Für wen ist denn Eingliederungshilfe?

  • Ich finde es ja etwas peinlich, Beiträge dieser Art oder Anschreiben der Art zu schreiben, dass ich auf meinen „Intelligenzquotienten“ hinweise.
    Ich meine: es ist, wie es ist. Jeder ist, wie er ist. Aber.
    Bezüglich der Eingliederungshilfe, die ich beantragt habe, die auch bewilligt wurde, findet sich in ganz Norddeutschland kein Anbieter, der sich auch nur halbwegs in der Lage sieht, eine angemessene Assistenz für mich zu erbringen. Ich habe mehrere probiert (und längst nicht alle „nehmen“ mich überhaupt)


    Es ist jetzt schwierig, das Dilemma zu erklären, ohne den übrigen Inanspruch-Nehmern der von mir ausprobierten Einrichtungen zu nahe zu treten….es handelt sich bei den anderen Teilnehmern um entweder Menschen mit Lernbehinderung, oder um (ehemals) Suchtmittelabhängige (mir war manchmal aber nicht klar, ob die WIRKLICH clean waren….), oder psychisch kranke Menschen.
    Für sie alle, ganz klar, soll es, MUSS es Eingliederungshilfe und Assistenz geben!
    Auf diese Menschen ist die Eingliederungshilfe zugeschnitten. Sehr gut.
    Tja, und da komme nun ich, Abitur, zwei Ausbildungen, leider im autistischen Spektrum, leider körperlich gehandicapt, aber eben nicht, klassisch und allgemein verständlich, mit Rolli. Sondern mit so einer „pfuibäh“ Behinderung, wo Schmerzen und Schwäche sind, wo auch mal „Schlauch in der Nase“ oder „Beutel am Bauch“ ist.
    Und das ist „zu viel“, das ist „können wir nicht leisten“ (ja, wer soll denn da was „leisten“? Ich habe doch keine "Pflege" beantragt, sondern nur Informationen bereit gestellt. Die meinen wohl, sie können das nicht „aushalten“, sich mit meiner Krankheit auseinander zu setzten, aber das wird - man muss ja politisch korrekt sein- nicht gesagt). Es ist „werden Sie doch erst mal gesund“ (Wunder gibt es immer wiiiider…. :warten ) und „Sie-brauchen-das-doch-gar-nicht“ oder - der Klassiker - „Sie haben einfach völlig überzogene Ansprüche“ :icon_rolleyes .


    Seitens der gewährenden Behörde werden mir auf Anfrage dann Zettel zugeschickt, wo Anbieter von Eingliederungshilfe draufstehen, die ich ja „noch abtelefonieren könnte“. Ich kann nicht telefonieren….ja, huch. Achselzucken. Meistens schickte ich also Mails und wurde dann angerufen. Immer „toll“, denn dann wollen mich die Leute oft besonders nicht haben.
    Die Schilderung meines Problems wird von den Behördermitarbeitern mit großen Augen zur Kenntnis genommen und mir wird gesagt, es „gehöre bei der Eingliederungshilfe halt dazu, Billard zu spielen und Kaffee mit den anderen Klienten zu trinken“. Aha, was soll ich aber damit? Wo ist da die „Eingliederung“? Na, dann ging halt eine Sozialarbeiterin mit mir allein Kaffeetrinken in ein Kaffee. Wow, was für ein Event ;) ! Unverständnis, dass mir das nicht gefiel: "Ja-ich-dachte-sie-mögen-Kaffee" :kopfgegentisch .


    Unter diesen Umständen ist dieses ganze Bemühen um Eingliederungshilfe wirklich kontraproduktiv, und ich sollte mich besser ruhig verhalten, das Ganze nicht in Anspruch nehmen, sonst kracht’s noch mehr, als sowieso schon. Es wird mit „guten Ratschlägen“ um sich geschlagen, und wenn ich mich von diesen RatSchlägen getroffen fühle oder diese RatSchläge für mich nicht passen, dann „will ich wohl nicht wirklich“.


    Fakt ist: ich bin inzwischen sehr isoliert. Arzttermine sind „Highlights“ des sozialen Miteinanders. 30 Minuten Krankengymnastik das „Event“ der Woche. Krankenhausaufenthalte sind „endlich mal Leute treffen“ . Meine Existenz und mein verschlechterter Gesundheitszustand sind eine große Belastung für meine Familie, und ich möchte es allen gerne erleichtern. Aber wie? Was soll ich machen? Ratlosigkeit meinerseits. Übrigens auch Ratlosigkeit der Behindertenbeauftragten, die sich auf meinen zweiten, von ihr ja angeforderten Bericht über meine Arbeitsassistenz, nie wieder gemeldet hatte.


    Lynkas grüßt.

  • Lynkas, das hört sich wieder mächtig kräftezehrend an.
    Mich würde jetzt vorab interessieren, welche Hilfen du brauchst, damit wir besser einordnen können, ob sie zur Eingliederungshilfe gehören. Ich vermute, dass du unter anderem auch eine Freizeitassistenz benötigst, oder?

  • Hallo Lnykas,


    also, der Zweck der Eingliederungshilfe ist Hilfe zur Teilhabe, und zwar individuell. Rechtlich ist das klar, praktisch haperts da offenbar ... ich weiß aber von einer Aspergerin, die auch sehr intelligent ist, Vorträge hält, Kinder großzieht bzw. gezogen hat, und dennoch eine Assistenz hat ( Arbeitsassistenz, glaube ich) läuft wohl auch gut. Vielleicht nimmst du mal mit ihr Mailkontakt auf, kennst den Blog wahrscheinlich eh: die Rede ist von Regine Winkelmann. Früher war ich falsch, heute bin ich anders.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
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  • Hallo Lynkas,


    das ist alles sehr bedauerlich. Leider schreibst Du nicht so genau, wofür Du Eingliederungshilfe beantragst. Es hört sich hier so an, als ginge es um den Freizeitbereich bzw.soziale Eingliederung?


    Außerdem hattest Du schon einmal Eingliederungshilfe im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben „erfahren“?


    Ich weiß, dass oft Angebote nicht passend sind. Aber es gibt ja auch die Möglichkeit von Einzelvereinbarungen. Außerdem gibt es das persönliche Budget, mit dem man sich selbst Leistungen „einkaufen“ kann. Eine Budgetassistenz für den Verwaltungskram würde auch dazugehören.


    Liebe Grüße


    Annemarie

  • Ja also: ich brauche jemanden, der auch mal einen Anruf für mich macht. Da es oft um medizinische Angelegenheiten geht (oder um Ärger mit Behörden) und ich von Ärzten zum Teil unhöflich bis unmenschlich behandelt wurde, müsste jemand bereit sein, sich ein bisschen in meine Krankheits-Story einzuarbeiten (und sich mit dem autistischen Spektrum beschäftigen). Dann kann es sein - dafür müsste ich derjenigen/demjenigen aber wirklich vertrauen können - dass auch mal jemand zu einem Gespräch mit Arzt, Behördenmitarbeiter mitgehen könnte.


    Es geht auch um „Wohnen“ auf längere Sicht. Also nicht sowas wie „na dann jetzt schnell Paragraph 5 Schein und ab ins Sozialghetto“ sondern…ja weiß ich `s? Wenn ich es wüsste, bräuchte ich ja keine Hilfe!


    Dann, und das ist besonders schwierig: meine Familiäre Situation ist nicht ideal. Das heißt nicht, dass ich jetzt „ins Frauenhaus“ ziehen will oder könnte (auch immer mal wieder eine dieser Knüller-Ideen) oder in eine WG. Ich würde halt gerne „Unterstützung“ haben innerhalb der Situation. Wertschätzende Unterstützung. Man muss halt bedenken: mich jetzt aus der familiären Situation raus zu forcieren, das würde mich ins absolute Nichts stürzen. Raus aus jeglichen Routinen, raus aus der „gewachsenen“ sozialen Struktur. Die Folgen wären unabsehbar. Auch für meine Familie.


    Freizeitassistenz….ja, ich weiß nicht. Ich kann ja sehr wenig machen. Schaffe es aber auch nicht, etwas anzuleiern. Auch da hapert es oft am telefonieren. Und mir schwebt eben nicht „Billardspielen“ oder „Kaffeekränzchen“ vor, ich bin einfach von vielem schnell gelangweilt, „Ringelpiez mit Anfassen“ ist nicht mein Ding. Ich hatte eine Dauerkarte fürs Museum und bin zu Führungen gegangen, jede Woche. Habe an der Uni alles gehört, was man hören kann. Kaum Begrenzung der Themen (okay, Mathe war nicht mein Ding, aber alles Politische, Soziale, Sprachen, Theologie....) Aber das ist jetzt gesundheitlich gar nicht machbar, denn es dauert bis ins Museum 45 Minuten. Da bin ich platt vom Zugfahren und muss ja auch wieder nachhause kommen. Das ist mir jetzt nicht das Wichtigste, „Freizeitassistenz“. Und nicht gebrauchen kann ich jemanden, der mir dann am „Rockzipfel“ hängt und ich muss den oder diejenige in meiner Freizeit noch mitbespaßen. Außerdem: wozu die ganze Bildung noch? Langweilt mich inzwischen alles nur noch. Kann ich ja nicht anwenden. Interessieren tut es auch niemanden. Gilt höchstens als "Angeberei". (Nein, es ist NICHT "schön für mein Selbstbewußtsein", und "das-ich-es-gemacht-habe Applaus Applaus".)
    Dann wäre es gut, wenn sich jemand mit mir zumindest auf halber Strecke treffen könnte, denn von meinem Wohnort bis zum nächstmöglichen Anbieter (der ja nun leider auch wieder suboptimal war), waren es auch 30 Minuten und, so leid es mir tut, das packe ich nur selten zur Zeit.


    Ach so: Arbeitseingliederung werde ich in diesem Leben nicht mehr bekommen. Dafür wurde umfassend „gesorgt“.
    Ich würde aber schon gerne mal wieder arbeiten. Könnte auch Geld gebrauchen. Ich lebe am absoluten Existenzminimum. Es ist nichts drin. Wenn mir bei der Arbeitssuche jemand behilflich sein könnte?


    Insgesamt bin ich sehr sehr isoliert. Auch, weil ich mir finanziell nichts leisten kann und viel Geld für Medikamente, Spezialernährung usw drauf geht. Meine Eltern leben allerdings auch isoliert und sie wünschen auch keine Einmischung. Es müsste also ich pflegeleichter werden durch die Eingliederung, ohne dass die Eingliederungshilfe jetzt meine Eltern belästigt oder ich die Leistung hier Zuhause nicht mehr wie bisher erbringen kann. Schön wäre, wenn ich die Haushaltsleistung besser erbringen könnte.


    Mehr fällt mir jetzt gerade nicht ein.
    Lynkas grüßt.

  • Zitat

    Ja also: ich brauche jemanden, der auch mal einen Anruf für mich macht. Da es oft um medizinische Angelegenheiten geht (oder um Ärger mit Behörden) und ich von Ärzten zum Teil unhöflich bis unmenschlich behandelt wurde, müsste jemand bereit sein, sich ein bisschen in meine Krankheits-Story einzuarbeiten (und sich mit dem autistischen Spektrum beschäftigen). Dann kann es sein - dafür müsste ich derjenigen/demjenigen aber wirklich vertrauen können - dass auch mal jemand zu einem Gespräch mit Arzt, Behördenmitarbeiter mitgehen könnte.


    Hallo Lynkas,


    dieser Bereich überschneidet sich mit den Aufgaben eines Betreuers. Entschuldige bitte die Frage, hast Du eigentlich einen?
    Bitte versteh das nicht falsch, ein Betreuer soll einen nicht entmündigen, sondern genau bei solchen
    rechtlichen Sachen unterstützen.
    Vielleicht wäre das eine Option? Da es auch um rechtliche Sachen bei Dir geht, wäre das dann ein Berufsbetreuer.


    Wegen der Arztbesuche: Hast Du eigentlich einen Pflegegrad? Sonst könnte man da doch Mittel, zum Beispiel den Entlastungsbeitrag, dafür aufwenden.



    Gibt es nicht vielleicht einen familienentlastenden Dienst bei Euch? Solche Dienste bieten diverse Begleitungen an - die Finanzierung könnte über die Pflegekassen oder die Eingliederungshilfe laufen.Bei unserem Dienst sind auch sehr viele kompetente Heilerziehungspflegerinnen dabei, die sich exzellent mit dem Thema Autismus auskennen.

  • Betreuer.

    Entschuldige bitte die Frage, hast Du eigentlich einen?


    Nein.

    Vielleicht wäre das eine Option?


    Nein.

    Hast Du eigentlich einen Pflegegrad?


    Nein. Schon versucht.

    Sonst könnte man da doch Mittel, zum Beispiel den Entlastungsbeitrag, dafür aufwenden


    Aha. Was ist denn das. Wie bekomme ich das. Wer beantragt mir das. Ich bekomme keine "Mittel" mehr. Für mich sind keine "Mittel" mehr vorgesehen. Ich bin voll Erwerbsgemindert und medizinisch austherapiert. Ich bräuchte medizinische Versorgung. Auch die ist nicht mehr vorgesehen. Oder in ein Hospiz gehen, wenn es notwendig werden sollte. Das wird nicht zu verwirklichen sein.

    kompetente Heilerziehungspflegerinnen....die sich exzellent mit dem Thema Autismus auskennen


    Mit den sich "exzellent auskennenden Heilerziehungspflegern" habe ich jahrelange Erfahrung. Ich muss auch nicht mehr "erzogen" werden. Das wurde bereits ausgiebig erledigt.
    Das sind unpassende Fragen und Vorschläge :( . Ärgerlich.

  • Okay, unpassend mag es ja für Dich sein, Du hast schließlich bzgl. Deiner Lebensgeschichte einen „Wissensvorsprung“ gegenüber dem Leser - daher hätte man doch den Sachverhalt gerne.


    Heilerziehungspflegerinnen sind nicht zur Erziehung von Erwachsenen da. Die Berufsbezeichnung ist vielleicht nicht die tollste. Ich habe aber sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich kenne aus der Betreuung meines Sohnes hochqualifizierte Damen, die gelegentliche Unterstützungsleistungen auch für Erwachsene anbieten. Es gibt natürlich unterschiedlich qualifizierte Personen, klar.
    Aber im Wege einer persönlichen Assistenz wäre das eine Möglichkeit. Mehr wollte ich nicht aufzeigen.


    Beim persönlichen Budget wärst Du der Auftraggeber. Die Assistenzpersonen müssen sich nach Deinen Wünschen richten, nicht umgekehrt.

  • Lynkas, warst du schon einmal bei einer Rechtsberatung oder bei einem Anwalt für Sozialrecht? Deine Situation ist ja sehr speziell und umfangreich. Ich denke, dass die Ämter da überhaupt keinen Durchblick haben. Da muss jemand ran, der wirklich Ahnung hat.

  • unpassend mag es ja für Dich sein


    Ja, für jemand anderen habe ich nicht gesprochen. Kann ich ja auch gar nicht. Ich stecke nur in meiner eigenen Haut. Und was ich als unpassend empfinde, das entscheide daher ich, die ich in meiner Haut stecke.

    aber den Sachverhalt hätte man doch gerne


    Welcher Sachverhalt fehlt genau genommen noch? Wer ist "man" oder meinst du dich?

    Heilerziehungspflegerinnen sind nicht zur Erziehung von Erwachsenen da


    Das sag mal den Heilerziehungspflegern, die ich kennen gelernt habe. Und den Sozial"pädagoginnen" gleich auch noch mal. Qualifiziert Sein ist nicht immer kompetent Sein.

    Ich habe aber sehr gute Erfahrungen gemacht


    Das ist doch sehr schön für dich. Oder geht es eher um deinen Sohn? Wenn die guten Erfahrungen auch für ihn gelten: Perfekt.

    Der Anwalt würde aber als Erstes o.g. Fragen stellen


    Das weißt du woher? Warst du mit deinem Sohn in einer ähnlichen Situation?
    So, Schluss jetzt.
    Ich danke Euch für Eure Vorschläge.
    Lynkas grüßt.

  • Lynkas, ich würde dich sehr gerne unterstützen, weiß aber nicht wie. Auch wir haben hier immer wieder Probleme mit dem Sozialamt und der Eingliederungshilfe. Die Situation meines Sohnes ist nicht so komplex wie deine, aber trotzdem sind wir noch nie ohne Rechtsanwalt ausgekommen. Nichts, aber auch gar nichts, funktioniert bei uns ohne Anwalt. Von daher lass dich von einem Anwalt beraten, falls du es noch nicht getan hast. Hier ist eine Empfehlungsliste: Rechtsanwälte/ Empfehlungsliste


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