Schlüssel bringt in solchen Fällen gar nichts (und den bekommt man ja auch wieder erst mit einem GdB von 70).


    Als Mensch mit einer körperlichen Behinderung bekommt man häufig deutlich mehr, als bei nicht sichtbaren Behinderungen im psychischen Bereich.


    So ist es. Weil: psychische Behinderungen kann man "per Willenskraft wegmachen", da ist ein höherer GdB total "unangemessen"
    Nein, ICH glaube das natürlich NICHT!
    Da kann ich manchmal froh sein, wenn ich nicht all zu gut "funktioniere" und doch behindert auffalle. Wobei: im Museum, als ich eine ermäßigte Dauerkarte kaufen wollte, wurde dann gesagt: Wozu brauchen SIE denn eine DAUERKARTE?
    Genau, ich wirkte so "intellektuell eingeschränkt" ;) , das "lohnt" dann nicht, oder wie? Die Dame kontrollierte dann ausgiebig den auf meinem Ausweis ausgewiesenen GdB (es genügte ein GdB von 50) sowie die Befristung des Ausweises. Gott sei Dank - oder Versorgungsamt sei Dank (ist ja auch was Gottähnliches) - ist der Ausweis unbefristet.
    Eine Woche später kommt per Post NOCHMAL die Aufforderung, ich solle meinen Behindertenausweis vorlegen. Wie bitte? Habe ich NICHT getan.


    Lynkas grüßt.

  • Auch der EURO-Schlüssel bringt in solchen Fällen gar nichts (und den bekommt man ja auch wieder erst mit einem GdB von 70).


    Da muss ich jetzt wiedersprechen. Den kann man auch ohne SBA und GdB bekommen.
    Ich hab auch einen Euroschlüssel... Die Blicke der Menschen gibt´s auch kostenlos dazu. *grml*


    Was du brauchst ist ein ärztliches Attest das du darauf angewiesen bist überall in Reichweite eine Toilette zu haben. Auf Grund meiner Darmerkrankung habe ich das Problem. Und mit Attest konnte ich mir auch einen Schlüssel bestellen.
    Frecherweise sind auf Rasthöfen und so die Behinderten-WCs meistens hinter dem Bezahlautomaten. Ich müsste also meistens trotz meinem Schlüssel (den ich auch deswegen angeschafft habe) bezahlen. *frustiert bin*
    Ab und zu krieche ich dann einfach durch den Kindereingang weil ich das wirklich unverschämt finde. Und permanent nach jemanden zu rufen damit er mir die Tür öffnet um erst mal bis zum Klo zu kommen ist mir persönlich zu unangenehm (abgesehen von den Diskussionen die das zwangsläufig bringt, da ich ja nicht angerollt komme).

  • Ich wäre eigentlich dafür, eher den SBA gerechter zu machen. Jemand mit Prothese zb, der ganz normal arbeiten geht, ist nicht auf Ermäßigungen angewiesen. Bei Euch, Trixi und Lynkas, stimmt der SBA offenbar nicht wirklich mit der hohen Teilhabebeinträchtigung überein.


    Hallo Enscha,


    das sehe ich genauso: Schwerbehinderung und finanzielle Bedürftigkeit haben nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun. Wer auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeitet und genauso viel verdient wie die nichtbehinderten Kollegen (bei mir ist das der Fall), ist nicht darauf angewiesen, vergünstigt ins Kino oder ins Schwimmbad zu kommen.


    Deshalb wäre ich dafür, Schwerbehinderung und finanzielle Bedürftigkeit zu entkoppeln. Stattdessen würde ich sagen: Wer finanziell bedürftig ist und aus eigener Kraft nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, soll umfassende Vergünstigen im sozialen und kulturellen Leben bekommen - völlig unabhängig davon, ob eine Behinderung vorliegt oder nicht. Das sollte z.B. auch für Hartz-IV-Empfänger gelten, bei denen keine Behinderung vorliegt, die aber aus anderen Gründen keine Arbeit finden.


    Das fände ich gerechter als die pauschale Verknüpfung eines GbD mit finanziellen Ermäßigungen. Das erhält nur das (überkommene) Bild vom Schwerbehinderten als bloßem Almosenempfänger aufrecht, das heute nicht mehr zeitgemäß ist und in vielen Fällen gar nicht stimmt.


    Die Situation von Menschen wie Trixi und Lynkas kann ich dagegen absolut nachvollziehen. Deshalb wäre ich dafür, für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht (oder nur sehr eingeschränkt) arbeiten können, den Regelsatz für die Grundsicherung spürbar anzuheben, damit sie auch wirklich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Das Problem ist nur: Wo in Politik und Gesellschaft finden man mit solchen Forderungen Gehör? ;(

  • Dario, in Anbetracht der Tatsache das ich kein Recht auf HarzIV habe, da mein Mann arbeiten geht, würde mir eine Erhöhung nichts nutzen.
    Grundsätzlich bin ich aber auch dafür. Und bitte schafft diese lächerlichen Sanktionen und Maßnahmen ab. Die bringen nämlich gar nichts und wer eine Schwerbehinderung hat und deswegen nicht arbeiten gehen kann, der wird auch solche komischen Maßnahmen etc. nicht schaffen.
    Vielleicht wäre es echt mal Zeit für ein bedingungsloses Grundeinkommen für JEDEN!
    Ich meine, wie viele Familie sind es, die HarzIV bekommen, weil das Gehalt vom Job nicht ausreicht? Da gibt es sicher sehr, sehr viele die alle aufstocken müssen...


    Ansonsten kann ich dir da zustimmen. Letztendlich ist es mir egal unter welchem Namen die Begünstigungen im öffentlichen und kulturellen Leben laufen. Als Schülerin hatte ich keinen SBA. Aber das war auch nicht so wichtig, da ich die Vergünstigungen für Schüler nutzen konnte. Lustigerweise hatte ich sogar mehr Geld zur Verfügung in der Jugendhilfe als später über das Sozialamt. Das finde ich auch nicht gerade gerecht!