Artikel zum Thema Autismus

  • Vielleicht schreibst Du Frau Preißmann einfach mal an und fragst sie?


    Vielleicht hat es ja die Zeitung vermurkst. Vielleicht ist sie aber über den Tipp mit der Außenwirkung dann ja auch dankbar, wenn sie sich dessen als Autistin selbst nicht bewusst sein sollte...

  • Dieser Teil ist tatsächlich eigenartig, finde ich auch. Aber mir gefällt auch die Verwendung von "Krankheit" nicht... Würde mich interessieren, ob sie das im Gespräch so einfach durchgehen ließ, oder ob da die Journalistin was vermurkst hat.


    LG
    michie

  • Dario, toller reflektierter Beitrag. Ich habe das Gefühl, dass du auf dem richtigen Weg bist. :thumbup: Hat mich sehr berührt, weil er auch mich als Mutter anspricht. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es sehr schlimm ist, wie bestimmte Stellen und Fachleute mit Autisten und ihren Familien umgehen. Von mir kann ich sagen, obwohl wir nicht so extreme Erfahrungen wie du und deine Mutter machen mussten, dass ich ebenfalls ein kleines Trauma aufgrund schlechter und übergriffiger Erfahrungen zurückbehalten habe. Auch heute noch passieren schlimme Dinge und Familien mit Autisten werden von Jugendämtern, Schulen, Fachleuten, Kinderpsychiater usw. bedrängt und in die Ecke getrieben. Es passiert immer wieder, dass Eltern von Autisten als erziehungsunfähig eingestuft werden. Es gibt auch heute noch Wohneinrichtungen, die Autisten drangsalieren und provozieren und als Strafmaßnahme Elternkontakte verbieten, obwohl sie sich den Schwerpunkt Autismus auf die Fahne schreiben. Daher ist dein Beitrag so enorm wichtig. Danke!

  • @Ella, freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt! :)


    Ich fürchte auch, es ist nicht ausgeschlossen, dass sich ähnliche Vorkommnisse auch heute noch wiederholen. Ich bin aber guter Hoffnung (muss ich auch, wie sollte ich sonst an die Zukunft glauben?), dass die Wahrscheinlichkeit nicht mehr so hoch ist wie früher.


    Wie in dem Beitrag geschrieben: Wenn ich sehe, was mein Neffe heute alles für Hilfen bekommt, dann merkt man schon, dass sich Zeiten verändert haben. Man darf sich nur nicht darauf ausruhen, das wäre gefährlich.

  • Hallo, Dario,


    du hast geschrieben: "Wenn ich sehe, was mein Neffe heute alles für Hilfen bekommt, dann merkt man schon, dass sich Zeiten verändert haben."


    Ich hatte dir ja letztens schon in einem anderen Beitrag dazu berichtet. Das ist wirklich toll, dass dein Neffe die Hilfen bekommt, die er benötigt - von dir von außen betrachtet -, doch ich kann nicht bestätigen, dass das der Normalfall ist. Du liest das ja täglich hier von den Eltern, die kämpfen und kämpfen und kämpfen und immer wieder vor neuen Hürden stehen, die kaum zu überwinden sind. Und viele gnädigerweise von Ämtern finanzierte Hilfen, sind sowas von sinnlos, weil sie nicht da ansetzen, wo es sinnvoll ist: sich selbst und den Autismus annehmen können, ohne sich vollständig verbiegen zu müssen. Doch das ist heute immer noch oft das Ziel: die Kinder der Sitation anpassen, nicht die Situation den KIndern. Die Folge ist psychische Versehrtheit. Gibt es das überhaupt, das Wort?

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    Liebe Grüße von Klara


    "Das, was mich behindert,
    damit lerne ich zu leben.
    Der, der mich behindert,
    der lässt mich im Leben leiden."


    © Klara Westhoff

  • Wie in dem Beitrag geschrieben: Wenn ich sehe, was mein Neffe heute alles für Hilfen bekommt, dann merkt man schon, dass sich Zeiten verändert haben. Man darf sich nur nicht darauf ausruhen, das wäre gefährlich.

    Dario, sicher gibt es Kinder, die mittlerweile gute Hilfen erhalten, aber du kannst davon ausgehen, dass dies nicht der Regelfall ist. Ich kenne einige Autisten im Kindergarten- und Schulalter, die ALLE kaum bis gar keine Hilfen erhalten. Die Eltern sind auch in der heutigen Zeit am Kämpfen bis zur Schmerzgrenze.


    doch ich kann nicht bestätigen, dass das der Normalfall ist. Du liest das ja täglich hier von den Eltern, die kämpfen und kämpfen und kämpfen und immer wieder vor neuen Hürden stehen, die kaum zu überwinden sind. Und viele gnädigerweise von Ämtern finanzierte Hilfen, sind sowas von sinnlos, weil sie nicht da ansetzen, wo es sinnvoll ist: sich selbst und den Autismus annehmen können, ohne sich vollständig verbiegen zu müssen. Doch das ist heute immer noch oft das Ziel: die Kinder der Sitation anpassen, nicht die Situation den KIndern.

    Genauso ist es. Ich muss leider immer wieder feststellen, dass es im Bereich Autismus auch nach 20/ 25 Jahren wenig Entwicklung gab. Ich finde das richtig traurig und schäbig.

  • Sehe ich das zu optimistisch, was den heutigen Zustand betrifft? :/


    Ich kann es ja nur mit dem vergleichen, was ich vor 30-40 Jahren erlebt habe. Da ist es ein riesiger Unterschied, wie man heute mit meinem Neffen umgeht und wie man früher mit mir umgegangen ist. Andere Vergleichsmöglichkeiten habe ich in meinem persönlichen Umfeld nicht.

  • Man darf nicht unterschätzen, wie wertvoll alleine die Diagnose ist.


    Alleine die Erkenntnis, dass es Autismus gibt, hätte Darios Mutter eine andere Einstellung gegeben und möglicherweise hätte sie mit diesem Wissen anders handeln können.


    Auch ich habe eine „Befreiung“ durch die Diagnose erlebt - die Leute im Umfeld sehen das Kind „plötzlich“ anders.

  • Man darf nicht unterschätzen, wie wertvoll alleine die Diagnose ist.

    Das stimmt, mit Diagnose sieht man klarer, wobei viele Eltern auch schon davor - Internet sei Dank - in diese Richtung denken, aber die Diagnose ist in gewisser Weise eine Entlastung und Befreiung: Man ist eben doch nicht erziehungsunfähig.
    Aber oft ist es auch hier ein Spießrutenlauf, denn KInderärzte - meist die ersten Ansprechpartner - kennen sich mit Autismus nicht aus, vertrösten die Eltern und behaupten, es könne auf gar keinen Fall Autismus sein. Da hat sich auch noch nicht allzu viel verändert.


    In einem Bereich fand aber eine gtroße Entwicklung statt: Die heutige Elterngeneration und auch die Elterngeneration, der ich angehöre, sind viel selbstbewusster und kennen ihre Rechte besser. Durch das Internet können sie sich informieren, vernetzen und sich gegenseitig unterstützen. Das ist ein enormer Vorteil, den deine Mutter nicht hatte. Mit den nötigen Informationen und einem Austausch, wie wir ihn in den Foren führen, werden Eltern und Selbstbetroffene oft gestärkt. So konnte sicher schon manches Unheil in eine andere Richtung gelenkt und Rechte durchgesetzt werden.


    Dario, dein Neffe hat wirklich Glück. Schon der Kampf um einen Schulhelfer kann sich Monate oder noch länger hinziehen. In unserer Stadt bleiben Autisten sehr oft unversorgt, weil nicht aureichend Geld (und Einsicht) zur Verfügung steht. Es ist wirklich ein sehr schweres Dilemma. Ich stehe in engem Kontakt zu einigen Familien und kann sagen, dass es im Bereich Autismus wirklich nur sehr wenig Entwicklung gab und gibt.


  • Aber oft ist es auch hier ein Spießrutenlauf, denn KInderärzte - meist die ersten Ansprechpartner - kennen sich mit Autismus nicht aus, vertrösten die Eltern und behaupten, es könne auf gar keinen Fall Autismus sein. Da hat sich auch noch nicht allzu viel verändert.


    Das stimmt! Bei uns steht im U-Heft bis zur U7 „ungestörte Entwicklung“.
    Haben die sich aber dann bei der Diagnostik gleichzeitig ziemlich drüber amüsiert wie auch aufgeregt.

  • Aktuell live im WDR-Fernsehen, auch als LIvestream:


    https://www1.wdr.de/fernsehen/…t-eines-autisten-100.html


    Die Sendung ist vorbei und ich muss sagen, wirklich ein beeindruckendes Portrait über einen ungewöhnlichen und einzigartigen Menschen.


    Ich frage mich nur, warum ist er so außergewöhnlich stark in seiner Kindheit hängengeblieben? Typisch autistisch ist das ja nicht unbedingt. Gab es bei ihm auch irgendwelche belastenden, vielleicht sogar traumatischen Erfahrungen, die diesen Nachholbedarf ausgelöst haben? (Ich kenne das ja von mir selbst, wenn auch nicht ganz so extrem.)


    Wir wissen es nicht, aber nach allem, was in der Sendung angedeutet wird, hat er in seinem Leben viel Ablehnung erfahren und durfte nur selten so sein, wie er wirklich ist. Wenn er selbst sagt, er möchte gar nicht zu dieser Gesellschaft dazugehören (sinngemäß), dann freut mich das einerseits für ihn, dass er heute dieses Selbstbewusstsein hat. Andererseits ist es auch irgendwie traurig, denn so eine Einstellung kommt ja nicht von ungefähr, er scheint wirklich viel Ablehnung erfahren zu haben.

  • Markus wirkt selbstbewusst und kann mit der Ablehnung seiner Interessen und Neigungen recht gut umgehen, auch wenn man immer wieder merkt, wie traurig und nachdenklich ihn das macht. Leider wird ihm das Recht auf Selbstbstimmung genommen. Er möchte gerne eine Frau sein, aber niemand klärt ihn über dieses Thema auf. Dabei nimmt dieses Thema viel Raum in Markus Leben ein. Einerseits soll Markus sich wie ein Erwachsener benehmen, andererseits gewährt man ihm nicht die Rechte eines Erwachsenen.


    Markus hat so viele gute Seiten und Eigenschaften, die die Eltern viel zu wenig anerkennen. Vor allem dem Vater fällt es schwer, seinen Sohn so zu nehmen wie er ist. Vielleicht wurde den Eltern nie gesagt, dass ihr Sohn ok ist, so wie er ist. Eltern werden ja ebenfalls oft unter Druck gesetzt. Markus schadet niemanden mit seinem Verhalten und Hobbies.


    Ich kenne mehrere erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung, die noch sehr gerne mit Kinderspielzeug spielen. Bei allen wurde und wird versucht, das Spielen abzugewöhnen, weil es kindlich wirkt und zusätzlich zur Behinderung auffällt. Ich frage mich immer, ob das wirklich sinnvoll ist. Warum muss man Menschen immer so "anpassbar" machen? Warum kann man nicht akzeptieren, dass die Menschen unterschiedlich sind?


    Wir wissen es nicht, aber nach allem, was in der Sendung angedeutet wird, hat er in seinem Leben viel Ablehnung erfahren und durfte nur selten so sein, wie er wirklich ist.

    15 Schulen hat er besucht! Ich gehe davon aus, dass er sehr viel Ablehnung erfahren hat.

  • Leider wird ihm das Recht auf Selbstbstimmung genommen. Er möchte gerne eine Frau sein, aber niemand klärt ihn über dieses Thema auf. Dabei nimmt dieses Thema viel Raum in Markus Leben ein.


    Wahrscheinlich, weil sich niemand dafür zuständig fühlt. Seine Betreuer sind wahrscheinlich (wenn überhaupt) auf Autismus spezialisiert und nicht auf Transsexualität und Menschen mit sexuellen Identitätsproblemen. Man könnte ihn zu einer Spezialberatung schicken, aber ich vermute, man tut seine (mutmaßliche) Transsexualität als eine seiner "kindlichen Marotten" ab, so traurig es ist.


    Ich kenne mehrere erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung, die noch sehr gerne mit Kinderspielzeug spielen.


    Ich habe keine Erfahrung mit geistig behindert Menschen, aber so ausgeprägt geistig behindert wirkt Markus auf mich gar nicht. Er kann sich verständlich ausdrücken und was er über sich erzählt, wirkt alles nachvollziehbar, wenn auch auf einigen Ebenen (soll jetzt nicht böse klingen) ein wenig zurückgeblieben.

  • Ich habe keine Erfahrung mit geistig behindert Menschen, aber so ausgeprägt geistig behindert wirkt Markus auf mich gar nicht.

    Da habe ich mich leider nicht deutlich genug augedrückt. Auf mich wirkte Markus auch nicht geistig behindert. Ich wollte einfach nur zum Ausdruck bringen, dass die Menschen scheinbar generell ein Problem mit kindlichen Verhaltensweisen bei behinderten Erwachsenen haben und da ich solche Reaktionen auch gegenüber geistig behinderten Erwachsenen kenne, habe ich diese Erfahrungen geschildert.


    Wahrscheinlich, weil sich niemand dafür zuständig fühlt. Seine Betreuer sind wahrscheinlich (wenn überhaupt) auf Autismus spezialisiert und nicht auf Transsexualität und Menschen mit sexuellen Identitätsproblemen. Man könnte ihn zu einer Spezialberatung schicken, aber ich vermute, man tut seine (mutmaßliche) Transsexualität als eine seiner "kindlichen Marotten" ab, so traurig es ist.

    Für mich hörten sich Markus Aussagen eher danach an, als ob man ihn bewusst von Informationen fernhalten will. Er hat ein Recht auf Informationen. Ich hoffe, dass sich nun nach der Sendung eine Tür für ihn öffnet.

  • Ich wollte einfach nur zum Ausdruck bringen, dass die Menschen scheinbar generell ein Problem mit kindlichen Verhaltensweisen bei behinderten Erwachsenen haben und da ich solche Reaktionen auch gegenüber geistig behinderten Erwachsenen kenne, habe ich diese Erfahrungen geschildert.


    Vielleicht auch aus einem gewissen Neid heraus, weil man es sich als "nomaler" Erwachsener nicht leisten kann, seine kindlichen Anteile so unbeschwert herauszulassen? Es insgeheim aber manchmal vielleicht auch möchte? Es ist ja leider oft, dass viele Menschen den anderen genau das nicht gönnen, was sie selbst auch nicht haben, aber vielleicht gerne gehabt hätten. Wenn jemand dann auch noch behindert ist, hat man einen wunderbaren Vorwand, sich darüber zu erheben. Könnte da etwas dran sein?