Mit Behinderung auf Kreuzfahrt - Was ist zu beachten? Nordkurier

  • "Für immer mehr Menschen mit Behinderung sind Kreuzfahrten reizvoll. Die Reedereien stellen sich verstärkt auf Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern oder Menschen mit Sehbehinderung ein. Ein Überblick."
    www.nordkurier.de/reise/mit-behinderung-auf-kreuzfahrt-was-ist-zu-beachten-2531070101.html


    Wer war schon auf einer Kreuzfahrt und kann von seinen Erfahrungen berichten?

  • Ich war schon mal auf einer Kreuzfahrt.
    Also mit der Laktoseintoleranz war es ein bisschen schwierig. Hab da dann irgendwie ständig Nudeln mit Tomatensoße gegessen bis der Chefkoch persönlich vor mir stand und meinte ich soll mir irgendwas überlegen er würde alles für mich machen. Das war echt super.
    Naja und ich hatte mir damals auf dem Schiff nen Rollstuhl ausgeliehen. Mit Krücken war mir das alles zu anstrengend (da bekomme ich sehr schnell ne Sehnenscheidentzündung) und ich wollte ja auch ein bisschen was erleben.
    Ich muss sagen, das war relativ cool. Also es wurde von Seiten des Personals immer Rücksicht genommen und mir geholfen wenn irgendwas war. Die haben mich sogar samt Rollstuhl in so nen kleines Boot rüber getragen, weil wir an manchen Orten nicht direkt an Land anlegen konnten. Wäre ja eigentlich nicht nötig gewesen, weil ich die paar Schritte auch hätte laufen können.


    Kann man vielleicht nicht direkt vergleichen, weil es ja eigentlich keine Behinderung bei mir war.

  • Kreuzfahrt? :icon_eek Da habe ich Fragezeichen in den Augen. Habt ihr so viel Geld? Ich kann mit der sogenannten "Hilfe zum Lebensunterhalt" gerade so überleben. Meine letzte "Urlaubsreise" liegt jetzt 5 Jahre zurück und ging, für 4 Tage, an die Ostsee. Da konnte ich dann die Kreuzfahrtschiffe an mir vorbeifahren sehen. Nach dieser Urlaubsreise war mein Erspartes weg und seit dem konnte ich nichts mehr ansparen, um das noch mal zu machen und es wurde auch Gesundheitstechnisch immer unmöglicher. Vom richtigen "Verreisen" konnte ich mein ganzes Leben nur träumen. Ich finde es zynisch, wenn "Behinderte" eine "Zielgruppe" für Kreuzfahrtunternehmen sein sollen. Es kommt mir, denke ich an meine Situation, so vor, als würde man dafür werben, dass es Kreuzfahrten für Obdachlose geben soll, als richte man alles schön auf die Bedürfnisse einer "Zielgruppe" ein, die es sich nie im Leben wird leisten können. Oder bin ich der bedauerliche Einzelfall, die einzige mit Behinderungen, die nicht in Geld schwimmt? Ich glaube kaum. Geht es um die "vielen" ;) gut verdienenden Rollstuhlfahrer? Für die werden die Schiffe barrierefrei gemacht? Gute Idee, denn es werden auch Leute mit Rollator davon profitieren. Die bisherige Zielgruppe für Kreuzfahrten sind bislang ja älter Menschen, oder? Nein, damit kann ich nicht dienen. Habe weder Rollstuhl, noch Rollator, noch Geld, und ich fühle mich zwar wie 90, bin aber jünger. Und, ähnlich wie bei Trixi, wäre es Essenstechnisch für mich (bzw. den Schiffskoch) unmachbar. Ausgeschlossen. Das bekommt ja nicht mal ein Krankenhaus hin, wo Diätköche arbeiten, und man setzt mich dann lieber gleich auf TPN, um auf der sicheren Seite zu sein. Also bräuchte ich dann ein Kreuzfahrtschiff, wo mich jemand immer an die parenterale Ernährung anschließt, also muss eine spezialisierte Spezialkrankenschwester mitfahren :lol . Es wird immer toller, je länger ich darüber nachdenke! Ich glaube nicht, dass die "Kreuzfahrtmacher" wissen, was es bedeutet, Barrierefreie Kreuzfahrten anzubieten. Und manche Behinderte sind sicher nicht das, was man auf einem Kreuzfahrtschiff haben will. Da will man ja Urlaubsfeeling und nicht nervige Krüppel vor Augen haben. Oder man macht gleich ein Kreuzfahrtschiff nur für Behinderte.
    Lynkas grüßt.

  • Bei „barrierefrei“ denken Urlaubsanbieter an gut betuchte Senioren mit einigen Einschränkungen. Wenn man auf einen Rollator angewiesen ist, braucht man breite Gänge, Ebenerdigkeit bzw. Aufzüge. Vielleicht sitzt von einem älteren Ehepaar einer der Partner im Rollstuhl. Oder Ehepaare wollen ihre Eltern, die schon etwas pflegebedürftig sind, mitnehmen.


    “Klassische“ Behinderte, die in einer WfbM beschäftigt sind, können sich so was nicht leisten (es sei denn, sie hätten reiche Eltern, die sie mitnehmen würden).

  • Ich sehe das ähnlich wie Lynkas und Annemarie: Reedereien haben ein kommerzielles Interesse und wenn sie Menschen mit Behinderungen als Zielgruppe für sich entdecken, dann werden sie das nicht ohne Eigeninteresse tun.


    Grundsätzlich finde ich es immer positiv, wenn die Bedürfnisse behinderter Menschen ins Bewusstsein gelangen, habe aber die Sorge, dasss es irgendwann auf zwei "Klassen" von behinderten Menschen hinauslaufen könnte: Die einen, denen es finanziell vergleichsweise gut geht und die sich vieles leisten können. Auf der anderen Seite die (wie Annemarie es nannte) "klassischen" Behinderten, die weiterhin am Rande der Gesellschaft stehen und nicht die Möglichkeit haben, sich ihre Teilhabe quasi durch Geld "erkaufen" zu können, für die Andere, die nicht so viel Geld haben, mühsam (und oft mit wenig Erfolg) kämpfen müssen.


    Wie sieht ihr das ist: Gibt es auch unter Behinderten Menschen "erster und "zweiter "Klasse? Ich weiß, dass sich diese Wortwahl furchtbar zynisch anhört, aber manchmal sehe ich diese Tendenz.

  • Hallo Dario,


    die Gefahr sehe ich auch. Allerdings gibt es hier kein Schwarz-Weiß-Schema mit „zwei Klassen“. Behinderungen sind so vielfältig und es gibt ja auch keine klare Abgrenzung zu „Nichtbehinderten“. Der Brillenträger ist im Grunde ja „sehbehindert“ und auf ein Hilfsmittel angewiesen. Trotzdem würde er sich bei einer nicht außergewöhnlich starken Sehbeeinträchtigung kaum als „behindert“ einstufen. Dennoch würde es viele Kurzsichtige sicherlich freuen, wenn Zeitungen in Großdruck ausliegen würden.


    Die Tendenz ist generell, dass die Schwächsten gerne vergessen werden. Bei einem Luxusanbieter ja nicht schlimm, aber das Problem ist, dass die Politik jene eben auch gerne vergisst.

  • Hallo,


    also ich kenne eine Familie mit zwei autistischen Kids, wovon eins zeitweise im Rolli sitzt - die machen gerne Kreuzfahrten: die Kinder lieben Hochseeschiffe, die Mutter stillt ihre Skandinaviensehnsucht ...
    Auch sonst kenne ich weniger betuchte Familien, die sich mal als Higjlight eine Woche Aida leisten, zumal Kinder ja sehr günstig mitfahren.
    Klar sind das Wirtschaftunternehmen, klar wollen und müssen die Gewinn machen. Wenn es dazu interessant ist, mit Barrierefreiheit werben zu können, umso besser.
    mich persönlich könnte man übrigens jagen mit einer Kreuzfahrt ... die Geschmäcker sind ja gsd verschieden.



    dass Behinderung ein erhebliches Armutsrisiko mit sich bringt (wie auch Alleinerziehend sein, oder Kind von Alleinerziehenden, Rentnerin sein, u.a.), ist eine üble Ungerechtigkeit und muss von der Politik und Gesellschaft angepackt werden.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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