Freiheitsberaubung in einer Einrichtung für behinderte Menschen in NRW


  • Viele Grüße
    Monika                                                                                                  

  • Mir kommt der Fall auch bekannt vor.




    „Mit viel Bitten und Betteln durfte ich ihn alle drei Monate mal sehen", sagt Vater Karl-Heinz Glöh.


    Ich sag mal so , ich kann mir gut vorstellen , das in autoritärer Art und Weise nach dem Motto , Fachpersonal wisse alles besser , der Vater ferngehalten wurde .

    Zudem war ja der Junge seit Jahren untergebracht.


    Andererseits fragt man sich natürlich , warum der Vater den jungen Mann nach Selbstmordversuch wieder dahin zurück gebracht hat.


    Aber egal welche Fehler der Vater gemacht haben mag , die Straftaten wurden in der Einrichtung vom Personal begangen.

    Ich befürchte ja , das es so läuft wie immer , bisl Geldstrafe , ein Kopf rollt und dann wird wieder darauf abgehoben , die Klienten seien schwer zu betreuen......



    Zitat :


    "Die Diakonische Stiftung Wittekindshof unterstützt die Ermittlungen in vollem Umfang. Wir sind an einer vorbehaltlosen Aufklärung im hohen Maße interessiert.



    Und wieder , wie kann es sein , das keiner je was von den Vorgehensweisen gewusst haben will , wer es glaubt .......

  • Aber egal welche Fehler der Vater gemacht haben mag , die Straftaten wurden in der Einrichtung vom Personal begangen.

    Es kann wirklich viele Gründe geben, warum der Vater seinen Sohn dort gelassen hat. Es gibt im Artikel keinerlei Infos. Der Vater wird vermutlich schon älter sein und wie wir hier selbst alle wissen, lässt mit den Jahren die Kraft immer mehr nach.

    Und wieder , wie kann es sein , das keiner je was von den Vorgehensweisen gewusst haben will , wer es glaubt .......

    Die Leute werden vom System "geschluckt" und werden Teil des Ganzen. Eine Reflektion scheint dann nicht mehr möglich. Ich kann nicht verstehen, dass dann der gesunde Menschenverstand und das Gewissen abhanden kommen.

  • Der Vater hat was unternommen. Die Schwester ist die Bevollmächtigte und hat schon vor fast zwei Jahren die erste Anzeige gestellt und vor kurzem die weiteren. Ihr wisst doch, wie langsam manchmal die Behördenmühlen mahlen. Das etwas nicht okay war, wurde schon vor längerem von einem Richter bestätigt. Ich habe in einem Nachbarortsteil gewohnt und mich schockiert das Ganze schon, denn der Hof ist sehr berühmt für sein soziales Engagement.

    ........................................
    Liebe Grüße von Klara


    "Das, was mich behindert,
    damit lerne ich zu leben.
    Der, der mich behindert,
    der lässt mich im Leben leiden."


    © Klara Westhoff

  • @

    Ich habe in einem Nachbarortsteil gewohnt und mich schockiert das Ganze schon, denn der Hof ist sehr berühmt für sein soziales Engagement.

    Bisher hatte ich auch nur positive Berichte von der Einrichtung gelesen. Zuerst dachte ich an eine Verwechslung, aber deine Antwort bestätigt das.

    Ich habe das Gefühl, diese Taten betreffen oft die "Unbequemen".

    Sie ist anders als die andern, und ihre Sprache geht weit an uns vorbei.
    Doch wenn sie lächelt, lächelt sie mit Leichtigkeit dir dein ganzes Herz entzwei.

    'Sommerkind' von Wortfront


    Viele Grüße
    Inge

  • @

    Bisher hatte ich auch nur positive Berichte von der Einrichtung gelesen. Zuerst dachte ich an eine Verwechslung, aber deine Antwort bestätigt das.

    Ich habe das Gefühl, diese Taten betreffen oft die "Unbequemen".

    "Unbequem " kann ja eine rein subjektive Einschätzung sein.

    In einer Einrichtung , in der solche Straftaten nicht vorgesehen sind ,werden sicher auch die" Unbequemen"nicht elf Monate lang in einem neun Quadratmeter großen Zimmer ohne Freigang und Fernseher, vollgepumpt mit Medikamenten, eingesperrt .


    Zitat :



    Dem Mann wird demnach vorgeworfen, Bewohner über längere Zeit in ihrem eigenen Zimmer eingeschlossen und in einem weiteren extra eingerichteten Raum fixiert zu haben, ohne dass ein richterlicher Beschluss hierfür vorlag.



    So wie ich es lese , gibt es einen extra Raum für Fixierungen , das bedeutet für mich das Freiheitsberaubungen zum Konzept gehören.

  • https://www.westfalen-blatt.de…hnet-mit-langem-Verfahren



    Zitat :


    »Wir haben den aktuellen Zustand dokumentiert und geschaut, ob aktuell freiheitsentziehende Maßnahmen festzustellen sind«, sagt Christoph York. Das könne man verneinen. Wenn so eine Situation vorgefunden worden sei, dann habe es einen richterlichen Beschluss gegeben.



    https://de.sott.net/article/22…stig-behinderten-Menschen




    Zitat :

    "In der Regel wurden die Mitarbeiter laut Schmuhl zwar nach auffälligen groben Misshandlungen vom Dienst suspendiert oder entlassen. In den bislang bekannten Fällen habe es jedoch keine Strafanzeigen gegeben. Gewalt wurde der Studie zufolge vor allem von Mitarbeitern auf den unteren Stufen der internen Hierarchie angewendet, die mit erziehungsschwierigen Kindern und viel zu großen Gruppen nicht zurechtkamen. Die Opfern seien damals angewiesen worden, über die Vorfälle zu schweigen, erklärte Schmuhl, der die Studie gemeinsam mit der Berliner Politikwissenschaftlerin Ulrike Winkler verfasst hat."



    "In den 30er bis in die 60er Jahre seien neun Fälle von schwerer körperlicher oder sexualisierter Gewalt gegen Bewohner belegt, "


    Wäre ja nun interessant , wie viele Fälle von "leichter " Gewalt vorgekommen sind .

  • https://www.amazon.de/Als-w%C3…ttekindshof/dp/3895348996



    Hier gibt es eine ausführliche Rezension über das Buch zur Studie.

    Laut Buch geht es um die 1950-60 iger Jahre .?

    Nazizeit kommt nach dieser Quelle in der Studie nicht vor.?


    In der Rezension steht dann dann allerdings noch mal die beiden Wissenschaftler hätten die Zeit von 1925 bis 1955 ( anhand von geschönten ? unvollständigen? Akten untersucht und anhand von Interviews , es wird aber auch Stellung dazu genommen , das es sehr schwierig sei , geistig behinderte Opfer zu finden , die in der Lage seien , über Erfahrungen zu sprechen.


    Ich finde die Rezension sehr gut da sie die Einstellung der leitenden Personen thematisiert :



    Zitat :



    Grundansatz der öffentlichen Behindertenhilfe war eine Ausgliederung der Menschen besonders mit geistiger oder mehrfacher Behinderung aus dem alltäglichen gesellschaftlichen Leben. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Menschen mit Behinderungen nun immerhin in ihren elementarsten Lebensbedürfnissen versorgt wurden, während sie noch wenige Jahre zuvor in der NS-Zeit in staatliche Einrichtungen verlegt und dort in großem Umfang getötet oder dem Sterben überlassen wurden.



    Die Historiker kommen zu diesem Urteil :



    Winkler/Schmuhl weiter: 'Damit aber näherten sich die Häuser des Wittekindshofes dem Typus der totalen Institution im Sinne Erving Goffmans an, deren Zweck ' ungeachtet der offiziellen Organisationsziele ' vor allem darin besteht, den Tagesablauf einer großen Zahl von Menschen in einem geschlossenen System, auf beschränktem Raum, mit möglichst geringen materiellen und personellen Ressourcen zu steuern.





    Dierk Starnitzke ( der laut Rezension Persilscheine für Täter verteilt ), ist immer noch Vorstandssprecher.





  • Ach ja ..... , wenn man da weiter recherchiert .....


    https://www.google.com/search?…&sourceid=chrome&ie=UTF-8



    Interessant ist die PDF Durchblick .


    Zitat Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher :



    Der Zeitzeuge Rolf Jacobi berichtet in diesem Heft, wie fast 1000 Bewohnerinnen und Bewohner von den
    Nazis aus dem Wittekindshof abgeholt und in staatliche Anstalten verbracht wurden.
    Für sie gab es kein Entrinnen über die Grenzen dieser Einrichtungen, ungefähr die
    Hälfte von ihnen ist dort verstorben.



    Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Wittekindshof so überfüllt von Klienten,
    dass auch ihnen dort Grenzen gesetzt wurden, die problematisch waren. Viele
    Beschränkungen, offene Gewalt, teilweise sogar Misshandlungen mussten sie erleiden. Meist von den viel zu wenigen Mitarbeitenden, die deshalb oft überfordert
    waren und sich nicht anders zu helfen wussten.



    Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Die Frage des Umgangs mit Grenzen stellt
    sich aber für unsere Arbeit auch heute.



    <X<X

  • Ich habe in einem Nachbarortsteil gewohnt und mich schockiert das Ganze schon, denn der Hof ist sehr berühmt für sein soziales Engagement.

    Ich denke, Bemühen und Exzess gehen oft Hand in Hand.

    Kennt das nicht jeder über seine Einrichtungen vor Ort - man sieht Engagement, aber man kennt „Geschichten“. Die dunkelsten davon wird man nicht kennen.

    Ich habe Angst, von einer Einrichtung, egal wie gut deren Ruf auch sein mag, abhängig zu sein.

  • Ich habe Angst, von einer Einrichtung, egal wie gut deren Ruf auch sein mag, abhängig zu sein.

    Hallo Annemarie,

    welche Möglichkeiten hätten behinderten Menschen bzw. der Eltern/Angehörigen überhaupt, diese Abhängigkeit von Einrichtungsträgern zu ändern und dauerhaft anders zu gestalten? Ich sehe diese Chance bisher nur bei behinderten Menschen, die sich selbst gut vertreten können. Vielleicht noch bei Menschen mit komplexen Behinderungen, wenn diese privat ein sehr gutes und junges Umfeld haben.

    Für die Situation unserer Tochter habe ich keine Option gefunden.

    Gewalt in allen Schattierungen kommt - meiner(!) Ansicht nach - nicht durch die Tatsache, dass behinderte Menschen durch Einrichtungsträger betreut und versorgt werden.


    Ich vermute, dass Gewalt (Freiheitsberaubung gehört für mich dazu) mehrere Ursachen hat:

    • Überlastung durch Personalmangel.
    • Überlastung, weil Menschen mit hohem Unterstützungs- und Betreuungsbedarf in Einrichtungen gesammelt werden (Spezialisierung mit bestimmten Schwerpunkten).
    • Die Sicherheit, dass durch die Art und Schwere der Behinderungen eine Abhängigkeit und Machtlosigkeit der Betroffenen gewährleistet ist.
    • Die Sicherheit, dass durch die Art und Schwere der Behinderungen von Seiten der behinderten Menschen nichts nach außen dringen kann.

    Für mich liegt er die Frage darin, wie diese Gefahr minimiert werden könnte. Eine schlüssige Antwort habe ich jedoch noch nicht gefunden.

    Sie ist anders als die andern, und ihre Sprache geht weit an uns vorbei.
    Doch wenn sie lächelt, lächelt sie mit Leichtigkeit dir dein ganzes Herz entzwei.

    'Sommerkind' von Wortfront


    Viele Grüße
    Inge

  • welche Möglichkeiten hätten behinderten Menschen bzw. der Eltern/Angehörigen überhaupt, diese Abhängigkeit von Einrichtungsträgern zu ändern und dauerhaft anders zu gestalten? Ich sehe diese Chance bisher nur bei behinderten Menschen, die sich selbst gut vertreten können.

    Oder Angehörige haben...



    Ich habe nur einige Ideen - wahrscheinlich realistischerweise wenig unsetzbar.

    ...


    Wenn Eltern und Behinderte aktiv in der Lebensgestaltung eingebunden würden...

    ...

    Eltern als elementarer Bestandteil gesehen werden würden, nicht als Leute, die immer nur nerven oder fordern...

    ...


    Indem sich einer Einrichtung nicht abschottet, sondern inklusiv ausgerichtet ist, die Bewohner am „normalen“ Gemeindeleben teilhaben...

    ...


    Indem man kontrolliert. Es müsste unabhängige Leute geben, die Menschen im Heim regelmäßig aufsuchen und melden würden, wenn etwas nicht in Ordnung zu sein scheint. Dafür müsste es wiederum eine neutrale Stelle geben...

    ...


    Wenn engagierte Eltern involviert sind, hätte man immerhin eine Art „Generationenvertrag“. Wenn ich selbst zu alt bin, weiß ich, dass andere nun meinem Job übernehmen.


    Und das alles wird in einer Welt, wo es nur um Geld geht, nicht klappen.



    Ich sage Dir was: Das allerschlechteste Gewissen habe ich jetzt schon wegen fehlender Geschwister. Es wäre so viel einfacher, wenn man wüsste, es werden noch später Angehörige „übrigbleiben“...

  • Ich sehe diese Chance bisher nur bei behinderten Menschen, die sich selbst gut vertreten können. Vielleicht noch bei Menschen mit komplexen Behinderungen, wenn diese privat ein sehr gutes und junges Umfeld haben.

    Für die Situation unserer Tochter habe ich keine Option gefunden.

    Gewalt in allen Schattierungen kommt - meiner(!) Ansicht nach - nicht durch die Tatsache, dass behinderte Menschen durch Einrichtungsträger betreut und versorgt werden.

    Hallo Inge,


    natürlich sehe auch ich die Chancen bei Menschen, die sich selbst vertreten können und/oder ein aktives Umfeld haben, größer, besser/fair betreut werden... ein verlässlicher Schutz ist dies trotzdem nicht.

    Ein erschreckendes Beispiel ist für mich Michael Perez, wer die Geschichte nicht kennt https://www.youtube.com/watch?v=0Fg7ja9xD44 Ich kann einiges aushalten, aber das war wirklich unerträglich für mich zu sehen!


    Für mich gibt es zwei Hauptprobleme für die Entstehung Gewalt und Missbrauch

    1.) isolierte, geschlossene Lebensräume/Systeme

    2.) Systeme, die Machtasymmetrien beinhalten/schaffen


    Viele Grüße

  • Es sind nicht immer Systeme schuld, sondern auch Personen.

    Im grünen Forum wird aktuell ein Fall mit einem I-Helfer diskutiert, der angeblich tue was er wolle. Mal bringe er den Schützling nach Hause, was beschriebenermaßen seine Aufgabe ist, mal lasse er ihn einfach irgendwo stehen, nach Lust und Laune.

    Auch das wäre Gewalt für mich. Hier wäre aber nicht das System schuld, sondern das Verhalten eines Individuums.


    Man könnte höchstens danach fragen, wie es das System verhindern kann, dass ungeeignete oder sadistische Menschen in soziale Berufe gelangen.

  • Annemarie, das ist eine wunderbare Aufstellung von Ideen, die ich voll und ganz unterstütze. Auch bei der von uns geplanten WG sind die Eltern ein Teil des Systems. Allerdings leben wir nicht ewig und müssen genügend Vertrauen in die neu entstehenden Strukturen haben. Es wird für Menschen mit so schweren und komplexen Behinderungen m.E. niemals ohne Einrichtungsträger gehen. Spätestens, wenn die Eltern sich nicht mehr um ihr Kind kümmern können, bricht das System zusammen. In meinem Umfeld gibt es gerade zwei Fälle, in denen die Kinder (36 bzw 37 Jahre alt) von jetzt auf gleich aus dem Elternhaus in eine Einrichtung gehen mussten. In solchen Notfällen hat man keine Chance, sich das Umfeld auszusuchen.

    Sie ist anders als die andern, und ihre Sprache geht weit an uns vorbei.
    Doch wenn sie lächelt, lächelt sie mit Leichtigkeit dir dein ganzes Herz entzwei.

    'Sommerkind' von Wortfront


    Viele Grüße
    Inge

  • Liebe Inge,


    der Vorteil so eines Systems, wIe Du es anstrebst, bei dem die Eltern eingebunden sind, ist aber ja, dass die Eltern die Fachkräfte anwerben und in gewisser Hinsicht „anlernen“. Wenn ich da Leute habe, denen ich vertrauen kann, dann kann ich auch hoffen, dass sie ihre Arbeit so fortsetzen, wenn ich mich selbst nicht mehr kümmern kann.

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