Spiegel-Artikel: Bluttest auf Downsyndrom könnte Kassenleistung werden

  • Als Mutter einer Tochter mit DS bin ich zu dem Thema sehr im Zwiespalt.
    Ganz ehrlich weiß ich nicht wie ich seinerzeit entschieden hätte, wenn ich es vorher gewusst hätte.
    Aber ich weiß heute was mir im Falle des Falls entgangen wäre: eine wundervolle und liebevolle Tochter, die ein fröhlicher, glücklicher und zufriedener Mensch ist! Natürlich ist es nicht immer leicht und es entstehen durch die Behinderung auch eine Reihe von Problemen und Hürden. Aber ist das bei einem nichtbehinderten Kind immer anders? Oft sind es meist nur andere Probleme.
    Ich denke die Frauen werden hier oft in eine falsche Sicherheit gewägt, Soweit ich weiß entstehen über 90 % der Behinderungen erst während oder nach der Geburt. Daran ändert auch dieser Test nichts! Und, unter den vielen schweren Behinderungen oder Krankheiten unter denen Kinder dann tatsächlich auch oft "leiden" ist das Down Syndrom dann eher noch glimpflich. Ich fände es jedenfalls sehr schade, wenn es auf der Welt bald keine Menschen mehr mit DS geben würde! Ich finde nämlich schon, dass sie auch eine Bereicherung sind!
    Das ist jetzt rein meine Meinung, natürlich müssen werdende Mütter und ihre Familien hier ganz individuell ihre eigenen Entscheidungen treffen, die ich auch nicht beurteilen will! Was ich mir allerdings wünschen würde ist, dass man die Frauen gut aufklärt und sie nicht alleine im Regen stehen lässt oder ihnen gar direkt zu einem Abbruch rät!
    Liebe Grüße
    Karin

  • Was ich mir allerdings wünschen würde ist, dass man die Frauen gut aufklärt und sie nicht alleine im Regen stehen lässt oder ihnen gar direkt zu einem Abbruch rät!


    Das würde ich mir auch wünschen. Ich weiß nicht, wie die Beratung abläuft, aber scheinbar ist sie nicht ausreichend und dass die Eltern alleine gelassen werden, liest und hört man leider immer wieder.
    Letztendlich ist es so, dass die Hilfen nicht ausreichend sind und man mit einem behinderten Kind meist sehr, sehr oft um Hilfen kämpfen muss.

  • Ich finde es okay, wenn das eine Kassenleistung wird. Aber nur, wenn damit in Zukunft verantwortungsbewusster umgegangen wird!
    Es ist eine Illusion zu glauben, dass dieser Test vor einem behinderten Kind bewahrt, weil man ja dann abtreiben kann..
    1. Wird leider zu wenig über die Folgen einer Abtreibung aufgeklärt und das ein Kind die eigene Spätabtreibung überlebt ist garantiert auch mehr als 1 mal vorgekommen!
    2. Werden die psychischen Folgen zu wenig thematisiert...


    Abgesehen davon... Ich finde es verdammt schrecklich einem Menschen in solch einer Illusion zu lassen und ich finde es schrecklich das Behinderung als etwas sooo schlimmes hingestellt werden.
    Ich glaube es ist für einen Menschen viel schlimmer eine Behinderung zu bekommen, als wenn sie angeboren ist. Menschen mit angeborener Behinderung kennen es nicht anders und können daher nichts vermissen. Also ganz grob gesagt. Natürlich ist es nicht zu 100% so.

  • Ich fürchte, in in den weit überwiegenden Fällen wird beim positiven pränatalen Test auf DS zur Abtreibung hinberaten, teilweise unter Druck gesetzt. Das habe ich auch im eigenen Bekanntenkreis so erlebt.
    Wie es den Müttern nach einer überstürzten Abtreibung später geht, wenn ihnen aufgeht, dass DS kein Weltuntergang ist, ist ja auch schon in der Presse mehrfach angesprochen worden.


    Meiner Tochter wurde pränatal eine Körperbehinderung diagnostiziert (! nix Verdacht, gleich Diagnose), tatsächlich hatte sie dann keinerlei Aufälligkeiten!



    es geht mal wieder nur um das medizinisch MACHBARE. Das sieht man daran, dass parallel dazu, dass wegen Behinderung gerne zu Abtreibung geraten wird, gleichzeitig immer mehr Extremfrühchen mit teils schweren Behinderungen überleben (was natürlich gut ist, dass die Kinder durchkommen. Aber halt zeigt, das sich es ums Machbare geht, um die Macht der Medizin.)


    Die Ethik kommt dann wieder nicht hinterher ...
    Wenn wir eine inklusive Gesellschaft hätten, dann hätten werdende Mütter auch weniger Angst vor einer Behinderung.

    Enscha - mit Hans im Glück (frühkindlicher Autismus, und Pubertät)
    "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative, und eine komische."

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  • Die Ethik kommt dann wieder nicht hinterher ...
    Wenn wir eine inklusive Gesellschaft hätten, dann hätten werdende Mütter auch weniger Angst vor einer Behinderung.


    Hier erleben wir doch aber zurzeit den größten Widerspruch:
    Je inklusiver eine Gesellschaft werden soll, umso mehr wird ausgesondert.
    Alle Welt spricht von Inklusion und was passiert? Es wird weiterhin überwiegend zur Abtreibung geraten, was diese Tests natürlich noch unterstützen und erleichtern.


    In Dänemark wurde seit Einführung der pränatalen Untersuchungen die Zahl der Geburten von Kindern mit Down-Syndrom halbiert.:
    http://www.zeit.de/gesellschaf…stik-one-in-eight-hundred
    Die Hebamme, die im Artikel zu Wort kommt, plädiert für eine bessere Beratung und meint, dass Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, unbedingt Kinder mit Down-Syndrom kennenlernen sollten.
    Der Meinung bin ich auch, denn nur, wenn ich gut informiert bin und das Unbekannte kennenlerne, kann ich mich doch besser entscheiden.

  • Ella, das sind ja aber nicht die gleichen: die, die aussondern wollen, und die, die versuchen die Inklusion ernsthaft voranzutreiben.
    Das ist kein innerer Widerspruch, das sind verschiedene Interessen/Auffassungen.


    Bzw wir erleben ja leider auch, dass es eine Tendenz gibt in Politik und Gesellschaft, für scheinbar leichtere Behinderungen, die der Leistungsfähigkeit nicht so im Weg stehen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen - und dafür scheinbar heftigere Behinderungen (konkret diejenigen Behinderten, die keine wirtschaftlich verwertbare Leistung erbringen werden können) am liebsten "auszublenden"

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  • Heute habe ich diesen aktuellen Artikel entdeckt:
    Ethiker warnt vor "Abtreibungsautomatismus"
    http://www.tagesspiegel.de/pol…utomatismus/14443936.html


    Wisst ihr, was ich bei solchen Diskussionen IMMER vermisse?
    Ich würde mir endlich mal wünschen, dass man sich mal mit der Frage beschäftigt, was Familien, die ein behindertes Kind erwarten, bräuchten, um sich FÜR das Kind zu entscheiden.
    Es gibt in Deutschland zwar viele Hilfs- und Unterstützungsangebote, aber man muss oft jahrelang erbittert um solche Hilfen kämpfen, wenn man denn überhaupt von deren Existenz erfährt. Oft wird man ja noch nicht mal vernünftig aufgeklärt und oft lehnen Ämter die Hilfen ab.
    Mit dieser Problematik, die sehr kräftezehrend für die Betroffenen ist, müsste sich die Politik unbedingt mal auseinandersetzen.


    Ich lese immer wieder, dass die Familien Angst haben, alleine dazustehen und der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Da müsste man mal ansetzen und überlegen, wie man den Familien bei der Bewätigung dieser Ängste helfen kann.
    Ich verstehe diese Ängste und vermutlich hätte ich sie auch gehabt, daher bin ich froh, dass ich nicht vor dieser Entscheidung stand.

  • Ich glaube das Problem liegt eher bei den Beratungsstellen etc. die ja die Scheine für die Abtreibung ausstellen.
    Es wäre die Aufgabe dieser Stellen nicht nur über die Abtreibung aufzuklären, sondern auch über die Hilfen die man haben kann. Aber ich glaube bei diesem ganzen Chaos mit den Bundesländern, wo jeder sein eigenes Süppchen kocht wird das total schwierig.

  • Ich bin, als Hansens Diagnose relativ frisch war, mal zur Familienberatungsstelle gegangen, weil ich sehen wollte, ob die uns in unserer familiären Situation beraten können, vernetzen können, Tipps haben. Ich hatte damals weder Ahnung von SBA noch Pflegestufe.
    Da saß dann so ein sozialpädagogisches Hühnchen von der Uni, Mitte zwanzig, und hatte nix zu bieten als dumm gucken und nicken, und "da kann ich Ihnen eigentlich nicht helfen". Nicht mal die fundamentalsten Sachen wusste die, nicht mal ein vernünftiges Gespräch über die aktuelle Situation konnte man mit der führen. Ich glaube, die hat sich nicht mal geschämt.
    Jetzt war ich da aber relativ stabil, ich will gar nicht wissen, was die dort Hilfesuchenden erzählen, die gestresst/verzweifelt/unsicher sind ...


    "Beratung" ... Ha.

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  • Tja, genau das ist eben oft das Problem bei den Beratungsstellen.
    Es ist ja auch kein Fehler etwas nicht zu wissen und nicht helfen zu können. Aber dann sollte man wenigstens wissen, wer wie und wo weiter helfen kann.


    Übrigens gibt es dieses Problem nicht nur bei Beratungsstellen. Auch Ärzte sind sehr häufig so... Und die können oftmals nicht mal zu geben das sie nicht weiter wissen.
    Ich denke die Politik sollte da mal anfangen umzudenken und zu schauen, dass es mehr Fachleute für einzelne Thematiken gibt. Also wirkliche Spezialsierungen...

  • Ein sehr berührender Artikel. Ich habe Respekt vor allen, die sich für diesen Weg entscheiden. Eine Trisomie18 oder Trisomie13 ist eben keine Trisomie21 und ich finde, da gibt es gewaltige Unterschiede...


    Wenn ich das mit den Daten richtig verstanden habe, wurde trotz des Todes des Kinds keine Abtreibung (oder wie man das nennt) gemacht, sondern gewartet, bis er von alleine geboren wurde. Oder sehe ich das falsch?

  • Wenn ich das mit den Daten richtig verstanden habe, wurde trotz des Todes des Kinds keine Abtreibung (oder wie man das nennt) gemacht, sondern gewartet, bis er von alleine geboren wurde. Oder sehe ich das falsch?


    Trixi, das hast du völlig richtig verstanden. Es wurde keine Abtreibung vorgenommen. Es starb im Mutterleib eines natürlichen Todes.