Unbefriedigendes Assistenzurteil des Sozialgerichtes Aachen

  • Ja.
    Ich glaube, die Welt der Autisten hat da vielleicht was Verbindendes:
    Kinder mit frühkindlichem Autismus stehen so ziemlich überall dazwischen:
    In einem Moment ist Intelligenz erkennbar, vielleicht sogar hohe, im nächsten Moment genau das Gegenteil. Vom Betreuungs- und Pflegeaufwand ist man häufig im Bereich sehr schwerer Behinderung.
    Obwohl es wieder so anders ist. Aber doch gibt es Parallelen. So steht man zwischen leichter und schwerer Behinderung - und irgendwie sui generis.


    Welche Welt mir völlig fremd ist, ist die der Intensivpatienten. Wahnsinn, was da Eltern und Pfleger leisten müssen - zusätzlich. Aber verstehen würde ich deren Bedürfnisse , glaube ich und hoffe ich, wohl, wenn Betroffene mir davon berichten würden.



    Das nennt sich dann Empathie .


  • ...und der Aufbau von Alternativen würde automatisch einen Abbau von Sondereinrichtungen nach sich ziehen.


    Ich befürchte genau das würde eben nicht passieren!
    Wo hätte das jemals funktioniert, dass ein besseres Produkt automatisch den bisherigen schlechteren Standart verdrängt hätte? Hat die Entwicklung von regenerativen Energiequellen automatisch zum Ende von Atomenergie und Co2 -Schleudern geführt? Nein. Hat die Beschulung von Kindern mit Behinderung dazu geführt, dass weniger Kinder an Sonderschulen beschult werden als vor 10 Jahren. Nein , in den meisten Bundesländern nicht.


    Natürlich wird niemand halbwegs Zurechnungsfähiges handstrichartig, übernacht oder innerhalb von ein paar Monaten Sonderschulen, Wohnheime, Werkstätten und Betreuungsgruppen schleißen!


    Aber Sinderschulen, Werkstätten, Wohnheime usw, die ohne klare und verbindliche Konversionsplanung im status Quo weiter existieren werden von den Kostenträgern bis zum St Nimmerleinstag bevorzugt aufgefüllt : das über jahrzehnte gewachsenen System Behindertenhilfe wird sich nicht freiwillig ändern. Davon bin ich leideor überzeugt - ich wünschte es wöre anders!


    Ohne klare gesetzliche und gesellschaftliche Vorgaben, die den inklusiven Weg von Menschen als Standart setzt und Sondereinrichtungen lediglich als im Rahmen des Rechts auf freien Wahl der Lebensform zulässigen Sonderweg akzeptiert ( so wie heute reine Mädchenschulen in unserem grundsätzlich koedukativen Schulsystem eben auch nicht verboten sind oder auch reine Frauensportvereine durchaus für manche Situation und für für manches Mädchen/ manche Frau
    - trotz halbwegs gelungenes Geselschaftlicher Emanzipation - ein gutes aber eben freiwilliges freiwilliges Angebot sein kann) wird sich meiner Meinung nach gar nichts ändern.


    Ohne einen grundsätzlichen Wandel hin zur inklusiven Gesellschaft, werden sich alle Bemühungen in Pseudoaktionen, Feinsortierung , also Angebote für die " fitten Behinderten" erschöpfen...


    ALLERDINGS solange wir eben noch so weit wie heute von einer gesellschaftlichen Mehrheit und einem klaren Gesetz für Inklusion entfernt sind, brauchen Inge und ich leider noch gar nicht darüber streiten wie genau der beste Weg zur Konversion dr Behindertenhilfe aussehen sollte... :icon_cry

    Schöne Grüße von Birgit, Mama vom

    • "Zwerg", geboren 2000 mit Tris21 und 'ner Reihe von Zusatzdiagnosen, gsd trotzdem topfit und zuckersüß
    • "Großen" ,gsd genauso topfit und zuckersüß (lässt sich aber leider seit längerem nur noch von wesentlich jüngeren Frauen knuddeln)

    Einmal editiert, zuletzt von Birgit A ()

  • ...
    ALLERDINGS solange wir eben noch so weit wie heute von einer gesellschaftlichen Mehrheit und einem klaren Gesetz für Inklusion entfernt sind, brauchen Inge und ich leider noch gar nicht darüber streiten wie genau der beste Weg zur Konversion dr Behindertenhilfe aussehen sollte... :icon_cry


    Mit einem klaren Gesetz einschließlich durchsetzbarer ANSPRÜCHE plus der gesellschaftlichen Akzeptanz bräuchtet Iht Euch doch gar nicht streiten - denn das Ziel ist doch das gleiche: Ein gutes Leben für Eure Kinder - bestens versorgt und doch frei und normal wie möglich.

  • Hallo,


    habe Eure interessante Diskussion jetzt erst entdeckt ...


    Ich hätte, das gebe ich offen zu, als Beobachterin der bayerischen Nixklusion schon Angst, wenn das Sondersystem schnell zurückgefahren würde, und Junior ins hiesige Regelschulsystem müsste - Junior hätte nicht den Hauch einer Chance, wenn Kinder und Lehrer Inklusionsneulinge wären. Das lässt sich in der Nachbarschaft zb klar beobachten. Leute mit Leistungsdenken, mit hohen Tellerrändern, mit inneren (!) Vorbehalten lassen ihn leider eher seine schlechten Seiten zeigen (und das schaukelt sich dann auf), während entspannte Diversitätsfans null Probleme haben. Das heißt für mich, Inklusion muss von Grund auf, von klein auf begonnen werden.
    Wahrscheinlich tu ich mich mit Behinderung an sich nur so leicht, weil ich mit einem Jungen mit Sinnesbehinderung aufgewachsen bin, den ich immer für seinen Witz und seine Kreativität bewundert habe. Wer solche Prägung nicht hat, fremdelt halt mehr mit Behinderung. Mit Intensivkindern zb hatte ich noch nie zu tun, wer weiß, wie ich da danebenliegen würde...
    Die Katze beißt sich leider ein wenig in den Schwanz.


    derzeit sehe ich aber eh schwarz für den Fortgang der Inklusion, denn Diversität hat es zunehmend schwerer, statt leichter. Die Menschen spüren zuviel Druck, haben zuviele Ängste, der Wandel macht Angst. ... Kinder wie meins - mit Aggressionen, mit Echolalien, machen auch Angst, das merkt man zb auch an dem unsäglichen bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz.
    die lange Separation hat ihre Spuren hinterlassen in der Gesellschaft.
    umso wichtiger dass wir nicht aufgeben. Never. 8)

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

    7 Mal editiert, zuletzt von Enscha ()

  • Ich hätte, das gebe ich offen zu, als Beobachterin der bayerischen Nixklusion schon Angst, wenn das Sondersystem schnell zurückgefahren würde, und Junior ins hiesige Regelschulsystem müsste - Junior hätte nicht den Hauch einer Chance, wenn Kinder und Lehrer Inklusionsneulinge wären.


    Das kann ich sehr gut verstehen!
    Allerdings macht es auch ein Teil der Problematik sichtbar, Know-How, Fachleute und Erfahrungen bleiben den Regelschulen damit auch fern und so drehen wir uns im Kreis.


    Ich habe an unserer Grundschule die "Umsetzung" der Inklusion hautnah in der Elternvertretung miterlebt und kann das im besten Falle als gutgemeinte Unwissenheit bezeichnen.
    Der Inklusion wollte man so gerecht werden, in dem man klassenübergreifende Lerngruppen in drei Leistungsniveaus bildete und durch differenziertes Lehrmaterial (Bsp Mathe: Förder-, Forder- und "normal" Arbeitsheft) allen Kindern gerecht werden wollte.
    Die Kinder wurden dann täglich eine Unterrichtsstunde getrennt und in den Lerngruppen zusammen gefasst in denen sie dann in ihren unterschiedlichen Arbeitsheften eigenständig arbeiteten mit einem Lehrer als Aufsicht. :icon_rolleyes


    Die Gruppen hatten eine Durchlässigkeit, so dass man theoretisch in jeder Stunde hätte wechseln können. Das scheiterte schon daran, dass man den Kindern gar nicht "ihr" Arbeitsheft abnehmen konnte, so fand ein Wechsel dann praktisch zum Schuljahresende statt.


    Zudem hat man bei dieser 3 Stufen Differenzierung wohl kaum an Kinder mit Behinderungen oder auch nur Auffälligkeiten gedacht. Es funktionierte nicht einmal mit unseren recht homogenen Dorf-Grundschulkindern. So haben sie es nicht geschafft, der handvoll Kindern ohne unterstützendes Elternhaus gerecht zu werden und diese angemessen zielgleich (!) zu unterstützen.
    Da braucht man gar nicht weiterdenken....


    Ich habe aber auch gesehen, dass die Bereitschaft oft da war, aber eben gepaart mit völliger Ahnungslosigkeit und absolut weltfremden Vorstellungen (wenn überhaupt eine Vorstellung existierte)
    Die Schulen brauchen, vielleicht sogar im Besonderen auf dem Dorf, wo es kaum Heterogenität gibt, echte Unterstützung und gute Vorbilder!


    Viele Grüße


  • Natürlich wird niemand halbwegs Zurechnungsfähiges handstrichartig, übernacht oder innerhalb von ein paar Monaten Sonderschulen, Wohnheime, Werkstätten und Betreuungsgruppen schleißen!


    meine Tochter liebt "ihre" Förderstätte, deshalb bin ich gegen die Abschaffung von Sondereinrichtungen. Inklusion bedeutet ja nicht, dass behinderte Menschen nicht gemeinsam in Gruppen leben bzw betreut werden dürfen. Inklusion bedeutet für mich, dass die Betroffenen wählen können. Deshalb ist m.E. der Ansatzpunkt die Wahlfreiheit.
    Eine Sondereinrichtung, die ausschließlich verwahrt, würde sich nicht halten können, weil niemand diese Option wählen würde - allerdings nur, wenn er andere Möglichkeiten hat.



    Mit einem klaren Gesetz einschließlich durchsetzbarer ANSPRÜCHE plus der gesellschaftlichen Akzeptanz bräuchtet Iht Euch doch gar nicht streiten - denn das Ziel ist doch das gleiche: Ein gutes Leben für Eure Kinder - bestens versorgt und doch frei und normal wie möglich.


    genau so ist es :thumbup:

    Sie ist anders als die andern, und ihre Sprache geht weit an uns vorbei.
    Doch wenn sie lächelt, lächelt sie mit Leichtigkeit dir dein ganzes Herz entzwei.

    'Sommerkind' von Wortfront


    Viele Grüße
    Inge

  • Kann mir einer auf die Sprünge helfen?


    Was genaus meint sie mit

    Zitat

    Auch die Themenauswahl und die Zensur durch kobinet bestätigen die Sichtweise, dass die Behinderten"selbst"hilfe vom Weg zu wirklicher Inklusion weit entfernt ist, da ganze Personengruppen komplett davon ausgeschlossen sind . .

    ?

  • Es geht bei Kobinet überwiegend um Anliegen der Körperbehinderten.
    Unter anderem werden auch unkritisch Beiträge zu nixklusiven Einrichtungen gebracht.
    Darüber hinaus wurden bereits sehr kritische Beiträge , die dazu Stellung nehmen, gelöscht ,oder bei Themen , bei denen Kritik von den Vertretern der mehrfach Behinderten mit hohem Assistenzbedarf zu erwarten wäre , die Leserbrieffunktion nicht freigeschaltet.