Artikel zum Thema Autismus

  • Kultband Alphaville kommt in die Stadthalle Rheinbach


    Alphaville war in der Teenagerzeit (späte 1980er-Jahre) meine Lieblingsband und ich verbinde viele prägende Erinnerungen mit den Liedern. Das Bandgründer Marian Gold heute selbst einen autistischen Sohn hat, war mir neu.


    Wenn allerdings auch Prof. Vogeley und Peter Schmidt auf der Info-Veranstaltung auftreten, dann habe ich Sorge, dass Autismus (insbesondere Asperger-Autismus) wieder eher klischeehaft dargestellt wird.

  • Was meinst Du damit? Inwiefern ist Peter Schmift klischeehaft?

    Grundsätzlich hab ich Respekt vor jedem, der mit seinem Autismus an die Öffentlichkeit geht und Aufklärungsarbeit betreibt. Was mich an Peter Schmindt nervt: Er wirkt ein wenig selbstverliebt und macht manchmal den Eindruck, als wenn er bewusst mit seinem Autismus kokettiert. ;)


    Klischeehaft finde ich ihn insofern, da er sich in seinen Medienauftritten gerne als eigenwilligen Sonderling mit allerlei Marotten präsentiert, der ansonsten aber nicht ernsthaft eingeschränkt zu sein scheint in seiner Lebensführung. Peter Schmidt hat ja so ziemlich alles erreicht, was man sich als "braver Durchschnittsbürger" wünscht: Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, ein eigenes Haus, ist in der CDU aktiv und im Urlaub geht`s mit der Familie auf Weltreise!


    Ich will das auf keinen Fall verurteilen und ich gönne ihm alles, was er erreicht hat. Vielleicht kann er damit für einige tatsächlich Ansporn und Vorbild sein. Für einen Autisten finde ich es jedoch sehr ungewöhnlich, dass er sich so perfekt in das kleinbürgerliche Ideal einfügt. Die Lebensrealität der meisten erwachsenen Autisten, die ich bisher kennen gelernt habe, sieht wesentlich trostloser aus (Hartz IV, Arbeitslosigkeit, Medikamente, Depressionen ...) als das, was Peter Schmidt sich aufgebaut hat.


    Nochmal: Ich freue mich wirklich für ihn, sehe darin aber auch die Gefahr, dass Asperger-Autismus in der Öffentlichkeit als eher belangloses "Luxusproblemchen" wahrgenommen wird; als eine eher harmlose Besonderheit, bei der sich viele Leute denken: "Na ja, da gibt doch wesentlich Schlimmeres!"


    Leider schaffen es längst nicht alle Autisten, sich aus eigener Kraft ein selbstständiges und (vergleichsweise) wohlhabendes Leben aufzubauen, wie Peter Schmidt es geschafft hat. Er ist damit ein ausgesprochen positives Beispiel, aber ich bezweifle, dass er damit repräsentativ ist.

  • Danke, für Deine Einschätzung.


    Ich sehe das etwas anders.

    P. Schmidt hat das Glück, hochintelligent zu sein. Das dürfte dem Leser seiner Bücher nicht entgehen. Dennoch wird er als "sonderbar" wahrgenommen - so jedenfalls habe ich die Resonanz vernommen.

    Ich denke, dass klar wird, dass er persönlich schon sehr eingeschränkt ist, aber aufgrund der glücklichen Umstände und seiner Intelligenz nicht auch vom Leben sehr eingeschränkt ist.


    Ich denke nicht, dass er den Anspruch hat, andere Autisten vertreten zu wollen, also für sie sprechen zu wollen.

    Dennoch kann er für den einen oder anderen Autisten doch ein Vorbild sein, mit Zielstreben eine Nische zu finden - auch wenn das nicht für die Mehrheit gelten mag.

  • er "scheint" nicht ernsthaft eingeschränkt zu sein, Dario, genau das ist es doch.


    Peter Schmidt hat die volle Unterstützung seiner Frau und man lässt ihm seine "Marotten". Im Beruf zum Beispiel. Wenn man seinen Alltag verfolgt, sind die so extrem voller Zwänge, so autismustypisch, dass man die Problematik von außen sofort bemerkt. Ohne Hilfen wäre auch er ziemlich aufgeschmissen. Als Kokettieren sehe ich sein Verhalten nicht. So wirkt ein autistischer Mensch sehr oft, ich bezweifle, dass er sich bewusst so verhält. Das merkt man ja auch oft in Interviews oder in Dokus mit ihm. Ansonsten bin ich ganz bei Annemarie: er ist sehr eingeschränkt.

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    Liebe Grüße von Klara


    "Das, was mich behindert,
    damit lerne ich zu leben.
    Der, der mich behindert,
    der lässt mich im Leben leiden."


    © Klara Westhoff

  • Ganz sicher wird auch Peter Schmidt seine Einschränkungen haben, aber es kommt in seinen Öffentlichkeitsauftritten nicht so rüber. Vielleicht täuscht mein Eindruck aber auch.


    Ich sehe es auch so, dass Peter Schmidt wahrscheinlich großes Glück hatte und die richtige Unterstützung zur richtigen Zeit bekam. Das ist nur leider nicht selbstverständlich, dass Autisten so vergleichsweise viel Toleranz, Gelassenheit und Unterstützung erfahren. Bei Autisten hängt leider immer sehr viel von den äußeren Bedingungen ab und schlussendlich auch vom Wohlwollen des Umfeldes, das müsste man eigentlich immer dazu sagen.

  • genau, Annemarie, das meine ich auch. Das ist ja auch eine besondere Ehe, die sehr von Nähe und Trennung profitiert. Herr Schmidt arbeitet ja in einer anderen Stadt und hat auch so seine Probleme, wenn etwas nicht so läuft, wie er das geplant hat. Man sieht ihm seine Einschränkungen sofort an, ernsthaft. Und sein Auftreten bei Podiumsdiskussionen ist genauso einstudiert, wie man das von vielen Autisten kennt. Wenn man die Fotos betrachtet, merkt man das sofort. Und ob das alles nur Glück war, wage ich auch zu bezweifeln. Es ist zuallererst riesengroße Anstrengung und Überwindung und sicher auch der Wille, etwas zu erreichen, was einem wichtig ist.


    Er hat genauso unter seiner Andersartigkeit bzw. auf die Reaktion seiner Umwelt darauf gelitten, wie viele andere erwachsene Autisten auch. Und seine hohe Intelligenz macht ja manches auch eher schwerer. Wenn einem bewusst ist, dass man auffällt und aneckt, dann belastet das schon sehr.

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  • Ich weiß nicht, wie es bei Auftritten rüberkommt - so etwas sehe ich mir nicht an.

    In seinem ersten Buch jedenfalls ist dem Leser klar, wie viel er seiner Frau zu verdanken hat.

    Und genau damit, behaupte ich, wird Peter Schmidt eine ganz große Ausnahme darstellen. Wer kann den als Autist schon auf einen derart toleranten Partner hoffen? Viele Autisten (da bin ich längts nicht der einzige) scheitern doch gerade am Bereich Partnerschaft und Beziehung.


    Und tolerante Arbeitnehmer werden bis heute ebenfalls die absolute Ausnahme sein. Vielleicht ist Peter eine derartige Koryphäe in seinem Fach, dass sein Arbeitsgeber keinesfalls auf ihn nicht verzichten will. Ich bin mir sicher, ein autistischer Hilfsarbeiter könnte ganz bestimmt nicht auf so viel Entgegenkommen hoffen, sondern hätte längst seinen Job verloren, so traurig das auch ist.


    Nochmal zur Klarstellung: Ich gönne Peter Schmidt alles, was er erreicht hat und bin keinesfalls neidisch, habe ja heute selbst sehr viel erreicht. Ich halte seine Geschichte nur für absolut nicht typisch oder repräsentativ. (Meine übrigens auch nicht.)

  • Dario, die beiden sind aneinander gewachsen. Er hat seine Strategien entwickelt, wie er die für sich perfekte Frau findet und sie, damals noch sehr jung, hat sich darauf eingelassen. Sie hat lange Zeit sehr viele Probleme gehabt, weil sie auch in ihrem religiösem Umfeld feststeckte, das ihr nicht gut tat. Doch sie haben es gemeinsam geschafft, eine stabile Ehe aufzubauen. Weil beide Seiten es wollten. So ist es in allen Ehen, man muss ich manchmal einfach durchbeißen, ob autistisch oder nicht.

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  • So ist es in allen Ehen, man muss ich manchmal einfach durchbeißen, ob autistisch oder nicht.

    Das mag sein, da kann ich nicht mitreden, da fehlt mir jegliche Erfahrung.


    Ich weiß nur: Peter Schmidt hat vieles erreicht, was für mich (und viele andere Autisten) vielleicht immer unerreichbar bleiben wird. Deshalb gebe ich zu, ich kann mich nur sehr bedingt mit ihm identifizieren, weil sein Leben so gänzlich anders verlaufen ist als meins. Ich wüsste wirklich nicht, worin ich ihn mir konkret zum Vorbild nehmen sollte. Wobei ich generell nicht viel von Vorbildern halte, da jeder Lebensweg ohnehin individuell einzigartig ist.

  • Für mich ist Peter Schmidt ein Vorbild. Ein Vorbild dafür, sich Ziele zu setzen und versuchen sie auf seine Weise zu erreichen. Sein Weg ist ein anderer, aber er hat es geschafft. Das finde ich bewundernswert. Der Wille und dass er sich durchbeißt. Wenn mein Sohn etwas erreichen will, dann ist er auch so etwas von engagiert und das finde ich einfach klasse. Natürlich müssen am Wegesrand so einige Hilfsmittel stehen, denn ganz allein schafft auch er es nicht. Aber welcher Mensch schafft schon etwas ohne Unterstützung. Jeder braucht doch andere Menschen, die ihm vertrauen. Und das scheint Peter Schmidt als Vorteil zu haben. Menschen, die ihm vertrauen und damit Kraft geben, ihm wichtige Ziele zu erreichen.

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  • Natürlich kann Peter Schmidt ein Vorbild sein, das ist ja auch gut so!


    Für mich persönlich sehe ich keinen "Medienautisten", der für mich ein echtes Vorbild sein könnte. Am ehesten vielleicht noch Christine Preißmann, mit der ich zumindest inhaltlich in vielen Punkten übereinstimme.


    Als Frau eignet sie sich für mich nur bedingt zur Identifikationsfigur, aber sie scheint mir in ihrer persönlichen Problematik doch etwas näher zu sein als Peter Schmidt. Sie ist z.B. ruhiger und introvertierter. Sie gibt offen zu, dass Partnerschaft und eine eigene Familie für sie nicht mehr realistisch sind - und dass sie Wege finden muss, von unerfüllbaren Lebenszielen loszulassen und damit fertig zu werden.


    So etwas spricht mich eher als so eine "glatte Karrierebiographie": Wie werden andere Autisten damit fertig, dass sie vieles im Leben nicht erreichen können, was sie gerne erreicht hätten? Wie kompensieren sie das das und wie finden sie trotzdem Sinn und Erfüllung im Leben? Diesen Aspekt sehe ich bei Peter Schmidt nicht so unbedingt vertreten.

  • Habe beim Stöbern dieses Video auf Youtube entdeckt:



    Ich bedauere, wenn da jemand schlechte Erfahrungen mit Autisten gemacht haben sollte. Aber solche pauschalen Verallgemeinerungen sind beleidigend und verletzend gegenüber all jenen Autisten, die sich sehr wohl Mühe geben, ihre Mitmenschen und deren Bedürfnisse zu verstehen.


    Ich hatte noch keine Beziehung zu einer Frau. Wenn ich eine hätte, dann wäre ich vielleicht nicht immer einfach, aber ganz bestimmt nicht so, wie ich als autistischer Mann nach diesem Video angeblich sein müsste, da bin ich mir absolut sicher!

  • Hier noch mal ein Artikel über die bevorstehende Jubiläumsfeier des Vereins "Lebens mit Autismus" inklusive des Alphaville-Konzerts:


    https://kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/39557/Jubiläum-10-Jahre-Leben-mit-Autismus-mit-Alphaville.htm


    Joscha Röder interviewt dazu die Vorsitzende des Vereins.


    Mich würde die Veranstaltung schon interessieren (Alphaville ist auch mit vielen Jugenderinnerungen für mich verbunden), aber es ist doch sehr weit. Ich kenne dort niemanden und müsste mir ein Hotel nehmen in einer völlig fremden Gegend. ich weiß noch nicht so recht.